Fundamentale Nachricht
14:05 Uhr, 13.09.2016

Kaufen, kaufen, kaufen!

Kaum fällt der Markt ein paar Punkte, kriechen Crashpropheten hervor. Doch gestern kam als Replik gleich das nächste Kaufsignal.

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Die Tagesentwicklung der Märkte weltweit am vergangenen Freitag war zweifelsohne unerwartet. Kaum ein Index verlor nicht 2 %. Die Volatilität in den USA schnellte um 40 % nach oben und erfüllt damit die Erwartung einiger Analysten, dass die Schwankungsbreite wieder deutlich zunehmen würde. Persönlich hatte ich diese Einschätzung nicht geteilt.

Den Anstieg der Volatilität hatten wir nun. Ebenso kann man ein Häkchen hinter den „Angstmonat“ September machen. Das Pflichtprogramm (Anstieg der Volatilität und Rücksetzer des Marktes) des Monats September ist erfüllt. Jetzt kann man wieder nach vorne blicken.

Je nachdem, wer konkret nach vorne blickt, fällt das Urteil verschieden aus. Goldman Sachs sieht den S&P 500 bis Jahresende tiefer als heute und Mohamed El-Erian prophezeit das Ende einer zuverlässigen Marktzyklik. Der Markt tendierte in den letzten anderthalb Jahren zu einer „buy the dip“ Philosophie. Jeder Rücksetzer wurde schnell wieder gekauft. Das galt für den Crash im vergangenen Sommer ebenso wie für die heftige Korrektur zu Jahresbeginn und das Brexit-Votum.

El-Erian denkt, dass es nun damit vorbei ist. Der Markt könnte aufhören Rücksetzer schnell wieder zu kaufen. Ein Grund: die Liquiditätsflut der Notenbanken lässt nach. Die USA haben QE schon lange beendet und die Eurozone wird in nicht allzu ferner Zukunft folgen (weil der EZB die Anleihen, die sie kaufen könnte, ausgehen).

Gehen wir einmal davon aus, dass El-Erian Recht bekommt und die Liquiditätsflut endet. Müssen die Märkte deshalb fallen? – Nein, das müssen sie nicht. Die Liquidität verschwindet ja nicht, nur weil eine Notenbank ihr QE Programm beendet. Die Liquidität bleibt. Die US-Notenbank etwa will zunächst die Zinsen normalisieren, bevor sie überhaupt über das Einfangen der Liquidität wieder nachdenkt. Vor 2025 müssen wir uns da keine Gedanken machen.

Das Ende von QE und Zinsanhebungen dürften meiner persönlichen Meinung nur kurzfristige Korrekturen auslösen, denn Notenbanken stehen weiterhin bereit sofort einzugreifen. Wie bereit die Notenbanken sind, das erklärte heute Abend die US-Notenbankerin Lael Brainard.

Brainard ist mit ihren Ausführungen ein Kunststück gelungen, welches ich nicht für möglich hielt. Sie argumentiert, dass die Zinsen niedrig bleiben müssen, weil sie niedrig sind. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen.

Die Zusammenfassung ihrer Bemerkungen wird der dahinterstehenden Logik natürlich nicht gerecht. Im Detail ist die Logik bestechend. Im Kern geht es darum, dass Geldpolitik asymmetrisch ist. Überschießt die Inflation das Ziel von 2 % kann die Notenbank über Zinspolitik und andere Maßnahmen wie die Anhebung von Reserveanforderungen die Inflation wieder einfangen. Sie kann im Gegensatz dazu die Wirtschaft und die Inflation kaum anschieben, wenn das Ziel verfehlt wird.

Aufgrund dieser starken Asymmetrie und weil die Zinsen niedrig sind, gilt es unbedingt negative Schocks zu vermeiden. Negativen Schocks kann die Notenbank derzeit nicht effektiv begegnen. Sie hat schlichtweg nicht die Mittel dazu. Aus diesem Grund sollten etwaige Zinsschritte sehr gut überlegt sein.

