Kommentar
12:03 Uhr, 24.07.2009

Konjunktur: Stabilisierung steht bevor

Die Weltkonjunktur befindet sich zwar immer noch in einer Rezession, das Tempo des Abschwungs lässt allerdings nach. Die Frühindikatoren sind seit einigen Monaten wieder positiv, insofern ist in den nächsten sechs bis neun Monaten mit einer Stabilisierung oder sogar einer konjunkturellen Belebung zu rechnen. In einigen Bereichen enttäuschen die Zahlen allerdings; so fielen die US-Beschäftigungszahlen schlechter aus als erwartet und im Juli brach in den USA das Verbrauchervertrauen überraschend ein.

Sorgen macht weiterhin, wie dauerhaft ein Aufschwung sowie die Erholung der Unternehmenserträge wirklich sein werden. Banken und Privathaushalte müssen ihre Schuldenberge weiter abbauen, und Faktoren wie die riesige Lücke zwischen Produktionskapazität und Gesamtnachfrage hemmen einen möglichen Aufschwung. Es wird noch Jahre dauern, bis diese Probleme ausgeräumt sind.

Die Nachfrage sollte bis auf weiteres gedrückt bleiben. Faktoren wie steigende Arbeitslosigkeit, wenig Spielraum für Lohnwachstum sowie der Zwang zum Sparen und Schuldenabbau veranlassen Verbraucher zur Vorsicht. Entsprechend wird sich die Wirtschaft um Kostensenkung und Effizienzsteigerungen bemühen und wenig Investitionsneigung verspüren. Das Wirtschaftswachstum dürfte also in diesem und im nächsten Jahr unterdurchschnittlich sein.

Aktuelle Inflationssorgen unberechtigt

Der Markt sorgt sich, dass die riesigen Geldmengen, die von den Zentralbanken in das Finanzsystem gepumpt wurden, die Inflation antreiben könnten. Wir halten diese Sorge für unberechtigt. Tatsächlich könnte die Kerninflation in den Industrieländern auf Jahressicht durchaus gegen null sinken. Auf diesem Level - deutlich unter den Zentralbankprognosen - könnte die Inflationsrate dann zwei, drei Jahre verharren.

Für die Notenbanken stellt diese Situation eine enorme Herausforderung dar. Sobald Verbraucher nämlich eine negative Inflationsrate erwarten, setzt Deflation ein - mit verheerenden Folgen für die Wirtschaft (man denke nur an Japan in den 1990er Jahren).

Aufgrund der aktuellen Situation wird man die geldpolitische Lockerung (extrem niedrige Zinsen) länger beibehalten müssen, als der Markt derzeit voraussieht. Denn schließlich könnten höhere Zinsen die Konsumausgaben - und damit die Inflationsentwicklung - sogar noch stärker drosseln. Das bedeutet auch, dass die langfristigen Anleiherenditen (wie z. B. auf zehnjährige Staatsanleihen) mit nachlassenden Inflationssorgen ebenfalls sinken werden. Das war bereits im Juni zu beobachten.

China weiterhin Wachstumsmotor

Die Probleme, mit denen sich die Industrieländer herumschlagen (Desinflation und Schuldenabbau), sind für die Schwellenländer kein Thema, obschon sich die Folgen durch rückläufige Exporte in den Westen und nach Japan indirekt bemerkbar machen. Seit geraumer Zeit zeichnet sich jedoch zumindest in China ein erneuter Wachstumsschub ab.

Angetrieben von umfangreichen staatlichen Konjunkturprogrammen legte die chinesische Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal um 7,9 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum zu, ein deutlicher Anstieg im Vergleich zum ersten Quartal, als das Wachstum annualisiert noch 6,1 % betrug. Auch bei den chinesischen Exportzahlen zeichnet sich Besserung ab: Im Juni lag das Exportwachstum bei nunmehr -21 %, ggü. -26 % im Mai. Erstaunlicherweise ist es China gelungen, seit Beginn der Krise seinen Marktanteil sowohl am US-Markt als auch an den europäischen Märkten auszuweiten. China schafft es immer wieder, seine Konkurrenten zu übertreffen. Hinzu kommt, dass Chinas Importwachstum (-13 % im Juni) sein Exportwachstum übersteigt. Da die chinesische Volkswirtschaft auch künftig schneller als die übrige Welt wachsen wird, dürfte der Handelsbilanzüberschuss des Landes weiter sinken. Da nun auch das Handelsbilanzdefizit in den USA rapide abnimmt, sollten auch die globalen Ungleichgewichte allmählich zurückgehen.

Quelle: ING Investment Management
ING Investment Management ist der globale Asset Manager der ING Gruppe. Mit annähernd 375 Milliarden Euro Assets under Management, vertreten in 37 Ländern mit mehr als 3.700 Mitarbeitern, ist ING Investment Management (ING IM) weltweit auf Platz 27 im Asset Management.

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