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16:22 Uhr, 22.10.2004

K: Wildwuchs in der deutschen Fondslandschaft

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Externe Quelle: Morningstar Deutschland

Wildwuchs in der deutschen Fondslandschaft

In Deutschland sind über 4300 Fonds zum Vertrieb zugelassen (Anteilsklassen nicht mitgezählt). Ein Segen für die Anleger oder eher zu viel des Guten?

Während 2003 erstmals mehr Fonds geschlossen als neu aufgelegt wurden, scheint die Entwicklung 2004 wieder in die gewohnte Richtung zu gehen: die seit den neunziger Jahren zu beobachtende Ausweitung und Spezialisierung der Fondspalette setzt sich fort, nicht zuletzt da auch ausländische Anbieter auf den Markt drängen.

Ist dies nun ein Segen für die Anleger oder eher zu viel des Guten? Brauchen sie 250 verschiedene (oder sich doch sehr ähnliche?) Europafonds oder 450 globale Aktienfonds, die Hälfte davon mit einem Fondsvolumen unter 50 Mio. Euro? Benötigen sie wirklich Fonds mit einer starken Spezialisierung auf enge Anlagesegmente, wie z.B. Deutschland- oder Internetfonds, zumal das Fondswissen vieler Anleger noch sehr ausbaufähig ist?

Laut einer aktuellen Umfrage des BVI können selbst unter Fondsbesitzern nur 18-28% mit den gängigsten Produktformen wie Renten-, Immobilien- oder Aktienfonds etwas anfangen. Spezialitätenfonds sind erst recht kaum bekannt. Dann überrascht auch nicht, dass sich viele Anleger von der hohen Fondsanzahl überfordert fühlen.

Viele Fondsexoten

Hierzulande bahnen sich viele Fonds über die Vertriebsstärke ihren Weg zum Anleger, nur wenige treffen eine bewusste Wahl im Kontext ihres Gesamtportfolios. Die Vertriebsmaschinerie muss - auch über Neuauflagen - am Laufen gehalten werden. Dass ausgefallene Produktideen gut zu vermarkten sind, insbesondere wenn mit einer eindrucksvollen kurzfristigen Performance geworben werden kann, ist nahe liegend, begünstigt aber auch ein pro-zyklisches Anlageverhalten.

Prinzipiell ist mehr Auswahl nichts Schlechtes. Enge Anlageschwerpunkte widersprechen aber dem Diversifikationsgedanken der Fondsanlage. Dies betrifft insbesondere Anleger, deren Risikobereitschaft gering ist. Auch wer sich in der Materie kaum auskennt und wenig Zeit oder Interesse hat, sich auf dem Laufenden zu halten, ist mit breit aufgestellten Regionenfonds besser beraten.

Dies gilt umso mehr, wenn man die Fondsanzahl im Depot angesichts der Mindestbeträge bei Einmalanlagen und Sparplänen auf ein überschaubares Maß begrenzen möchte. Für hochvolatile Fondsexoten dürfte also in vielen Depots wenig Raum sein. Spezialitätenfonds eignen sich in der Regel nur für Investoren oder Berater, die bewusste Asset Allocation- bzw. Marktentscheidungen treffen möchten und über ein entsprechendes Hintergrundwissen verfügen. Und nicht zuletzt sollte man an die Gebühren denken: je enger die Ausrichtung, desto teurer der Fonds.

Mehr Profil

Die großen deutschen Fondsgesellschaften haben ein ausuferndes Fondssortiment im Angebot. Neben wenigen guten Produkten herrscht viel Mittelmaß, zur Verbesserung der Performance wäre eine Besinnung auf die jeweiligen Stärken und ein wirklich aktives Management wünschenswert. Mehr unabhängige Nischenanbieter mit einem schärferen Profil, wie es sie vor allem in angelsächsischen Ländern gibt, könnten für höhere Transparenz auf dem Fondsmarkt sorgen. Bei ausgewiesenen Value- oder Growthspezialisten weiß der Kunde eher, was er zu erwarten hat, als in unübersichtlichen Gemischtwarenläden.

Aktiv vs. Passiv

Umstritten ist, ob ein aktives Vorgehen in Standardsegmenten überhaupt zweckmäßig ist. Bekannterweise schlagen wenige Fonds langfristig ihren Index. Diejenigen, die es schafften, tummelten sich meist auf weniger effizienten Märkten, wo ein Informationsvorsprung noch erreichbar ist. Der Trend geht hier hin zu einer Trennung: Günstige Passivinvestments für Standardbereiche, aktives Management da, wo nach Abzug der Verwaltungsgebühr ein Mehrwert erzielt werden kann.

Hohe Fixkosten

Auch dass viele Produkte in der deutschen Fondslandschaft nie über eine gewisse Größe hinauswachsen, kommt den Anleger teuer zu stehen, da sich hohe Fixkosten auf wenige Schultern verteilen. Bei größeren Fondsvolumina profitiert der Anleger von Skaleneffekten. Hier wären theoretisch auch Gebührensenkungen angebracht, in der Praxis sieht es aber leider anders aus. Im Gegenteil, wenn an der Gebührenschraube gedreht wird, geht es meist nach oben. Auch die Schließung für neue Zeichnungen sollte, wie in den USA bereits geschehen, kein Tabu sein, sobald ein Fonds für seine bisherige Anlagestrategie zu groß wird.

Auf ausgewogene Depotstruktur achten

Vieles spricht also für eine kunden- und kostenorientierte Straffung der Fondspalette und eine Konzentration auf Anlageschwerpunkte, die für einen risikobewussten Privatanleger tatsächlich von Belang sind. Weniger kurzlebige Fondsblüten, mehr Fokus auf Aufklärung und eine ausgewogene Portfoliozusammenstellung sollte das Ziel sein. Hier ist auch der Kunde gefragt. Denn dass Fondsanleger mit Schrecken auf ihre Erfahrungen seit 2000 zurückblicken, hat nicht nur mit der Marktentwicklung zu tun, sondern vor allem auch mit unausgegorenen Depotstrukturen.

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