Kommentar
16:35 Uhr, 13.06.2007

Kanada-Dollar im Höhenrausch - Ahornland koppelt sich von den USA ab

Fast 10% in der Spitze hat USD/CAD seit Anfang Januar verloren – am 4. Juni markierte das Währungspaar mit 1,0549 ein 30-Jahrestief. Damit hat der „Loonie“ Euro & Co deutlich outperformt und ist die in den vergangenen zwölf Monaten beste Währung unter den Valuten der Industriestaaten. Aber was macht den Kanada-Dollar derzeit so stark und wird sich diese Entwicklung fortsetzen?

Einer der Triebfedern war und ist die robuste Konjunktur. Die kanadische Wirtschaft wartete zuletzt mit überzeugenden Zahlen auf – ganz im Gegensatz zum großen Bruder USA. Das BIP-Wachstum hat sich im März um 0,3% im Monatsvergleich erhöht nach +0,4% im Vormonat. Das annualisierte BIP-Plus für das erste Quartal betrug 3,7% und übertraf damit den Wert aus der Dezember-Periode von 1,5% bei weitem. Dabei brummen sowohl das verarbeitende Gewerbe (nicht zuletzt dank der hohen Rohstoffpreise bei Öl), Gas oder Gold als auch der private Konsum.

Der IVEY-Einkaufsmanagerindex ist von 60,9 Punkten im April auf 62,7 Zähler im Mai gestiegen. Die kanadischen Einzelhandelsumsätze kletterten im April um satte 1,9% nach zuvor +0,2% (revidiert von +0,1%). Die Konsensschätzung lag bei +0,8%. Im Vergleich dazu sind die US-Einzelhandelsumsätze im selben Zeitraum um 0,2% gefallen – auf dem US-Konsumenten lasten vor allem die hohen Benzinpreise. Am Immobilienmarkt sind die Vorzeichen ebenso robust: Im Mai erhöhten sich die Baubeginne um 8,4% gegenüber dem Vormonat auf 229.700 (Prognose: 215.000). Im April waren noch 211.900 Baubeginne verzeichnet worden. In früheren Zeiten lautete die Devise, dass der kanadische Wirtschaftsmotor nicht laufen kann, wenn der amerikanische stottert – doch dies scheint sich dank der Rohstofflastigkeit des Ahornlandes zu ändern.

Obwohl der kanadische Commodity Price Index seit Jahresbeginn spürbar auf 210,06 Punkte im Mai zulegen konnte, startete der Loonie erst im zweiten Quartal richtig durch. Historisch ist der Kanada-Dollar mit dem Commodity Price Index positiv korreliert, d.h. stiegen die Preise für Öl, Gas und Gold, konnte langfristig auch der Loonie zulegen. Kurzfristig ist ein Auseinanderdriften wie im ersten Quartal gesehen immer wieder möglich. Da der Commodity Price Index nur knapp unter seinem Allzeithoch aus dem Oktober 2005 bei 210,34 notiert, sollten hier neue Rekordmarken den Loonie stützen.

Hingegen weniger überzeugend als gedacht fielen die Arbeitsmarktdaten für Mai aus: Lediglich 9.000 Stellen wurden in diesem Zeitraum geschaffen. Ökonomen hatten im Schnitt mit einem Plus von 15.000 gerechnet (Vormonat: -5.200). Die Arbeitslosenquote lag im Mai unverändert bei 6,1%. Die kanadische Handelsbilanz wies im April einen Überschuss von 5,76 Milliarden CAD aus – der stärkste Wert seit Juli 2004. Die Schätzung lag bei von 4,8 Milliarden CAD und der Vormonatswert wurde von 4,6 Milliarden CAD auf 5,1 Milliarden CAD nach oben korrigiert. Während die kanadischen Exporte um 0,3% nachgaben, gingen die Importe um 2,2% zurück.

Unter dem Strich wundert es also nicht, dass die kanadische Notenbank (BoC) nicht drum herumkommt, verstärkt auf Inflationsgefahren hinzuweisen und die Möglichkeit zusätzlicher Zinserhöhungen in Betracht zieht, obwohl die BoC ihren Zinszyklus eigentlich vor einem Jahr bereits für beendet erklärt hatte. Im jüngsten Begleitstatement zu einem noch unveränderten Zinsentscheid betonte die BoC, dass weitere Zinsanhebungen erforderlich sein könnten, um die Inflation im Griff zu behalten. Die Zielzone für die Teuerungsrate liegt zwischen 1,0% und 3,0% auf Jahresbasis, die Richtschnur für geldpolitische Entscheidungen liegt bei 2,0% – aktuell beträgt die Inflationsrate 2,2% auf Jahressicht.

Der Loonie hat zweifelsohne Zinsfantasie: Nachdem die BoC zuletzt im Mai 2006 an der Zinsschraube gedreht hat, könnten die Währungshüter in diesem Jahr erneut tätig werden, um die Inflation wieder in Richtung der gewünschten 2%-Marke zu drücken. Aktuell wird am Markt eine Zinserhöhung um 25 Basispunkte auf 4,50% eingepreist. Das nächste BoC-Treffen findet am 10. Juli statt. Für USD/CAD ergibt sich vor allem weiteres Abwärtspotenzial, falls die kanadische Notenbank zu mehr als einer Zinsanhebung gezwungen ist und die US-Notenbank im Gegensatz dazu 2007 die Geldpolitik zu lockern beginnt. Das Szenario könnte bei fortgesetzter Abkopplung der kanadischen von der amerikanischen Konjunktur eintreten. Dann ist die Parität für USD/CAD binnen Jahresfrist keine Utopie mehr. Auf der Oberseite dürfte sich die 1,1000 bei technischen Gegenbewegungen als hartnäckiger Widerstand erweisen.

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Über den Experten

Harald Weygand
Harald Weygand
Head of Trading

Harald Weygand entschied sich nach dem Zweiten Staatsexamen in Medizin, einer weiteren wirklichen Leidenschaft, dem charttechnischen Analysieren der Märkte und dem Trading, nachzugehen. Nach längerem, intensivem Studium der Theorie ist Weygand als Profi-Trader seit 1998 am Markt aktiv. Im Jahr 2000 war er einer der Gründer der stock3 AG und des Portals www.stock3.com. Dort ist er für die charttechnische Analyse von Aktien, Indizes, Rohstoffen, Devisen und Anleihen zuständig. Über die Branche hinaus bekannt ist der Profi-Trader für seine Finanzmarktanalysen sowie aufgrund seiner Live-Analysen auf Anlegerveranstaltungen und Messen.

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