Können die BRICS-Staaten eine andere Weltordnung durchsetzen?
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Auf dem BRICS-Gipfel im August wurde beschlossen, dass sechs weitere Länder dem nicht-westlichen Staatenbündnis zum 1. Januar 2024 beitreten werden. Dabei handelt es sich um Argentinien, Ägypten, Äthiopien, Iran, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate.
Anders als vielfach spekuliert wurde auf dem BRICS-Gipfel nicht die Einführung einer gemeinsamen, goldgedeckten Währung beschlossen. Allerdings ist dies auch nicht notwendig, um wirtschaftlich, politisch und militärisch an Macht zu gewinnen und dem Westen, der die Weltordnung in den vergangenen Jahrzehnten dominiert hat, zunehmend Paroli zu bieten. In welcher Währung wirtschaftliche Transaktionen abgewickelt werden, ist sekundär. Entscheidend ist vielmehr die Wirtschaftsleistung der einzelnen Länder, also das Bruttoinlandsprodukt (BIP).
Die folgende Grafik zeigt den Anteil der wirtschaftlich stärksten Länder am Welt-BIP nach Kaufkraftparität. Basis sind Schätzungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) für 2023. Durch die Betrachtung nach Kaufkraftparität wird ausgeglichen, dass in höher entwickelten Ländern auch das Preisniveau deutlich höher ist. Entscheidend für die reale wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ist aber nicht das Preisniveau, sondern wie viele Waren und Dienstleistungen tatsächlich produziert werden.
Betrachtet man das BIP nach Kaufkraftparität wie in der obigen Grafik, dann hat China inzwischen die USA als größte Wirtschaftsmacht der Welt überholt. (Bei nominaler Betrachtung ist das noch nicht der Fall.) Auf Rang 3 landet Indien, gefolgt von Japan, Deutschland und Russland. Auf den Rängen sieben bis zehn folgen Indonesien, Brasilien, Frankreich und Großbritannien.
Sowohl der Westen als auch die BRICS-Staaten werden wirtschaftlich stark von einem einzelnen Land dominiert. Bei den westlichen Ländern sind dies die USA, bei den BRICS-Staaten ist dies China. China ist wirtschaftlich ungefähr so stark wie alle anderen BRICS-Staaten (inklusive derjenigen, die Anfang 2024 beitreten) zusammen.
Auch für die politische und militärische Stärke ist letztlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit entscheidend. Aktuell verfügen die USA zwar weltweit noch über eine erhebliche militärische Vormachtstellung, diese dürfte aber zunehmend unter Druck geraten, wenn sie nicht durch eine entsprechende wirtschaftliche Stärke finanziert wird.
Wie die folgende Grafik zeigt, machen westliche Länder derzeit noch rund 41,9 Prozent des Welt-BIPs nach Kaufkraftparität aus. Die BRICS-Staaten (inklusive der Länder, die Anfang 2024 beitreten werden) kommen auf 36,9 Prozent. Länder, die bisher keinem der Blöcke angehören, erreichen 21,2 Prozent.
Das Gleichgewicht dürfte sich aber in den kommenden Jahren weiter in Richtung der BRICS-Staaten verschieben. Einerseits haben 14 weitere Länder beantragt, der BRICS-Gruppe beizutreten und weitere könnten folgen. Andererseits dürften die BRICS-Staaten in den kommenden Jahren wirtschaftlich stärker wachsen als westliche Länder. Im Jahr 2030 könnten beide Blöcke deshalb ungefähr wirtschaftlich gleich stark sein.
Entscheidend dürfte deshalb sein, welcher der beiden Blöcke die übrigen Länder, insbesondere in Asien, Afrika und Lateinamerika, auf seine Seite ziehen kann. In den vergangenen Jahrzehnten war es für viele Länder wichtig, möglichst gute Beziehungen zum Westen zu unterhalten. Dies hat sich inzwischen aber ein Stück weit geändert. Viele, vor allem ärmere Länder, sind wirtschaftlich inzwischen sehr viel stärker von China abhängig als von den USA oder der EU.
In den kommenden Jahren könnten beide Blöcke versuchen, die unentschiedenen Länder möglichst auf ihre Seite zu ziehen. Dies kann durch positive Anreize wie wirtschaftliche Vorteile geschehen, aber auch durch Druck, Einschüchterung oder gar militärischen Zwang.
Fazit: Es sind keine leeren Worte, wenn die BRICS-Staaten davon sprechen, ein Gegengewicht zur politischen, wirtschaftlichen und militärischen Dominanz des Westens aufbauen zu wollen. Betrachtet man die tatsächliche Wirtschaftsstärke, könnte eine erweiterte BRICS-Gruppe in den kommenden Jahren tatsächlich den Westen einholen. Auf politischem und militärischem Gebiet dürfte dies zunächst zwar nicht der Fall sein, allerdings hängen auch politische und militärische Stärke letztlich von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ab. Hier haben die BRICS-Staaten langfristig betrachtet wegen des höheren Wirtschaftswachstums und der jüngeren Bevölkerung vermutlich die Nase vorn.
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