Analyse
12:52 Uhr, 27.02.2006

K: Reduzierung der Aktienquote – wann?

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Externe Quelle: HVB

Reduzierung der Aktienquote – wann?

Die Aktienmärkte befinden sich weiterhin in einem spätzyklischen Umfeld. Im Zuge der jüngsten Ballung von M&A-Ankündigungen (E.ON/Endesa, Linde/BOC, Mittal/Arcelor, Sonaecum/Portugal Telecom) wurden die Peergroup-Bewertungen in einigen Sektoren nach oben geschraubt, zumal die jüngsten Übernahmen auch eine deutliche Steigerung in der Marktkapitalisierung der Targets mit sich brachte. Das bisher von uns als möglich angesehene Potenzial für ein Überschiessen unserer mittelfristigen Indexziele („2-5%“) wurde aufgrund der fortgesetzten Bewertungsausdehnung inzwischen ausgeschöpft. Da wir in dem M&A-Boom jedoch ein weiteres Indiz für die von uns unterstellte spätzyklische Grundsituation sehen, sollten Investoren in den nächsten Wochen weiterhin den Fokus auf das Timing einer Reduktion der Aktienquote legen. Aufgrund des kürzerfristig weiterhin positiven Aktienmarktumfeldes und noch nicht vorliegenden Anzeichen für eine Bewertungsüberreizung können die Aktienindizes ihre Aufwärtsbewegung zwar möglicherweise noch fortsetzen. Mittelfristige Indikatoren lassen jedoch für die nächsten Monate weiterhin einen deutlichen Momentumsverlust erwarten. Unter strategischen Gesichtspunkten sehen wir vor diesem Hintergrund weiterhin die Frage als zentral an, wann auf Sicht der nächsten Wochen eine Rückstufung der Aktienquote auf neutral erfolgen sollte. Wir hatten Anfang Februar in unserem Model Portfolio die deutliche Übergewichtung von Aktien bereits etwas reduziert. Von dem im Übergang von Q1 auf Q2 erwarteten Peak in den Frühindikatoren erwarten wir in diesem Zusammenhang weiterhin zentrale Impulse.

Ein Auslaufen des Trends zu positiven Gewinnüberraschungen dürfte mittelfristig kursdämpfend wirken. Nicht nur das erwartete Auslaufen der Unterstützung durch steigende Frühindikatoren, sondern auch die Reife des Gewinnzyklus an sich dürfte auf Sicht der nächsten Monate eine deutliche steigende Anfälligkeit der Unternehmensgewinne für negative Überraschungen bedeuten. Das wird bei einer Einordnung der aktuellen Gewinnschätzungen in den längerfristigen Trend deutlich. Für europäische Aktienindizes liegen ab 1988 I/B/E/S-Daten vor. Um den Einfluss von Wechselkurseffekten zu begrenzen ist insbesondere eine Betrachtung des MSCI EMU sinnvoll, um längerfristige Trends aufzuzeigen. Die Gewinnschätzungen für den MSCI EMU folgen relativ klar einem exponentiellen (d. h. in Log-Skala linearen) Trend, um den herum es zu Abweichungen in Form von mehrjährigen Zyklen kommt. Ein deutliches Überschiessen des Trends resultiert typischerweise in einer nachlassenden Aufwärtsdynamik in den Gewinnschätzungen. Historisch erfolgte dies bei einem Überschreiten um rund 35%. Da die aktuelle Abweichung bereits rund 30% beträgt, ist für die nächsten Monaten eine Eintrübung des Gewinnumfelds sehr wahrscheinlich. Dieses Bild ändert sich nicht wesentlich wenn man berücksichtigt, dass in 2005 eine Umstellung der Gewinnschätzungen auf IFRS erfolgt ist. Zwar sind klare Abwärtsrevisionen kurzfristig noch nicht zu erwarten. Bereits ein Auslaufen des positiven Revisionstrends der letzten 2 Jahre sollte jedoch bereits kursdämpfend wirken, da damit der Impuls für eine steigende Bewertung ausläuft.

