Konzertierte Aktion - globale Zinssenkung um 50 Basispunkte
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1. Am Mittwoch haben die Notenbanken der großen Währungsräume in einer konzertierten Aktion Senkungen ihrer Leitzinsen durchgeführt: Die EZB senkte ihre Refinanzierungssatz um 50 Basispunkte auf 3,75 Prozent, die Fed ebenfalls um 50 Basispunkte auf 1,50 Prozent, die Bank of England um 50 Basispunkte auf 4,5 Prozent, weitere Notenbanken senkten ebenfalls (Bank of Canada auf 2.5 Prozent, Bank of China auf 6,93 Prozent, Schwedische Riksbank auf 4,25 %, Schweizer Nationalbank auf 2,50 %).
2. Die konzertierten Zinssenkungen werden zu Recht von den Notenbanken mit den veränderten Ausblicken an Inflations- und Konjunkturfront begründet. Sie sind aber auch Bestandteile der Maßnahmen gegen die weiterhin ungelösten Verspannungen auf den Wertpapier- und Kreditmärkten und den immer noch fortschreitenden Vertrauensverfall innerhalb des und gegenüber dem Finanzsystem in den letzten Tagen. Trotz massiver Maßnahmen von Notenbanken und Regierungen konnte dieser Vertrauensverfall nicht nachhaltig gestoppt werden. Zinssenkungen können in diesem Zusammenhang auch nur ein Bestandteil der Lösung sein. Sie senken den Preis für Refinanzierungen sowie auch für Kredite an den Nichtbankensektor, allerdings ist das Grundproblem gegenwärtig kein Preis- sondern ein Mengenproblem.
3. Dementsprechend waren die Marktreaktionen relativ gedämpft. Der Dax machte zwar seine Verluste vom Vormittag von mehr als 400 Punkte fast komplett wieder gut, sackte danach allerdings wieder ab. Die Renditen 10-jähriger Bundesanleihen erhöhten sich – ebenfalls nur vorübergehend – um etwa 10 Basispunkte.
4. Trotz der voraussichtlich nicht nachhaltigen Marktwirkung der Zinssenkungen sind die Maßnahmen ein weiteres Zeichen an die Märkte, dass die Notenbanken alles in ihren Möglichkeiten stehende tun, um der Krise Herr zu werden. Dies muss jedoch durch erhebliche Maßnahmen von Regierungen und Kreditwirtschaft begleitet werden, wie die am Mittwoch bekannt gegebenen Teilverstaatlichungen im Vereinigten Königreich zeigen.
5. Unser weiterer Ausblick auf die Notenbankzinsen hat zur Voraussetzung, dass solche weiteren Maßnahmen eine Stabilisierung des Vertrauens in die Wege leiten können. Auch unter diesen Umständen werden die Notenbankzinsen in vielen Ländern in den kommenden Monaten weiter fallen. Treten weitere außerordentliche Vertrauensverluste ein, so werden sich die Zentralbanken sogar noch zu darüber hinausgehenden Zinssenkungen gezwungen sehen. Die Anpassung unserer wichtigsten Leitzinsprognosen im Einzelnen:
6. EZB: Trotz der Hinweise auf die zentrale Bedeutung von Preisstabilität in ihrer heutigen Pressemitteilung gehen wir davon aus, dass die EZB schon in näherer Zukunft mit der Senkung der Leitzinsen fortfahren wird. Aufgrund des sich schon seit längerem abschwächenden konjunkturellen Umfelds in Euroland und insbesondere der nunmehr deutlich gestiegenen Abwärtsrisiken halten wir ein Leitzinsniveau von 3,0 % für angemessen. Der wahrscheinlichste Pfad dorthin besteht unseres Erachtens in drei Zinssenkungen von je 25 Basispunkten bei ihren turnusmäßigen Ratssitzungen im November, Dezember und Januar. Bei einer ungünstigen Entwicklung an den Finanzmärkten könnte dies aber auch schneller geschehen. Aufgrund der hohen Bedenken über die Inflationsentwicklung, die die EZB selbst jetzt artikuliert, scheint eine Reduktion der Leitzinsen unter das Niveau von 3,0 % im Augenblick wenig wahrscheinlich. Vorstellbar wäre dies allenfalls bei einer längerfristigen Beeinträchtigung des Wirtschaftswachstums durch die Finanzmarktkrise.
