Konjunkturgipfel in Europa bereits erreicht?
- Lesezeichen für Artikel anlegen
- Artikel Url in die Zwischenablage kopieren
- Artikel per Mail weiterleiten
- Artikel auf X teilen
- Artikel auf WhatsApp teilen
- Ausdrucken oder als PDF speichern
Mit satten Aufschlägen haben die Marktteilnehmer rund um den Globus in der vergangenen Woche den nachlassenden Inflationsdruck in den USA gefeiert. Um rund 3 Prozent und sogar teilweise noch mehr kletterten die etablierten Indizes während der zurückliegenden fünf Handelstage. Damit sieht die Performance im laufenden Jahr wieder sehr ansprechend aus: plus 6 Prozent im Dow Jones und Euro Stoxx 50 sowie fast acht Prozent im DAX. Die Kursstürze von Mai / Juni sind damit zum großen Teil wieder aufgeholt.
USA: Zinserhöhungen werden unwahrscheinlicher
Die USA sind zurzeit das Maß aller Dinge. Die Konjunkturdaten aus der größten Volkswirtschaft der Welt geben gepaart mit den Signalen und Aktionen der Notenbank FED den Takt an den Aktienmärkten vor. Das hat auch zweifelsohne seine Berechtigung, denn immerhin trugen die USA zuletzt je nach Messverfahren zwischen 20 und 25 Prozent zum weltweiten BIP bei. Der sowohl auf der Ebene der Erzeuger als auch der Verbraucher nachlassende Inflationsdruck hat dementsprechend weltweit für Erleichterung gesorgt. Da auch andere Indikatoren jüngst schwächer ausfielen und damit die von vielen erwartete moderate Abkühlung der amerikanischen Konjunktur dokumentieren, ist die Wahrscheinlichkeit gestiegen, dass die US-Zinsen vorerst nicht weiter steigen. Das hat die Kauflust der Aktienanleger spürbar belebt. Allerdings drängt sich die Frage auf, wie lange und in welchem Ausmaß die Investoren schwächere Makrozahlen mit steigenden Aktienkursen honorieren werden? Früher oder später werden die Unternehmensgewinne wieder die Rolle des fundamentalen Kurstreibers übernehmen. Sollten sich die Ergebnisse von Corporate America aber trotz der nachlassenden Konjunktur auf ihren aktuellen Niveaus halten, bieten sie eine solide Unterstützung. Denn mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von aktuell knapp 18 im marktbreiten S&P 500 sind amerikanische Aktien so günstig bewertet wie seit Mitte der 90iger Jahre nicht mehr. Durchaus berechtigt ist freilich der der Einwand, dass der in US-Dollar denkende Anleger mit festverzinslichen Papieren zurzeit gut 5 Prozent erzielen kann und dass kurzfristig und risikolos. Da müssen schon gute Argumente her, um sich doch noch für risikoreichere Geldanlagen zu entscheiden. Die 4,3 Prozent Kursgewinn plus rund 2 Prozent Dividendenrendite, die der S&P 500 bislang im laufenden Jahr eingefahren hat, sind aber solche Argumente. Mehrjährige Aktienrückkaufprogramme über zweistellige Milliardenbeträge wie zum Beispiel von Microsoft sind ein weiterer Pluspunkt für Dividendentitel. Die US-Aktienmärkte sind vor diesem Hintergrund also fundamental gut unterstützt.
Europa: Konjunkturgipfel bereits erreicht?