Die US-Wirtschaft zeigt sich zwar relativ robust, doch die Abwärtsrisiken überwiegen. China bleibt ein großer Risikofaktor. Auch eine Dollaraufwertung ist ein großes Risiko. Brainard vermutet, dass die Dollaraufwertung von 2014 bis 2015 den äquivalenten Effekt einer Zinsanhebung von 2 % hatte. Ohne die Zinsen also angehoben zu haben, gab es eine Straffung.

Die Zinsen sind heute nicht wegen zyklischer Wirtschaftsschwankungen niedrig, sondern aus strukturellen Gründen. Ebenso ist die Inflation aus strukturellen Gründen niedriger als in den Vorkrisenjahren. Beides impliziert schon, dass man es mit Zinsanhebungen nicht eilig haben muss.

Der Markt, Unternehmen und Konsumenten haben niedrige Inflationserwartungen. Das könnte mit ein Grund dafür sein, dass die Lohnsteigerungen von zuletzt 2,5 % nicht zu mehr Inflationsdruck führen. Nachdem die Fed hohe Inflation effektiver bekämpfen kann als zu niedrige Inflation, gibt es keinen Grund die Zinsen vorsorglich anzuheben, nur weil irgendwann eventuell Inflation aufkommen könnte. Wer das tut, so Brainard, riskiert ein japanisches Schicksal.

Kurz gesagt: Eine Zinsanhebung gibt es Brainard nicht. Zum Abschluss ihres Statements führt sie aus, dass sie sich auf die Analyse der Daten in den kommenden Monaten freut und gespannt ist, zu welchen Schlüssen diese führen. Das klingt nicht nach dem Willen zu einem Zinsschritt im September, Oktober oder sogar Dezember.

Brainard kann natürlich überstimmt werden. Das ist kurzfristig unwahrscheinlich. Zudem zeigt sich die Notenbank doch extrem besorgt über die Abwärtsrisiken. Notenbanker haben extreme Angst vor einem Abschwung, weil sie kaum etwas tun können. Sie warten also weiterhin lieber ab.

Sie können real wenig tun, trotzdem stehen sie wie die Feuerwehr bereit. Die Toleranz für Marktturbulenzen ist sehr klein. Die Fed hat nach wie vor eine hohe Bereitschaft einzugreifen. Eine neue Liquiditätsflut ist ausgemachte Sache. Man weiß zwar, dass die Effekte auf die Realwirtschaft gering sind, doch das spielt dann keine Rolle. Viel wichtiger ist die symbolische Wirkung. Man kann es auch so sagen: den Fed Put gibt es immer noch.

Wegen des Fed Puts muss man nicht gleich heute noch den Aktienmarkt leerkaufen. Man wird sehen, ob der in den USA gut gelaufene Wochenauftakt schon das Signal für neue Allzeithochs war. Vorstellen kann ich es mir sehr gut.

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23 Kommentare

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  • Cristian Struy
    Cristian Struy

    P.S. Wenn Deine bitcoins so toll wären, wie Du es findest, bräuchtest Du nicht jeden Tag dafür Werbung machen. ALLE würden sie haben wollen. Dass das nicht so ist, liegt schlicht daran, daß die btc elektronisch erzeugt wurden und genauso auch resetet werden können. Ein Knopfdruck an der richtigen Stelle und alle btc sind genauso verschwunden wie all das andere elektronische Geld. So einfach ist das. Die grossen hackangriffe zeigen, wie leicht das ist, egal ob sie verschwörungstheoretisch erzeugt wurden oder einfach nur elektronischer Diebstahl sind.

    Die Regierungen verfügen sicherlich noch über ganz andere Mittel, so etwas stillzulegen.

    Wen soll man den verklagen, wenn plötzlich die btc Server tot sind? Den server Bereitsteller in Australien, china und Russland oder Grand caymans? Viel Spaß dabei.

    01:33 Uhr, 14.09. 2016
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  • Dieter_HW
    Dieter_HW

    Wer sich wundert warum der S&P500 nach dem Anstieg von gestern fällt...ich bin short rein bei 2159.7 . Weisste Bescheid.

    20:33 Uhr, 13.09. 2016

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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