Nachricht
16:19 Uhr, 14.06.2024

Kommunen erhalten mehr Flexibilität bei der Verkehrsgestaltung

Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones) - Bundestag und Bundesrat haben eine Änderung des Straßenverkehrsgesetzes beschlossen, nach der künftig neben der Flüssigkeit und Sicherheit des Verkehrs auch die Ziele des Klima- und Umweltschutzes, der Gesundheit und der städtebaulichen Entwicklung berücksichtigt werden müssen. Damit erhalten die Kommunen mehr Freiheiten bei Verkehrsmaßnahmen. Eine entsprechende Verständigung hatten Bund und Länder zuvor im Vermittlungsausschuss erreicht. "Wir haben nun eine Einigung, die den Interessen der Länder und des Bundes gerecht wird. Mit der Gesetzesänderung wollen wir das Straßenverkehrsgesetz den Bedürfnissen einer modernen Verkehrsplanung anpassen, indem neue Ziele aufgenommen werden", sagte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP).

"Wir vermeiden damit Bürokratie und erweitern die Gestaltungsmöglichkeiten der Kommunen, ohne die Interessen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs zu vernachlässigen." Konkrete Ermächtigungen erlauben etwa künftig die Parkraumbewirtschaftung auch bei absehbarem und nicht nur vorhandenem Parkraummangel sowie Sonderfahrspuren für neue Mobilitätsformen. Generell erhalten die Kommunen mehr Spielraum zum Beispiel bei der Einrichtung von Tempo-30-Zonen. Im Vermittlungsausschuss war aber festgahalten worden, dass die Sicherheit des Verkehrs "nicht beeinträchtigt werden" dürfe anstatt sie nur zu berücksichtigen.

Der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) monierte jedoch, durch den Kompromiss werde der Berufs- und Wirtschaftsverkehr ausgebremst. "Gerade mittelständische Betriebe brauchen ein hohes Maß an Mobilität im Straßenverkehr und insbesondere in der Innenstadt, da sie in der Regel ihre mobile Werkstatt im Dienste am Kunden immer dabei haben", sagte ZDK-Hauptgeschäftsführer Kurt Christian Scheel. Handwerker-Parkausweise und tageszeitabhängige Parkausweise für Berufspendler, die nicht auf den Öffentlichen Personennahverkehr umsteigen könnten, "wären ein zukunftsweisendes Signal gewesen".

Die Deutsche Umwelthilfe sah in der Novelle "eine vertane Chance für die Mobilitätswende" und kündigte ein Rechtsgutachten an, um die wenigen neuen Möglichkeiten für Kommunen zu untersuchen und Rechtssicherheit für ihr Handeln zu schaffen. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy, erklärte ebenfalls, "der ganz große Wurf für mehr Entscheidungsfreiheit der Städte vor Ort" sei die Reform nicht. Sie sorge zum Beispiel nicht wirklich dafür, dass Tempo-30-Zonen künftig einfacher und flexibler festgelegt werden könnten. "Tempo 30 wird lediglich an wenigen Orten wie Kinderspielplätzen oder viel genutzten Schulwegen erleichtert", betonte Dedy.

Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

DJG/ank/cbr

Copyright (c) 2024 Dow Jones & Company, Inc.