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02:00 Uhr, 31.05.2008

Kohleverflüssigung: Rettung vor versiegenden Ölquellen?

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  • WTI Öl
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    Aktueller Kursstand:   (JFD Brokers)

Die Kohleverflüssigung ist die Umwandlung von Kohle zu flüssigen petrochemischen Produkten, also beispielsweise zu Erdöl. Der Prozess, der auch Coal-to-liquid-, kurz CtL-Verfahren genannt wird, wird aufgrund der ausreichend verfügbaren Kohlevorkommen als Alternative zu versiegenden Ölquellen genannt. Gerade bei weiter steigenden Ölpreisen könnte sich der Bau der sehr teuren Anlagen lohnen. Wie sich aber herausstellt, sind die ökologischen Kosten aufgrund der Umweltverschmutzung und der Emission enormer Mengen an Treibhausgasen nicht tragbar.

Kommerziell wird die Kohleverflüssigung (CtL) nur in Südafrika betrieben. Dort befinden sich insgesamt drei so genannte Fischer-Tropsch-Anlagen der Firma Sasol in Betrieb. Doch selbst dort wo CtL kommerziell genutzt wird, reicht sie nicht aus, um die Nachfrage zu decken. Die Anlage produziert heute rund 160,000 Barrel/Tag, die Ölnachfrage Südafrikas liegt bei dem dreifachen dessen. Sasol produziert das Erdöl zu Kosten von 25 Dollar pro Barrel, was jedoch nur aufgrund niedriger Lohnkosten und der in der direkten Nähe zu den Anlagen befindlichen Kohlebergwerken möglich ist. CtL-Anlagen in den Industrieländern würden weitaus höhere Betriebskosten verursachen.

Betrachtet man angefügte Satellitenaufnahme, so sieht man dort rot dargestellt die Orte auf der Erde, die besonders hohe Luftverschmutzung verursachen. Gut zu sehen sind die Ballungsgebiete in Asien, Europa und Nordamerika. Gut zu sehen ist auch Mexiko City. Und besonders gut zu sehen ist die Luftschmutzung, welche die drei Sasol-CtL-Anlagen in Südafrika verursacht. An keinem anderen Ort in Südafrika ist die Luftschmutzung derart hoch wie dort. Die Tatsache, dass man die Luftschmutzung der Anlagen sogar aus dem All aus sehen kann, ist erschreckend. Und trotzdem produzieren die Anlagen nur ein Drittel des südafrikanischen Ölbedarfs.


Umweltverschmutzung weltweit, Quelle: IUP Heidelberg

Ungeachtet der hohen Luftschmutzung, die angesichts des Klimawandels und Treibhauseffekts kaum vertretbar ist, finden die CtL-Anlagen Anklang besonders in den Ländern, deren Ölbedarf hoch ist. So will Sasol nun zusammen mit der chinesischen Regierung zwei CtL-Anlagen in den chinesischen Provinzen Ningxia und Shaanxi bauen. Die Kapazität der Anlagen soll bei 80,000 Barrel/Tag liegen. In Australien plant Monash Energy, eine Kooperation von Anglo American und Shell, ein langfristig angelegtes Großprojekt. Dieses umfasst neben neu zu erschließenden Kohlevorkommen auch die Kohleverflüssigung. Das Projekt könnte zukünftig ein Viertel des australischen Kraftstoffbedarfs liefern.

Experten sehen auch bei Ölpreisen über 60 Dollar/Barrel eine großwirtschaftliche Nutzung der Kohleverflüssigung als rentabel an. Dies ist bisher jedoch eine rein strategische Überlegung, der keine spezifischen Projektplanungen zugrunde liegen. Die amerikanische Luftwaffe startete im September 2006 Testflüge mit B-52 Bombern, die teilweise durch synthetischen Kraftstoff angetrieben werden. Hintergrund hierzu ist die Verringerung der Abhängigkeit der Landesverteidigung von Ölimporten.

Auch wenn kleinere Projekte wie diese unternommen werden, um vor allem die lokale Ölversorgung sicherzustellen, dürfte die Kohleverflüssigung aufgrund der hohen ökologischen und monetären Kosten nicht im großen Stil umgesetzt werden.

Autor: Jochen Stanzl

Quelle: Rohstoff-Report
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Über den Experten

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Chefmarktanalyst CMC Markets
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Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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