Kommentar
16:05 Uhr, 06.08.2007

Klimawandel?

Kalt und nass im Norden, heiß und trocken im Süden – zweigeteilt war der europäische Sommer bisher. Auch an den Aktienmärkten erlebten wir im letzten Monat Extreme: Börsen in aufstrebenden Ländern gewannen kräftig, während Indizes in den Industrieländern größtenteils Verluste erlitten. Die Frage, die sich die Anleger stellen: „Steht uns ein Klimawandel an den Märkten bevor?“

Die aus der amerikanischen Immobilienkrise entstehenden Probleme breiten sich momentan wie im Pollenflug über die Finanzmärkte aus. Die allergischen Reaktionen sind deutlich sichtbar: Schieflagen bei Hedgefonds, steigende Volatilität an den Kapitalmärkten sowie Ausweitungen der Risikoprämien. Man kann also sagen, dass das Klima an den Börsen rauer geworden ist – von einem nachhaltigen Wandel zu sprechen, wäre jedoch verfrüht.

So gilt es, Risiken realistisch zu bewerten: Der Markt für zweitklassige Hypotheken steht für rund 20 % des US-Hypothekenmarktes beziehungsweise 5 % der Gesamtverschuldung der privaten Haushalte. Zugleich wurden die Risiken dieses Segments in den letzten Jahren über Verbriefungen in sogenannte Mortgage Backed Securities (MBS) breit gestreut. Bei der Abschätzung der gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen bleibt zu berücksichtigen, dass der Abschwung des US-Immobilienmarktes zwar bereits seit über einem Jahr andauert, die US-Wirtschaft aber nach wie vor über eine Reihe positiver Treiber wie z. B. das von einer niedrigen Arbeitslosigkeit unterstützte Privateinkommen verfügt. Zudem dürfte die Exportindustrie von der Nachfrage vor allem aus den Schwellenländern und aus Europa unvermindert Rückenwind erhalten.

Auch wenn der Liquiditätsfluss im Zuge restriktiver Geldpolitik und Kreditvergabe der Banken wohl an Pegelstand verlieren wird, wird er vermutlich nicht gänzlich austrocknen. Dafür scheinen im Zuge der robusten Weltkonjunktur bei gleichzeitig hohen Maschinenauslastungen die Gewinne und die Cashflows der Unternehmen zu stabil, was sich auch in der bisher überwiegend erfreulich verlaufenen Berichtssaison widerspiegelt.

Per saldo scheint das Fundament solide genug, um den einen oder anderen Sturm auszuhalten. Doch die erhöhte Risikoaversion der Marktakteure dürfte dazu führen, dass die Volatilität an den Aktienmärkten fortdauern wird. Einen Teil der Anlagen auf der „Arche Geldmarkt“ zu lassen, um an schwachen Tagen nachzukaufen, kann sich auszahlen.

Quelle: Allianz Global Investors

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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