7. Fed: Soweit es Leitzinssenkungen betrifft, hat die Fed einen Großteil ihres Pulvers bereits verschossen. Eine erneute Zuspitzung der Lage an den Finanzmärkten könnte sie zu einer weiteren Reduktion der Federal Funds Rate auf 1,0 % bewegen. Für wahrscheinlicher erachten wir jedoch, dass sie die Leitzinsen nun für längere Zeit auf dem derzeitigen Niveau von 1,5 % belässt. Ihren Schwerpunkt dürfte sie vielmehr auf direkte Maßnahmen zur Unterstützung der Finanzmärkte legen. Bereits am Montag hatte sie angekündigt, Zinsen auf Zentralbankguthaben von Kreditinstituten zu bezahlen. Dies erlaubt ihr, ein Anschwellen der Überschussreserven der Banken in Kauf zu nehmen und so ihre Bilanz massiv auszuweiten. Auf diese Weise ist sie in der Lage, dem Finanzsystem bei Bedarf auch sehr große Mengen an befristeter Liquidität zur Verfügung zu stellen und so den Folgen der Vertrauenskrise in einem höchstmöglichen Ausmaß entgegenzuwirken. Beim direkten Kauf illiquider Finanzaktiva ist die Fed auf die Zusammenarbeit mit dem Treasury Department angewiesen. Diese erfolgt ohnehin im Rahmen des am vergangenen Freitag beschlossenen Troubled Assets Relief Program sowie bei den gestern angekündigten Maßnahmen zur Unterstützung des Commercial Paper Marktes. Es ist gut denkbar, dass diese Kooperation in den kommenden Wochen ausgeweitet wird. Finanzielle Mittel hierfür müssen jedoch vom Kongress und der US-Regierung freigegeben werden.
8. Bank of England: Angesichts eines sich im Jahresverlauf verstärkenden Inflationsproblems hat sich die Bank of England als hartnäckiger Inflationsbekämpfer erwiesen und seit April dieses Jahres die Leitzinsen konstant bei 5 % gehalten. Im Zusammenhang mit der anhaltenden Finanzkrise führte das bisherige Leitzinsniveau zu einer deutlich restriktiven Wirkung über die Geld- und Kreditmärkte auf die Realwirtschaft. In ihrem Statement zur heutigen Zinssenkung von 5,0 % auf 4,5 % betont die BoE, dass sich die mittelfristigen Aufwärtsrisiken für die Inflation vor dem Hintergrund der trüben realwirtschaftlichen Lage und des gleichfalls schlechten Ausblicks deutlich verringert haben und daher eine Zinssenkung angemessen war. Darüber hinaus betont die BoE, dass die sich in den letzten Tagen verstärkten Verspannungen an den Finanzmärkten eine sofortige Zinssenkung erforderten. Gleichzeitig stellte die BoE fest, dass um die Funktionsfähigkeit des Finanzsystems im Vereinigten Königreich zu gewährleisten umfassendere staatliche Maßnahmen notwendig seien und begrüßt ausdrücklich die heutige Aktion der britischen Regierung, den größten Finanzinstituten des Landes frisches Kapital zur Verfügung zu stellen. Wir erwarten weitere Leitzinssenkungen der BoE über die nächsten zwölf Monate. Bis Ende des Jahres rechnen wir mit einem Leitzins von 4,0 % und bis Mitte 2009 von 3,50 %.
9. Bank of Japan: Die Bank of Japan hat sich als einzige der großen vier Zentralbanken nicht an der konzertierten Aktion beteiligt und den Leitzins bei 0,5 % belassen. Die japanische Notenbank verweist in ihrem Statement darauf, dass die japanischen Finanzmärkte im Vergleich zu Europa und den USA vergleichsweise stabil sind. Schieflagen bei großen japanischen Finanzinstituten wurden bislang nicht bekannt und werden auch nicht erwartet. Daneben verweist die BoJ auf die bereits sehr niedrigen Leitzinsen von 0,5 %, die ihrer Einschätzung nach deutlich akkomodierend wirken. Auch wenn die BoJ sich nicht an der Zinssenkung beteiligt hat bekräftigt sie die Absicht, auch weiterhin alle Maßnahmen im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu ergreifen, um zur Stabilisierung des internationalen Finanzsystems beizutragen. Unsere Leitzinsprognose hat sich nicht verändert.
Quelle: DekaBank
Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.
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