Mit dem Erreichen der konjunkturellen Boomphase ist für den DAX ein deutlicher Momentumsverlust zu erwarten. Die veröffentlichten BIP-Komponenten für Q4/2005 zeigen, dass die Konjunkturdynamik in der Headline-Zahl unterzeichnet wurde. Deutlich rückläufige Staatsausgaben und eine aufgrund steuerlicher Änderungen (Erhöhung des Satzes für die degressive Abschreibung auf 30%) wahrscheinliche Verschiebung von Investitionen in 2006 sprechen für ein deutlich höheres Wachstum in Q1. Vor allem die anhaltende Stärke im Produzierenden Gewerbe (Wachstum in Q4: +1,1% ggü. Vq.) spricht dafür, dass sich die deutsche Konjunktur bereits in der Nähe einer Boomphase befindet. Für den deutschen Aktienmarkt stellt dies ein wichtiges mittelfristiges Signal dar. Das Erreichen eines konjunkturellen Hochpunktes hat sich nämlich regelmäßig in einem deutlichen Momentumsverlust des DAX niedergeschlagen. Insbesondere lässt sich zeigen, dass der DAX in den letzten Zyklen 9 Monate nach dem Erreichen der 5%-Marke in der Jahresveränderung der Industrieproduktion weitgehend unverändert notierte. Dies war auch Anfang 2000 der Fall, obwohl die Jahresveränderung der Industrieproduktion erst im Verlauf von 2001 klar rückläufig war. Vor diesem Hintergrund sehen wir unsere mittelfristig vorsichtige Einschätzung bestätigt, auch wenn klare Anzeichen für eine konjunkturelle Verlangsamung in den harten Daten zunächst noch nicht zu erwarten sind.

Sektor Allokation Die Frage nach dem weiteren Verlauf der Frühindikatoren stellt den entscheidenden Einflussfaktor für die Sektorperformance in den kommenden Monaten dar. Kürzerfristig betrachtet geben die Sektoren durch einen Anstieg der Volatilität insbesondere bei den Zyklikern bereits erste Hinweise dafür, dass Marktteilnehmer beginnen, ein Auslaufen der Konjunkturerholung zu antizipieren. Der leichte Rückgang im ZEW Index kann dabei als erstes Signal für ein nahendes Auslaufen der dynamischen Konjunkturerholung gewertet werden, das ifo Geschäftsklima wird heute einen weiteren Hinweis geben. Wir gehen davon aus, dass im Übergang von Q1/Q2 der Peak in den Frühindikatoren überschritten wird. Zyklischen Sektoren stehen wir vor diesem Hintergrund zunehmend zurückhaltend gegenüber. Solange die Frühindikatoren eine Stabilisierung auf hohem Niveau signalisieren, dürfte sich die Outperformance spätzyklischer Sektoren wie Industrial Goods & Services und auch Automobiles & Parts jedoch noch fortsetzen. Mit Blick auf das zweite Quartal gehen wir in Folge eines Drehens der Frühindikatoren von einer steigenden Attraktivität defensiver Sektoren aus.

Eine Übergewichtung geben wir aktuell den STOXX 600 Sektoren Automobiles & Parts, Banks, Industrial Goods & Services, Oil & Gas sowie Telecommunications. Untergewichtet bleiben Media, Personal & Household Goods, Retail und Travel & Leisure.

Ein Drehen der Frühindikatoren wird zu verstärkter Volatilität gerade in den Sektoren mit hohen Kursgewinnen führen. Die europäischen Aktienmärkte sind stark übergekauft. In Verbindung mit dem u. E. nahenden Peak in den Frühindikatoren verstärkt sich die Gefahr von Gewinnmitnahmen gerade in den Sektoren, die neben starken Kursgewinnen in den vergangenen Monaten im Vergleich zu ihrer eigenen Historie eine zyklische Bewertungsausdehnung erfahren haben. Auffällig ist dabei die Outperformance von Basic Resources, die in den vergangenen 3 Monaten nicht von einer Bewertungsausweitung begleitet war. In Folge des Anstiegs der Rohstoffpreise wurden die steigenden Kurse von entsprechend steigenden Gewinnerwartungen getragen. Ein Auslaufen des Preisanstiegs bei den Industrierohstoffen birgt für die kommenden Monate im Umkehrschluss die Gefahr einer Rücknahme der hohen Gewinnerwartungen für Basic Resources, die in den letzten 12 Monaten um 45% gestiegen sind. Dagegen konnte die Outperformance von Financial Services, Utilities und Construction nicht von einem vergleichbaren Anstieg der Gewinnerwartungen profitieren, die KGV-Bewertung liegt jeweils um mehr als 20% über ihrem langjährigen Durchschnitt.

