Kommentar
17:39 Uhr, 09.07.2013

Kommt der ganz große Knall?

Europa droht ein verlorenes Jahrzehnt. Obwohl Griechenland zahlreiche Reformen nicht oder nicht vollständig umgesetzt hat, bekommt das Land nun weitere Finanzhilfen ausbezahlt. Zwar erhält Griechenland zunächst nur einen Abschlagszahlung in Höhe von vier Milliarden Euro auf die neue Tranche von 6,8 Milliarden Euro. Aber dass überhaupt weitere Finanzhilfen ausbezahlt werden, obwohl Griechenland sich in einigen Bereichen standhaft weigert, die vereinbarten Reformen umzusetzen, ist ein echter Skandal. Zu allem Überfluss haben sich die Euroländer auch noch darauf verständigt, insgesamt zwei Milliarden Euro, die die nationalen Notenbanken mit griechischen Anleihen verdient haben, an Griechenland zurückzugeben. Diese zwei Milliarden Euro werden Griechenland nicht etwa geliehen, sondern geschenkt!

Griechenland und die anderen Defizitstaaten sitzen inzwischen am längeren Hebel - und alle wissen es. Denn würde Europa einem der Krisenländer die weitere Hilfe versagen, könnte es zu einem totalen Zusammenbruch der Märkte kommen. Die scheinbar einzige Hoffnung für die Krisenländer besteht in immer neuen zeitlichen wie finanziellen Zugeständnissen. Dadurch wird aber nur eine Situation zementiert, von der niemand profitiert. Die Krisenländer sind auf lange Zeit in der wirtschaftlichen Depression gefangen, während die Überschussländer des Nordens immer neue Milliardenbeträge aufbringen müssen, um weitere Finanzhilfen zu ermöglichen.

Es ist nicht zu leugnen, dass die Krisenländer gewisse Fortschritte gemacht haben. Aber vom eigentlichen Ziel, der eigenständigen Refinanzierung an den Märkten, sind die Krisenländer heute weiter entfernt als zu Beginn der Krise. Denn die Schuldenlast wächst durch die riesigen Hilfspakete ja weiter, während die Wirtschaft immer weiter schrumpft. Mittel- bis langfristig zeichnet sich außerdem ab, dass das Zinsniveau stark steigen wird. Damit dürften auch die Zinskosten der überschuldeten Staaten weiter ansteigen, was die Refinanzierung noch schwieriger macht.

Auch die Neuverschuldung in den Krisenländern ist zuletzt wieder gewachsen und nicht etwa gesunken. Weil die Wirtschaft schrumpft, sinken auch die Staatseinnahmen immer weiter, was das Defizit nach oben treibt. Ein echter Teufelskreis. Weil das Defizit einfach nicht unter Kontrolle gebracht werden kann, hat die EU-Kommission sogar die abstruse Idee entwickelt, dass bestimmte Ausgaben der Defizitländer für Infrastrukturprojekte nicht mehr auf das Defizit angerechnet werden sollen. Wenn man das Elend schon nicht beseitigen kann, dann soll es wenigstens niemand mehr sehen, denken die mutmaßlichen EU-Bilanzfälscher wohl.

Fazit: Der ganz große Knall wurde bisher nur durch die EZB verhindert. Die Märkte setzen darauf, dass die Zentralbank im schlimmsten Fall schon eingreifen wird. Die EZB hat nur erreicht, dass der Druck der Märkte nachgelassen hat. Verschlechtern sich die fundamentalen Faktoren aber immer weiter, ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Krise auch an den Finanzmärkten wieder spürbar wird.

Oliver Baron

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Über den Experten

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Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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