Kommentar
14:16 Uhr, 26.01.2010

Konjunktur: Erholungsprozess setzt sich fort

Konjunkturelle Erholung hält an

Der Aufwärtstrend der Weltkonjunktur ist ungebrochen. Im Dezember erreichte der globale Einkaufsmanagerindex (PMI) des produzierenden Gewerbes mit 55 Punkten seinen höchsten Stand seit April 2006. Getrieben wurde diese Entwicklung vor allem von den Schwellenländern (Asien, Lateinamerika); die Lage entspannte sich aber in allen Regionen.

Großunternehmen profitieren am meisten

Der Aufschwung kommt insbesondere Großunternehmen zugute. Gerade für diese Unternehmen sind die Finanzmärkte leicht zugänglich. Bei Investoren besteht erhebliches Kaufinteresse an den Aktien- und Anleiheemissionen von Konzernen, die auf diese Weise ihre Schulden umstrukturieren.

Mittelständische Unternehmen sind dagegen stärker von ihren Banken als Kreditgeber abhängig, und die Banken sind weiterhin vorsichtig. Das scheint einer der Gründe zu sein, warum sich der Dienstleistungssektor, d. h. ein Sektor, der von zahlreichen Kleinunternehmen geprägt ist, deutlich langsamer erholt. Ein weiterer Grund für die schnellere Erholung im industriellen Sektor (in dem vor allem Großunternehmen tätig sind) ist die Tatsache, dass Fluktuationen hier von jeher ausgeprägter sind. Die jüngste Entwicklung entspricht also dem bekannten Schema: Rückgang der Produktion 2008, gefolgt von einem erneuten Anstieg 2009.

Anhaltende Konjunkturprogramme

Die Weltwirtschaft wächst derzeit recht kräftig. In der ersten Jahreshälfte könnte das Wachstum den Langzeitdurchschnitt durchaus übertreffen.

Die Politik der Zentralbanken (Liquiditätsspritzen, extrem niedrige Leitzinsen) sowie haushaltspolitische Flexibilität der Regierungen stützen den Aufschwung weiter. Die niedrigen Zinsen und die Markt-Rally seit März 2009 haben sich ebenfalls auf die Realwirtschaft ausgewirkt. So füllen Unternehmen bereits wieder ihre Lager auf. Ein weiterer wichtiger Faktor sind die Gewinnspannen, die durch Kostensenkungsmaßnahmen aufrechterhalten werden konnten. Wie gesagt begünstigt auch das hohe Wachstum in China und anderen Schwellenländern die weltwirtschaftliche Entwicklung.

Wann wird die Wirkung der Konjunkturmaßnahmen abflauen?

Dieses Jahr könnte sich für die Weltwirtschaft als ausgesprochen positiv erweisen. Alle Regionen werden in den ersten sechs Monaten kräftiges Wachstum erleben. Vor allem die Schwellenländer dürften hervorragende Wachstumsraten verbuchen.

Es ist durchaus möglich, dass auch die Industrieländer in diesem Jahr noch weitgehend von den Wachstumsimpulsen profitieren. Ab Ende 2010 wird die konjunkturelle Entwicklung wieder allein vom Privatsektor abhängen, also auch vom amerikanischen Verbraucher. Die Konsumausgaben hängen wiederum von der weiteren Entwicklung der Finanzmärkte, des Wohnimmobilienmarktes und des Arbeitsmarktes ab. Vor allem auf dem Arbeitsmarkt waren die Signale in den letzten Wochen gegenläufig, da insbesondere mittelständische Firmen nicht den Optimismus der Großkonzerne teilen.

Arbeitsmarkt in Europa weiter problematisch

US-Unternehmen waren schneller bereit, Kostensenkungsmaßnahmen umzusetzen und beispielsweise Entlassungen vorzunehmen. Daher wird die Arbeitslosenrate in den USA zwar nicht schnell sinken, aber auch nicht weiter steigen.

Europäische Unternehmen konnten ihre (Lohn-)Kosten trotz des massiven Nachfrageeinbruchs nur in geringerem Umfang senken. Infolgedessen ist das Risiko weiterer Stellenkürzungen hier wohl größer als in den USA. Zudem müssen Länder wie Griechenland, Italien und Spanien angesichts ihres überzogenen Lohnniveaus Maßnahmen ergreifen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Die schwächelnden Wirtschaften dieser Länder werden das Wachstum jedenfalls noch eine Weile belasten.

Große Herausforderungen für 2011

Die Zentralbanken dürften ihre hochflexible Geldpolitik auch 2010 fortsetzen; für Unternehmen, Verbraucher und Märkte ist dies günstig.

Ab Ende März könnte die Aussicht auf ein Ende der extrem lockeren Geldpolitik zu Volatilität an den Märkten führen. Auch die positiven Impulse der Lageraufstockung werden allmählich abflauen. Klar ist, dass die weitreichenden fiskalpolitischen Konjunkturmaßnahmen eine einmalige Aktion waren und 2010 nicht wiederholt werden.

Der Fokus auf die Reduzierung der öffentlichen Verschuldung könnte im weiteren Jahresverlauf ebenfalls zu Verunsicherung führen. Die Bewältigung dieser Probleme und ihrer Folgen für das Wachstum sind die größten Herausforderungen für 2011. Überdies macht die Inflationsentwicklung vielen Investoren Sorgen. Angesichts der Überkapazitäten in Industrie und auf dem Arbeitsmarkt halten wir diese Ängste indes für übertrieben. Gleichwohl wird die Preisentwicklung längerfristig mit enormen Unwägbarkeiten verbunden sein.

Quelle: ING Investment Management

ING Investment Management ist der globale Asset Manager der ING Gruppe. Mit annähernd 375 Milliarden Euro Assets under Management, vertreten in 37 Ländern mit mehr als 3.700 Mitarbeitern, ist ING Investment Management (ING IM) weltweit auf Platz 27 im Asset Management.

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