Die europäischen Börsen haben die Vorgaben von der Wall Street mit dem üblichen Schuss mehr nachvollzogen. Um fast einen vollen Prozentpunkt übertraf der DAX den Dow Jones in der zurückliegenden Woche. Mitverantwortlich für die ausgelassene Stimmung waren hierzulande sehr feste Konjunkturzahlen. Im zweiten Quartal übertraf die Wirtschaftsleistung der Eurozone die des Vorquartals um 0,9 Prozent. Gegenüber dem Vorjahr entspricht das einem Wachstum von 2,4 Prozent. Volkswirte und EU-Kommission haben daraufhin ihre Wachstumsprognosen für die nähere Zukunft angehoben. Wichtig an den jüngsten Zahlen war zudem, dass die wesentlichen Impulse aus dem Inland kamen, vor allem von den Investitionen. Der Funke ist also von Außenhandel auf die erste Stufe im Inland übergesprungen. Idealerweise springt er davon noch auf den privaten Verbraucher über. Erste Anzeichen sind bereits erkennbar. In Deutschland zum Beispiel geht die Zahl der Arbeitslosen sukzessive zurück. Unglücklich ist nur, dass mit der Mehrwertsteuererhöhung 2007 in Deutschland schon reichlich Wasser bereit steht, um den Funken zu löschen. Obwohl noch nicht ausgemacht ist, dass das Wachstum damit abgewürgt wird, belastet doch die Diskussion darüber, die zudem stark von Pessimismus geprägt ist. Noch allerdings brummt die europäische Konjunktur und die Unternehmen liefern auch im Großen und Ganzen erfreuliche Ergebnisse ab. Mindestens bis zum Jahresende wird sich daran auch voraussichtlich nichts ändern. Im Übrigen kann man den warnenden und pessimistischen Stimmen was Positives abgewinnen: Skepsis ist in der Regel ein guter Begleiter eines Kursaufschwungs. Es gibt dann noch genügend Unbeteiligte, die nicht oder noch nicht ausreichend am Aktienmarkt investiert sind.
Japan: Anleger haben wieder Mut gefasst
Ungeachtet der politischen Querschläger (Premier Koizumi besuchte den umstrittenen Yasukuni-Schreins, neue Spannungen mit Russland im Streit um die Kurilen) befestigte sich der japanische Aktienmarkt in der vergangenen Woche deutlich. Ausgehend vom Tief Mitte Juni hat sich der Nikkei 225-Index um fast 14 Prozent vorgearbeitet und damit wieder das Ausgangsniveau des laufenden Jahres erreicht. Zuletzt erhielten japanische Aktien reichlich Unterstützung vom Ölpreis, der sich auf rund 70 US-Dollar verbilligte. Außerdem tendiert der Yen seit Mai gegenüber dem US-Dollar wieder schwächer, was den Export orientierten Unternehmen zugute kommt. Die Anleger haben mit ihren Käufen bereits Optimismus bewiesen. Jetzt kommt langsam die Zeit, dass auch die Unternehmenslenker, die ihre Ausblicke bislang recht vorsichtig formulierten, optimistischer werden könnten, um so neues Potenzial freizusetzen.
Ausblick: Ifo und ZEW bestimmen die Woche
Im Fokus der Aktieninvestoren bleiben in dieser Woche die Konjunkturdaten, denn bei den Zwischenberichten kommen lediglich noch ein paar Nachzügler. Wichtig aus europäischer Sicht sind am Dienstag der ZEW-Konjunkturerwartungsindex und am Donnerstag der Ifo-Geschäftsklimaindex. Der Konsens erwartet bei beiden eine Abschwächung, beim ZEW recht deutlich von 15,1 auf 12,2 Punkte, beim Ifo indes nur moderat von 105,6 auf 104,9 Zähler. Bedeutsam sind am Donnerstag ferner die Detailangaben zum deutschen BIP in Q2, die Aufschluss über die Antriebskräfte des zuletzt sehr dynamischen Wachstums geben, sowie die Auftragseingänge für langlebige Güter im Juli in den USA. Das ist dann aber auch schon das einzige Konjunkturdatum aus Amerika. Daneben meldet sich noch Ben Bernanke vom regelmäßigen Treffen der Notenbanker in Jackson Hole zu Wort. Mit konkreten Bemerkungen zur US-Konjunktur oder gar der FED-Geldpolitik ist zwar nicht zu rechnen. Aufmerksame Kapitalmarktbeobachter werden diesen Termin dennoch mit großem Interesse verfolgen.
Quelle: Union Investment
Gegründet 1956, zählt Union Investment heute zu den größten deutschen Investmentgesellschaften. Rund 140,2 Mrd. Euro verwaltet die Gesellschaft per Ende November 2005. Die Produktpalette für private Anleger umfasst Aktien-, Renten- Geldmarkt- und Offene Immobilienfonds sowie gemischte Wertpapier- und Immobilienfonds und Dachfonds. Anleger erhalten diese Produkte bei allen Volksbanken, Raiffeisenbanken, Sparda-Banken und PSD-Banken. Rund 4 Millionen Anleger nutzen überdies die Depotdienstleistungen der Union Investment.
Keine Kommentare
Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.