Kaum Entspannung am Ölmarkt trotz Quotenerhöhung
- Lesezeichen für Artikel anlegen
- Artikel Url in die Zwischenablage kopieren
- Artikel per Mail weiterleiten
- Artikel auf X teilen
- Artikel auf WhatsApp teilen
- Ausdrucken oder als PDF speichern
1. Die Organisation Erdölexportierender Länder (OPEC) hat auf ihrem heutigen Treffen in Isfahan (Iran) die Förderquoten wie erwartet um 500.000 Barrels pro Tag auf aktuell 27,5 Millionen Barrels pro Tag erhöht. Zudem wurde der OPEC-Präsident ermächtigt die Quoten um weitere 500.000 Barrels pro Tag zu erhöhen, sollten die Preise bis zum nächsten Treffen am 6. Juni in Wien auf dem aktuellen Niveau verharren. Die OPEC kam damit dem Drängen Saudi-Arabiens nach, die Produktion angesichts der anhaltend hohen Ölpreise auszuweiten. Ein Großteil der kleineren Mitgliedsländer stand einer Produktionsausweitung im Vorfeld des Treffens skeptisch gegenüber, da viele von ihnen immer noch davon ausgehen, dass die Nachfrage im zweiten Quartal saisonbedingt zurückgeht. Sie befürchten deshalb, eine Produktionsausweitung zum jetzigen Zeitpunkt könnte eine Überversorgung und damit einen starken Ölpreisrückgang auslösen. Wie sich allerdings in den vergangenen Jahren gezeigt hat, hat das starke Nachfragewachstum in China dazu beigetragen, dass die saisonalen Nachfrageschwankungen deutlich schwächer ausfallen. Insofern sehen wir die geplante Produktionserhöhung nicht als Belastung für die Ölpreisentwicklung.
2. Die Entscheidung der OPEC, die Produktion auszuweiten, sollte unserer Einschätzung zufolge bestenfalls kurzfristig zu fallenden Preisen führen. Zu einem nachhaltigen Preisrückgang wird sie jedoch kaum beitragen können, denn die Förderpolitik der OPEC ist nur noch von zweitrangiger Bedeutung. Was die Märkte aktuell bewegt, ist die Angst davor, dass die Angebotsentwicklung nicht mehr mit der Nachfrageentwicklung Schritt halten kann, da weltweit kaum noch freie Kapazitäten vorhanden sind und die Nachfrage deutlich stärker wächst als von einem Großteil der Marktteilnehmer bisher erwartet.
3. Vor weniger als drei Monaten war es gängige Marktmeinung, dass das Nachfragewachstum nach dem Rekordplus vom Vorjahr im laufenden Jahr deutlich moderater ausfallen würde. Man hatte weithin damit gerechnet, dass sich die hohen Preise in einer schwächeren Nachfrageentwicklung niederschlagen würden. Wir hatten bereits damals darauf hingewiesen, dass dies äußerst unwahrscheinlich ist. Wir hatten auch betont, dass die zu erwartenden Aufwärtsrevisionen der Nachfrageprognosen für 2005 sehr schnell zu einer Aufwärtsspirale bei der Ölpreisentwicklung beitragen könnten. Und genau das ist nun passiert. Die Internationale Energieagentur hat in den vergangenen Monaten kontinuierlich ihre Nachfrageprognose nach oben revidiert. Und beinahe genauso kontinuierlich ist der Ölpreis in den vergangenen Monaten gestiegen. Denn der Markt scheint nach mehr als drei Jahren steigender Preise nun langsam, aber sicher zu der Überzeugung zu kommen, dass der Ölpreisanstieg der vergangenen Jahre nicht die Folge von spekulativen Wetten ist, sondern vielmehr Ausdruck einer stetigen Kapazitätsverknappung. Die Hoffnungen, dass eine schwächere Nachfrageentwicklung eine Kapazitätsverknappung verhindern könnte, müssen nun wohl endgültig begraben werden.
4. Am besten zeigt sich dies in den langfristigen Preiserwartungen. Die Spotpreise notieren zwar momentan auf einem ähnlichen Niveau wie zu Spitzenzeiten im vergangenen Oktober. Betrachtet man dann allerdings das lange Ende hat sich dies im Vergleich zum Oktober deutlich nach oben verschoben und notiert nun fast über sieben Dollar höher als damals. Die langlaufenden Futures sind seit Jahresbeginn sogar relativ gesehen gleich stark gestiegen wie die Spot-Preise, was in der Vergangenheit niemals der Fall war. Dies belegt zudem, dass die aktuell hohen Preise nicht mehr Ausdruck kurzfristiger Einflussfaktoren sind, sondern vielmehr langfristige Faktoren widerspiegeln.
5. Die Märkte scheinen zu der Einsicht zu gelangen, dass die aktuell hohen Ölpreise doch auf strukturelle Entwicklungen zurückzuführen sind. Im Prinzip ist diese Geschichte nicht neu, denn die Rohstoffpreise und damit auch die Ölpreise folgen seit mehr als 100 Jahren einem zyklischen Muster. Da diese Zyklen allerdings 20 bis 30 Jahre dauern können, scheint diese Tatsache in den vergangenen 20 Jahren in Vergessenheit geraten zu sein. Das Muster hat sich dennoch nicht geändert. Hochpreisperioden führen dazu, dass Unternehmen verstärkt investieren, um von den hohen Preisen profitieren zu können. Irgendwann führt dies zu Überinvestitionen, sodass das Nachfragewachstum nicht mehr mit der Angebotsausweitung Schritt halten kann. Wegen fallender Preise und Überkapazitäten erscheinen neue Investitionen kaum noch rentabel. Da die Nachfrage aber unter normalen Umständen kontinuierlich weitersteigt, werden diese Überkapazitäten über die Jahre hinweg sukzessive aufgebraucht. Je knapper die freien Kapazitäten schließlich werden, desto stärker steigen die Preise, da der Markt plötzlich die Versicherung verliert, dass bei einer steigenden Nachfrage innerhalb kürzester Zeit das Angebot erhöht werden kann. Dies sollte schließlich der Zeitpunkt sein, ab dem ein neuer Investitionszyklus beginnt.
Aktuell zeichnet sich bei den weltweiten Ölkonzernen aber noch keine verstärkte Investitionstätigkeit ab. Die Unternehmen sind vielmehr darum bemüht, Aktien zurückzukaufen und Dividenden zu zahlen, während sie sich auf der Explorationsseite mit steigenden Kosten und beschränktem Zugang zu neuen Fördergebieten konfrontiert sehen. Folglich muss man sich vermutlich noch einige Jahre an hohe und tendenziell sogar noch steigende Ölpreise gewöhnen. Kurzzeitige Rückgänge sind natürlich auch in den nächsten Jahren jederzeit möglich. Eine nachhaltige Entspannung sollte man sich davon allerdings nicht versprechen.
Quelle: DekaBank
Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 130 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.
Keine Kommentare
Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.