Kommentar
08:00 Uhr, 27.12.2005

Komplexität schadet Transparenz

In den Produktpipelines der Vermögensverwalter stecken für 2006 Fonds, deren Inhalte am Ende keiner so recht verstehen wird. Berater und Privatanleger stehen vor neuen Herausforderungen.

Eigentlich sind die Deutschen Aktienmuffel. Nur ein Drittel der Gelder im Publikumsfondsbereich sind in Aktienfonds angelegt. Die Favoriten 2005 waren trotz steigender Aktienbörsen Anleihefonds, die sich zum Ende des Jahres zumindest im Bereich der Staatsanleihen der Eurozone als schwache Anlageklasse herausstellten.

Die Zertifikatebranche hat es seit dem Crash an den Aktienmärkten verstanden, Investorengelder mit Produkten einzusammeln, die eine Kapitalgarantie und gleichzeitig Partizipation an den Börsen versprachen. So werden Aktienkörbe zum Beispiel mit einer Kapitalgarantie zum Laufzeitende des Zertifikats versehen. Die Garantie geht zu Lasten der Performance, die meist mit einer maximal möglichen Wertentwicklung pro Jahr begrenzt wird. Anleger wären seit 2003 mit reinen Aktienfonds wesentlich besser gefahren.

Nach Hedgefonds setzen die Fondshäuser nun auf Investmentvehikel, die in strukturierte Produkte wie Bonus- oder Discountzertifikate anlegen sollen oder selbst eine strukturierte Anlagestrategie verfolgen. Die Marketingabteilungen der Investmentgesellschaften versprechen die Möglichkeit, an dem Potential der Aktienmärkte mit begrenztem Verlustrisiko zu partizipieren. Die Symbiose zwischen Strukturierern und Asset Managern scheint perfekt. Zumal die Derivateabteilungen der Investmentbanken genauso verdienen werden wie die Fondshäuser. Fragt sich nur, wer von den beiden die besseren Leute hat (Finanzsprech: Potentials oder Talente). Im Zweifel werden es die Investmentbanken sein. Die Derivateexperten sind die am besten bezahlten in der Finanzbranche und die globalen Broker überschütten sie mit Geld. Das will verdient sein. Sparer sollten sehr genau auf die Kosten innerhalb der Fonds achten. Zugegebenermaßen wird selbst für uns Morningstar Analysten die Welt nicht leichter. Die neuen Investmentfonds werden wegen der geringen Transparenz schwer zu klassifizieren sein.

Gegen strukturierte Produkte an sich ist nichts einzuwenden, aber verstehen wird diese Fonds weder der Finanzberater noch der Kunde. Schon heute werden Derivatestrategien zahlreichen Versicherungsprodukten unterlegt, die im Grunde nur die wenigsten Marktakteure nachrechen (Finanzsprech: pricen) können. Und übrigens können die Kapitalanlagegesellschaften nach dem Investmentgesetz schon heute Bonus- oder Discountzertifikate selbst bauen. Ein Fondsmanager hält zum Beispiel eine BASF Aktie, von der er langfristig fundamental überzeugt ist. Dennoch erwartet er kurzfristig keine Kurssteigerung von der Aktie. Nun könnte er eine Kaufoption auf die BASF Aktie schreiben und die Prämie im Fonds verbuchen. Die Kaufoption auf das BASF Papier gibt dem Käufer das Recht, die Aktie in einer bestimmten Zeitspanne zu einem festgelegten Preis vom Verkäufer der Option (in diesem Fall der Fondsmanager mit der BASF Aktie im Depot) zu erwerben. Diese Option kostet Geld (Prämie) und die Einnahme aus dem Verkauf der Option wird dem Fondsvermögen gutgeschrieben. Steigt nun die BASF Aktie an, profitiert der Fonds nicht von der Hausse (Kursanstieg minus Prämie). Fällt sie zurück, wird der Verlust durch die Verkaufsprämie geringer ausfallen (Prämie minus Kursverlust). Passiert nichts, kassiert der Fonds die volle Prämie. Das gleiche kann man nun in die andere Richtung machen oder die erwartete Volatilität verkaufen, oder einen ganzen Index „verstrukturieren“ undsoweiter. Kurzum, es wird komplex und kaum ein Privatanleger wird es je verstehen.

Es ist zu hoffen, dass Privatanleger den Fonds mit strukturiertem Inhalt genauso vorsichtig gegenüber stehen wie den Hedgefonds. Eine solide Vermögensstruktur – die Aufteilung in die klassischen Anlageklassen Aktien und Anleihen gemäß dem Rendite/Risiko-Profil – ist die beste Basis für einen nachhaltigen Anlageerfolg. Investieren Sie nur in Fonds, deren Inhalte und anfallende Gebühren Sie verstehen!

Quelle: Morningstar Deutschland

Die Aufgabe der Fonds-Ratingagentur Morningstar ist es, leicht zugängliche Informationen und Anwendungen anzubieten um den Anlegern eine objektive Hilfe zu den mehr als 6.000 in Deutschland zugelassen Fonds zu geben. Als Teil des europäischen Netzes lancierte Morningstar seine Dienste in Deutschland am 23.05.2001 unter www.morningstarfonds.de

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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