Kommentar
15:15 Uhr, 18.06.2019

Kann die Rezession noch verhindert werden?

Panik ist unter Anlegern derzeit Mangelware. Die Rezession kommt dennoch unaufhaltsam näher und man fragt sich: können wir der Rezession überhaupt noch entkommen?

Lange Zeit konnten sich die USA vom Rest der Welt abkapseln. Während die Wirtschaft in Europa und Asien bereits 2018 an Dynamik verlor, wuchs die US-Wirtschaft so schnell wie lange nicht. Dafür gab es handfeste Gründe. Steuersenkungen und Mehrausgaben des Staates schoben die Wirtschaft an. Diese Sondereffekte ebben ab. Sie haben noch einen positiven Einfluss auf das Wachstum in diesem Jahr, doch je weiter das Jahr fortschreitet, desto geringer wird der Effekt. Zwischen Verlangsamung des Wachstums und Rezession liegen allerdings noch Welten. Eine Verlangsamung bedeutet nicht automatisch Schrumpfung.

Das macht es auch für Anleger so schwierig, eine Rezession vorherzusagen. Der Konjunkturzyklus ist nicht linear. Es ist nicht so, dass das Wachstum im Aufschwung immer schneller wird und im Abschwung immer langsamer bis die Wirtschaft dann irgendwann schrumpft.

In Europa kam es in vielen Ländern, auch Deutschland, nach der Finanzkrise zu einer zweiten Rezession. Für den Aktienmarkt war das kein Drama. Dafür waren alle 2015/16 ganz aufgeregt, als Chinas Wachstum abflachte und Rohstoffpreise kollabierten.

Wie dem auch sei, die Wahrscheinlichkeit für eine Rezession steigt auch in den USA unaufhörlich (siehe Grafik). Mit Werten zwischen 30 % und 40 % ist die Wahrscheinlichkeit so hoch wie 2007 nicht mehr. Das allein ist schon bedenklich. Wirklich Sorgen bereitet jedoch ein anderer Umstand.


In der gesamten Historie, immerhin fast 60 Jahre lang, gab es keine Fall, der gut endete, wenn die Wahrscheinlichkeit einmal so hoch war wie jetzt. Früher oder später endete der Zyklus immer in einer Rezession. Damit erscheint eine Rezession auch jetzt unausweichlich.

Ich habe bereits viel über den Abschwung und die nahende Rezession berichtet. Unausweichlich ist sie trotz aller Argumente nicht. Die Argumente sind allerdings ziemlich erdrückend. Das zentralste Argument ist die Geldpolitik.

Anleger gerieten in einen Kaufrausch, als die Chance auf Zinssenkungen greifbar wurde. Sie hoffen, dass eine lockere Geldpolitik eine Rezession verhindern kann. Daher steigen die Kurse auch vor Beginn einer Rezession noch einmal an. Anleger hoffen. Am Ende werden sie enttäuscht, ausnahmslos.

Vergleicht man die Rezessionswahrscheinlichkeit mit der Fed Funds Rate, erkennt man, dass die Zinssenkungen viel zu spät erfolgen (Grafik 2). Auch jetzt ist der Zeitpunkt schon verpasst. Selbst wenn die Fed jetzt sofort die Zinsen senkt, ist es schon zu spät.

Die Notenbank reagiert zu langsam. Das ist ein Faktor. Ein anderer Faktor ist die Wirksamkeit der Zinssenkungen. Der Effekt erfolgt mit großer zeitlicher Verzögerung und es reicht nicht, wenn die Zinsen um 0,5 % gesenkt werden. Noch nie in der gesamten Historie haben ein paar Zinssenkungen eine Rezession verhindert. Sie erleichterten die Trendwende, verhinderten den Abschwung aber nicht.

Die Wirtschaft ist unvorhersehbar. Daher ist eine Rezession nie unausweichlich. Es erscheint derzeit aber sehr unwahrscheinlich, dass eine Rezession noch abgewendet werden kann.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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