Kippt jetzt auch Spanien?!
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Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
es knistert weiter im Gebälk der europäischen Union: Nach dem griechischen Fiasko rückt nun auch Spanien wieder in den Blickpunkt der Anleger. Die mittlerweile staatlich gestützte Großbank Bankia benötigt weit höhere Finanzhilfen als ursprünglich geplant, der Kurs der Aktie brach gestern auf ein neues Allzeittief ein und hat sich damit seit Jahresbeginn mehr als gedrittelt. Ob sich damit ein ähnliches Desaster wie seinerzeit mit der deutschen Hypo Real Estate anbahnt, bleibt abzuwarten. Ein solches Szenario würde die spanischen Finanzen weiter erheblich unter Druck setzen. Vor diesem Hintergrund erscheint die Aussage des spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy, es werde für die spanischen Geldhäuser keine europäische Rettungsaktion geben, doch sehr zweifelhaft. Die Angst vor einem Dominoeffekt, der weitere Banken unter den Schutzschirm der EZB zerren könnte, wächst.
Gleichzeitig zogen Risikoaufschläge für spanische und auch italienische Staatsanleihen am Pfingstmontag weiter an und nähern sich wieder den Rekordniveaus vom Herbst 2011. Bereits neue Rekorde wurden im europäischen Vergleich der zehnjährigen Anleihen zwischen Deutschland und Spanien erreicht: Das deutsche Zinsniveau (aktuell knapp 1,4%) ist so günstig ist wie noch nie, Spanien hingen muss Investoren mit 6,2% (Rekordhochs im Herbst: 6,7%) wieder extrem hohe Risikoprämien bieten. Der Unterschied war innerhalb Europas noch nie so groß. Das nach dem Platzen der Immobilienblase wirtschaftlich ohnehin schon enorm gebeutelte Spanien, wo vor einer Woche der traurige Rekord einer Jugendarbeitslosigkeit von über 46 % der jungen Menschen zwischen 15 und 24 Jahren vermeldet wurde, steht vor dem Scherbenhaufen der misslungenen Politik der letzten Jahre und wird bereits als das nächste Griechenland der Eurozone gehandelt.
Noch nie war die Schere innerhalb der Euro-Staaten so hoch, die finanzielle und wirtschaftliche Kluft wird immer größer. Die Rufe nach einer offiziellen europäischen Transferunion (Stichwort Euro-Bonds) werden lauter, was vor allem dem größten Zahlmeister Deutschland wenig schmecken dürfte. Das Prinzip der Solidarität stößt irgendwo auf seine Grenzen, dieser Eindruck drängt sich beim Überfliegen der Meinungen vor allem in Foren, Blogs und Artikelkommentaren -also abseits der Mainstream-Medien- auf. Meinungsumfragen spiegeln diesen Verdruss vieler deutscher Bürger wieder. Wie immer „meckern“ die Deutschen dabei auf sehr hohem Niveau, immerhin geht es uns trotz Krise in Deutschland sehr viel besser als vielen unserer Nachbaren. Doch es sind die wenig schmackhaft Aussichten für den Fall der Einführung von Euro-Bonds, welche den Deutschen Angst machen: Weitere Schulden, weitere Unterstützung für korrupte und unfähige Regierungen und letztendlich eine Beschleunigung der Inflation. Und gerade die enorme Verteuerung alltäglicher Güter und Lebensmittel, welche seit der Euro-Einführung zu beobachten ist, lässt die Sehnsucht nach der guten D-Mark in vielen Deutschen keimen. Es bleibt spannend, ob und wie lange sich die deutsche Regierung mit ihrem Nein zu Euro-Bonds dem internationalen Druck widersetzen kann.
Da tröstet auch der für uns als Exportnation vorteilhafte Einbruch der Gemeinschaftswährung wenig, der Euro verlor seit Anfang Mai über 5% an Wert gegenüber dem US-Dollar. Die charttechnische Situation hat sich hier wieder deutlich verschlechtert, die Ampeln stehen für EUR/USD weiter auf fallende Kurse. In diese Bild passen auch die anderen, typischen technischen Anzeichen: Die wieder aufkommende Yen-Stärke sowie erste Kaufsignale beim Euro gegenüber den osteuropäischen Währungen, was bereits in den letzten Jahren die Begleiterscheinungen eines schwachen EUR/USD waren. Das Euro-Experiment kommt in die spannende Phase.
Ihr André Rain
- Technischer Analyst bei GodmodeTrader.de, Chefredakteur des Forex&CFD Report
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