Kommentar
18:00 Uhr, 24.04.2008

Kanada im Negativsog der USA? - Loonie 2008 als Underperformer

Zuletzt mehrten sich die Anzeichen, dass die globalen Finanzmarktturbulenzen im Zuge der US-Kredit- und Immobilienkrise auch auf die kanadische Wirtschaft übergreifen. Kanadas Ökonomie, vor Beginn der Krise in einem überaus robusten Zustand, zeigte erste Anzeichen der Schwäche. Einer Rezession in den USA, wie sie bereits von der Mehrheit der Investoren vorausgesetzt wird, kann sich die dortige Konjunktur kaum entziehen. Auch der Kanada-Dollar (CAD), der 2007 einen fulminanten Kursanstieg hingelegt hatte, verzeichnete im laufenden Jahr bislang eine enttäuschende Performance. Selbst gegenüber dem ohnehin schwachen US-Dollar kam es beim „Loonie“ 2008 zu einer negativen Kursentwicklung. Gegenüber dem Euro schlägt seit Jahresanfang ein sattes Minus von 10,25% zu Buche.

Offensichtlich werden die Probleme der kanadischen Wirtschaft an den jüngsten Arbeitsmarktzahlen. Zwar ist noch kein effektiver Stellenabbau wie beim „großen Bruder“ USA zu verzeichnen, allerdings sank der Zuwachs der Beschäftigtenzahl im März auf 14.600, nachdem er im Februar noch 43.300 betragen hatte. Der bereits sehr niedrige Konsens von 15.000 wurde damit knapp verfehlt. Schwach fiel auch die kanadische Arbeitslosenquote aus, die sich im März statt des erwarteten Wertes von unveränderten 5,8% gleich auf 6,0% erhöhte.

Der sich eintrübenden Stimmung in der Wirtschaft entsprechend, ist der kanadische IVEY-Einkaufsmanagerindex im März auf 59,0 Punkte zurückgegangen, nachdem er im Vormonat noch bei 62,0 Zählern notiert hatte. Die Konsensschätzung, die das Stimmungsbarometer für Kanadas Ökonomie bei 62,5 Zählern erwartet hatte, wurde somit klar verfehlt. Trotzdem verbleibt der Index im Gegensatz zu den USA noch oberhalb der wichtigen 50-Punkte-Marke, die die Grenze zwischen wirtschaftlicher Expansion und Kontraktion markiert. Gleichsam enttäuschend präsentierten sich die kanadischen Frühindikatoren für Februar, die mit -0,3% bereits im negativen Bereich lagen. Im Konsens wurde noch ein Plus von 0,1% nach zuvor 0,2% erwartet.
Das Wirtschaftswachstum in Kanada zeigte bereits zum Jahresende 2007 erste Ermüdungserscheinungen. Im vierten Quartal 2007 stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) nur noch um 0,8% und damit mit dem geringsten Tempo seit dem Jahr 2003. Das Januar-BIP wurde mit +0,6% etwas besser als mit 0,4% erwartet gemeldet, nachdem im Dezember sogar ein Wachstumsminus von 0,7% verzeichnet wurde. Für Februar rechnen Analysten aber bereits wieder mit einem Rücksetzer des kanadischen BIP-Anstiegs auf bescheidene 0,2% im Monatsvergleich.

Die angespannte Situation an den heimischen Finanzmärkten ließ die Bank of Canada (BoC) bereits zu mehreren Zinssenkungen greifen, die den kanadischen Leitzins bislang auf ein Niveau von 3,50% hinabgeführt haben. Mit einer weiteren geldpolitischen Lockerung bereits beim April-Treffen darf gerechnet werden, da Kanada derzeit kein Inflationsproblem besitzt, sondern vielmehr eine Phase der Disinflation durchlebt. Der Preisanstieg nimmt also tendenziell ab, wie zuletzt die kanadischen Erzeugerpreise deutlich vor Augen führten. Diese blieben mit 0,1% deutlich hinter dem Konsens von 0,7% zurück, nachdem sie zuvor noch um 1,0% angestiegen waren. Der Rohstoffpreisindex für Februar vermeldete zudem nur einen Anstieg von 0,5%, während die Erwartungen bei 2,7% nach zuvor 3,6% lagen. Am deutlichsten werden die disinflationären Tendenzen an den kanadischen Verbraucherpreisen für März, die nur noch einen Anstieg um 1,4% nach zuvor 1,8% aufweisen (Konsens: 1,5%).

Während die zu erwartenden weiteren Zinssenkungen der kanadischen Notenbank einen klaren Belastungsfaktor für die künftige Kursentwicklung des CAD darstellen, dürfen aber auch einige positive Einflüsse nicht vergessen werden. So wirken sich nicht nur der hohe Rohöl- und Goldpreis stützend auf die kanadische Valuta aus, sondern auch der weit weniger beachtete Getreidepreis ist mittlerweile in Dimensionen vorgedrungen, die den Devisenmarkt bewegen. Zudem besitzt das Land weiter einen Doppelüberschuss in Handels- und Leistungsbilanz. Der kanadische Handelsbilanzüberschuss hat sich im Februar sogar unerwartet auf 4,9 Milliarden CAD erhöht. Dies ist der höchste Überschuss seit neun Monaten und zudem deutlich mehr, als die im Konsens erwarteten 3,4 nach zuvor 2,8 Milliarden CAD.

Da sich die kanadische Ökonomie im Gegensatz zur US-Konjunktur immer noch recht solide präsentiert und zudem die Zinsdifferenz weiter für den Kanada-Dollar spricht, rechnen wir zumindest bei USD/CAD nicht mit einer Fortsetzung der 2008er-Kursgewinne. Vielmehr sollte USD/CAD nach einem Unterschreiten der Unterseite seiner bisherigen Seitwärts-Handelsspanne von 0,9710 bis 1,0390 wieder schwächer tendieren und erneut die 0,92er-Marke anvisieren. Bei EUR/CAD hingegen ist nicht davon auszugehen, dass das Währungspaar bereits seine Höchstkurse für 2008 gesehen hat. Nach der jüngsten Konsolidierungsbewegung um die 1,59er-Marke ist mit einem erneuten Überwinden der 1,6000, einem Fall des Jahreshochs von 1,6324 sowie fortgesetzten Kursgewinnen in die Region von 1,6500-1,6700 zu rechnen.

Dr. Volker Zenk - FXdirekt Bank

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Über den Experten

Harald Weygand
Harald Weygand
Head of Trading

Harald Weygand entschied sich nach dem Zweiten Staatsexamen in Medizin, einer weiteren wirklichen Leidenschaft, dem charttechnischen Analysieren der Märkte und dem Trading, nachzugehen. Nach längerem, intensivem Studium der Theorie ist Weygand als Profi-Trader seit 1998 am Markt aktiv. Im Jahr 2000 war er einer der Gründer der stock3 AG und des Portals www.stock3.com. Dort ist er für die charttechnische Analyse von Aktien, Indizes, Rohstoffen, Devisen und Anleihen zuständig. Über die Branche hinaus bekannt ist der Profi-Trader für seine Finanzmarktanalysen sowie aufgrund seiner Live-Analysen auf Anlegerveranstaltungen und Messen.

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