Kommentar
12:10 Uhr, 01.07.2005

Konjunkturaussichten trübten sich im Juni ein

USA: Das Marktumfeld für die US-Börsen war im Juni nach den deutlichen Kursgewinnen seit Mitte April von zunehmender Nervosität und Unsicherheit geprägt. Die jüngsten Konjunkturdaten zeigten ein widersprüchliches Bild der US-Wirtschaft, sodass die Hoffnung der Marktteilnehmer auf ein baldiges Ende der Zinserhöhungen durch die US-FED anstieg. Ab Mitte des Monats setzte jedoch eine deutliche Konsolidierungsphase ein. Auslöser war einerseits der hohe Ölpreis, der infolge von Befürchtungen über Angebotsengpässe in der kommenden Wintersaison auf ein neues Allzeithoch kletterte, und andererseits das beständig hohe Doppeldefizit der USA. Hinzu kam auch noch eine nachlassende Dynamik des Arbeitsmarktes, die gepaart mit den hohen Energiekosten die Konsumnachfrage senken könnte. Die Inflation ist zwar auf Konsumentenebene weiterhin moderat, jedoch steigt der Kostendruck auf die Unternehmen weiter an, sodass zukünftige Gewinnwachstumszahlen geringer ausfallen könnten. Alles in allem zeigen die Wirtschaftsdaten, dass die US-Wirtschaft weiterhin expandiert, und zwar bei moderater Inflation.

Europa: Die Konjunkturaussichten für Europa trübten sich im Juni weiter ein. Eine detaillierte Betrachtung der einzelnen Komponenten zeigt, dass der Konsum weiterhin schwach und der Export damit weiter die große Stütze bleibt. Somit wurden Forderungen nach einer Zinssenkung durch die EZB immer lauter. Die gescheiterten Abstimmungen über die EU-Verfassung in Frankreich und den Niederlanden sorgte für eine weitere Abwertung des Euros, die insbesondere für die Export- und Automobilbranche als vorteilhaft zu bewerten ist. Für Verstimmung sorgte der hohe Ölpreis, der trotzt Förderquotenerhöhung ein neues Allzeithoch markierte, und so einige Wirtschaftsinstitute zu Senkungen ihrer Wachstumsprognosen veranlasste. Trotz der enttäuschenden Wirtschaftsdaten konnten die europäischen Börsen im Juni deutlich zulegen. Analysten führen dies einerseits auf das niedrige Zinsniveau hin, das die relative Attraktivität von Aktien gegenüber Anleihen erhöhe, und andererseits auf die Fähigkeit der Unternehmen, trotz schwachem konjunkturellen Umfeld die Rentabilität und Cash Flows weiter zu verbessern.

Asien: Wenn auch der japanische Konjunkturmotor in den letzten Monaten ins Stottern gekommen ist - dies spiegelt sich in den vorgelegten Wirtschaftsdaten wie Industrieproduktion und Kaufhäuserumsatz wider - deuten viele vorlaufende Konjunkturindikatoren auf eine positivere Entwicklung in der Zukunft hin. So spricht auch die japanische Regierung erstmals seit langem wieder von einer optimistischeren Einschätzung der Wirtschaftslage. So zeichnet sich auch für den privaten Konsum eine Belebung im Vergleich zum Vorjahr ab. Eine zusätzliche Stütze für den Aktienmarkt war der festere US-Dollar zum Yen, da nun die Hoffnung auf weitere Nachfrage aus dem Ausland gestiegen ist und optimistischere Gewinnprognosen für die Exportwirtschaft erwartet werden. Von dieser Entwicklung profitierten insbesondere Banken, Technologie- und Exporttitel überproportional. Auch Konjunkturdaten aus anderen asiatischen Ländern zeigten, dass Asien auch weiterhin zu den dynamischsten Regionen zählt.

Anleihemärkte & Devisen

Die internationalen Anleihemärkte vollzogen im Juni eine Berg- und Talfahrt, bevor die Kurse zum Monatsschluss wieder nahezu unverändert zum Vormonat notierten. Die Ablehnung der EU-Verfassung und die daraus resultierende Unsicherheit über die politische Zukunft der EU, die zu deutlichen Dollargewinnen führte und somit US-Anleihen attraktiver gegenüber europäischen Anleihen machte sorgte für Renditetiefststände bei US-Anleihen. Zusätzlich stützten schwache US-Konjunkturdaten, die zu Spekulationen über ein baldiges Ende der Zinserhöhungsphase führten die Anleihenkurse. Kommentare von Vertretern der Notenbanken bezüglich deren Geldpolitik deuteten hingegen auf weitere moderate Zinsschritte hin und so folgten zur Monatsmitte lang erwartete Gewinnmitnahmen und deutliche Renditeanstiege. Erst gegen Monatsende sorgte der kräftige Ölpreisanstieg für erneute Konjunktursorgen und Verluste an den Aktienmärkten und somit Kapitalzuflüssen an den Anleihemärkten.

Mit der Ablehnung der EU-Verfassung durch die Referenden in Frankreich und den Niederlanden sackte der Euro auf neue Jahrestiefststände ab. Das „Nein“ dürfte sich nach Ansicht der Analysten längerfristig nachteilig für die Gemeinschaftswährung auswirken, da es nun zu Verzögerungen der europäischen Integration kommt und die Unsicherheiten und strukturellen Probleme im Eurogebiet wieder stärker ins Bewusstsein der Investoren rücken werden. Auch schwächere US-Konjunkturdaten konnten die Abwertung des Euros nicht verhindern. Investoren sehen zurzeit mehr auf die starken Wachstums- und Zinsdifferenzen zwischen Europa und den USA. Alan Greenspans Aussagen, dass die US-Wirtschaft bei moderater Inflation weiterhin expandiere, lassen darauf schließen, dass die FED ihre Zinspolitik moderater Zinsschritte weiter verfolgen wird und damit der Zinsgap zwischen Europa und den USA noch größer werden sollte. Europositiv wirkte die Tatsache, dass das Handelsbilanzdefizit zum 2. Mal in Folge größer als die Nettokapitalzuflüsse waren, und damit das Ausland scheinbar weniger bereitwillig ist das US-Defizit zu finanzieren.

Quelle: AMIS Asset Management

Die AMIS Asset Management Investment Services AG wurde 1991 gegründet und gehört heute zu den größten privaten und konzernunabhängigen Produktgebern Österreichs. Das verwaltete Vermögen beträgt rund 274 Mio. Euro. Die Anlageprodukte der AMIS AG, aktiv gemanagte Fonds, werden über ein speziell entwickeltes Franchisesystem vertrieben.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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