Kommentar
09:06 Uhr, 08.01.2018

Keiner rechnet damit: Japan bereitet QE-Ausstieg vor!

In den USA ist QE beendet, ebenso in Großbritannien und Schweden. Die EZB wird ihr Programm wohl bis Ende 2018 abwickeln. Und Japan?

Streng genommen befindet sich Japan bereits mitten in der Abwicklung von QE, auch wenn es niemand merkt. Das liegt vor allem daran, dass die Notenbank ihren QE Ausstieg schlichtweg nicht kommuniziert hat. Die Fakten liegen aber auf der Hand. Die japanische Notenbank kauft immer weniger Anleihen.

In den USA hat dieses Tapering für große Unruhe gesorgt. Es war ein jahrelanger Ausstiegsprozess. Japan macht es besser. Hier wird ein Ausstieg gar nicht kommuniziert, sondern einfach gemacht. Es ist noch nicht lange her, da kaufte die BoJ für 80 Mrd. Dollar pro Monat Staatsanleihen.

Dieser Maximalwert von 80 Mrd. pro Monat gilt immer noch. Die Notenbank macht davon allerdings keinen Gebrauch mehr. Über die letzten 12 Monate sankt der Betrag auf durchschnittlich 40 Mrd. pro Monat. In den letzten vier Monaten des vergangenen Jahres waren es sogar nur noch 25 Mrd.

Die Geschwindigkeit der monatlichen Käufe fällt praktisch in sich zusammen (Grafik 1). Während die US-Notenbank jahrelang herumlavierte, bis QE beendet wurde, hat Japan sein Tapering schon längst und unaufgeregt begonnen.


Möglich machte das ein kleiner Geniestreich. Anstatt den Fokus auf einen Kaufbetrag von Anleihen zu legen, führte die BoJ die Zinskurvenkontrolle ein. Sie beschloss, dass der Zinssatz der 10-jährigen Anleihen ungefähr bei 0 % liegen soll. Anleihen werden nur gekauft, wenn es der Zinssatz verlangt. Da die Zinsen nun fast von alleine so niedrig bleiben, können die Anleihekäufe sinken.

Rein formal wurde Tapering nie beschlossen. Praktisch wird es jedoch umgesetzt. 2018 wird es vermutlich sogar die erste Zinserhöhung geben. Dabei wird der Leitzins und Einlagensatz zunächst nicht angerührt werden. Vielmehr wird wohl der Zinssatz der Zinskurvenkontrolle angehoben. 10-jährige Anleihen sollen dann nicht mehr bei 0 % rentieren, sondern z.B. bei 0.3 %.

Ein solcher Schritt ist ab dem zweiten Quartal zu erwarten. Sofern dieser Schritt funktioniert, werden die Zinsen für 10-jährige Anleihen sukzessive angehoben. Wie das aussehen kann, zeigt Grafik 2.

Als nächstes wird dann der negative Einlagensatz folgen. Banken stöhnen unter dem Strafzins. Sie müssen nicht nur Zinsen zahlen, sondern haben auch eine sehr dünne Zinsmarge im Kreditgeschäft. Die dünne Marge kommt von den niedrigen Zinsen der langlaufenden Anleihen, an denen sich oftmals Kreditzinsen orientieren.

Die BoJ hat bereits Ende 2016 zur Kenntnis genommen, dass die sehr flache Zinskurve ein Problem ist. Nicht zuletzt deswegen wurde auch die Zinskurvenkontrolle eingeführt. Um eine steile Zinskurve weiterhin zu gewährleisten wird zunächst der Langfristzins ein wenig nach oben gedrückt, bevor dann die kurzfristigen Zinsen angehoben werden. Damit umgeht die BoJ das Problem, welches die Fed hat: stabile Langfristzinsen bei steigenden Kurzfristzinsen (abflachende Zinskurve).

Die BoJ wird ihre monatlichen Anleihekäufe vermutlich noch eine ganze Weile laufen lassen. Sie wird sie nicht offiziell abschaffen. In der Praxis wird allerdings jeden Monat weniger gekauft. Wenn notwendig, wird sogar verkauft. Im Dezember 2017 hat die BoJ etwa Anleihen um 20 Mrd. veräußert. So könnte sogar eine Bilanzreduktion stattfinden, ohne dass es jemals kommuniziert wurde.

Unter allen Notenbanken hat die BoJ wohl das geschickteste QE Programm aufgelegt. Nachdem Japan auch das einzige Land sein wird, welches zumindest auf dem Papier noch längere Zeit Geld druckt, ist der getarnte Ausstieg das Beste, was passieren kann. So merkt niemand, dass die Geldschwemme nicht nur vorbei ist, sondern die Bilanzen global ab Q4 2018 wieder schrumpfen werden.

Clemens Schmale

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3 Kommentare

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  • 8X57IS
    8X57IS

    keine Grafik

    09:59 Uhr, 11.01. 2018
  • Michisuperfreak
    Michisuperfreak

    Danke für den Artikel...Damit dürfte der Yen theoretisch dann aufwerten?

    09:13 Uhr, 08.01. 2018
  • K4sti
    K4sti

    Super Artikel der zum Nachdenken anregt!

    16:08 Uhr, 07.01. 2018

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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