Die Anfälligkeit von Basic Resources für Gewinnmitnahmen nimmt mit einem Drehen der Frühindikatoren deutlich zu. Die stark steigenden Rohstoffpreise waren neben der hohen Nachfragesituation seit Q2/2005 das treibende Moment für die Outperformance von Basic Resources. In den letzten 12 Monaten sind die Gewinnerwartungen um 45% gestiegen, allein in den letzten 3 Monaten um 12,0% (jeweils I/B/E/S 12 month fwd. earnings). Diese hohe Dynamik in den Rohstoffpreisen dürfte angesichts des nahenden Hochpunktes in den Frühindikatoren am Auslaufen sein. Wir gehen zwar nicht von einem deutlichen Rückgang in den Preisen für Industriemetalle aus, eine Stabilisierung wird jedoch in den kommenden Monaten zu einer klaren Abschwächung im Momentum führen. Damit dürfte die treibende Kraft für die Outperformance von Basic Resources entfallen und den Sektor anfällig machen für Gewinnmitnahmen. Ein nachlassendes Momentum in den Industriemetallpreisen wird dazu führen, dass die Gewinnerwartungen in Basic Resources nicht mehr überdurchschnittlich wachsen. Das erwartete Gewinnwachstum für 2007 von Basic Resources liegt mit -4,0% bereits deutlich unter dem Gesamtmarkt (STOXX 600 2007e 8,2%).

Für STOXX Banks besteht noch Potenzial zu einer Outperformance. STOXX Banks hat Mitte September (19.09.) seinen im Januar 2005 begonnenen Trend zu einer Underperformance beendet und seitdem mit einem Anstieg von +20,2% eine Outperformance gegenüber dem STOXX 600 von 8,5% erzielt. Auslöser dieser Outperformance war neben der zwischenzeitlich ausgelaufenen Verflachung der Zinsstrukturkurve der deutliche Anstieg der relativen Gewinnrevisionen gegenüber dem Gesamtmarkt. Quantitativ lässt sich zeigen, dass die relativen Gewinnrevisionen der Banken eng mit der Entwicklung des OECD Leading Indicators zusammenhängen. Wir gehen zwar davon aus, dass die zyklische Erholung der Frühindikatoren am Auslaufen ist, solange jedoch lediglich eine Stabilisierung und kein deutlicher Einbruch in der Konjunktur zu erwarten ist, rechnen wir in Q2 noch nicht mit steigenden Belastungen für Banken. In der Mehrzahl der vergangenen Zyklen konnten Banken in der ersten Phase einer Abschwächung der Frühindikatoren noch eine Outperformance erzielen.

STOXX Health Care wird in den kommenden Monaten an Attraktivität gewinnen. Der Health Care Sektor wird in den kommenden Monaten von zwei Seiten Unterstützung für seine relative Performance erhalten. Aufgrund des Auslaufens der Konjunkturerholung wird die Volatilität der Aktienmärkte wieder zunehmen, was Health Care als defensivem Sektor unter quantitativen Gesichtspunkten zugute kommen sollte. Zusätzlich wird aus den USA durch die nächste Stufe der Gesundheitsreform („Medicare Part D“) ein zusätzlicher Volumensschub von 600 Mrd. USD verteilt auf die Jahre 2006- 2013 für den Health Care Sektor ausgehen. Dies bedeutet einen Zuwachs von rund 28% in den Gesundheitsausgaben der USA. Die relative Performance von STOXX Health Care und S&P Health Care hat eine Korrelation von rund 0,8, d. h. die Gesundheitsreform in den USA wird sich auch im europäischen Sektor positiv bemerkbar machen.

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Über den Experten

Alexander Paulus
Alexander Paulus
Technischer Analyst und Trader

Alexander Paulus kam zunächst über Börsenspiele in der Schule mit der Börse in Kontakt. 1997 kaufte er sich seine erste Aktie. Nach einigen Glückstreffern schmolz aber in der Asienkrise 1998 der Depotbestand auf Null. Da ihm das nicht noch einmal passieren sollte, beschäftigte er sich mit der klassischen Charttechnik und veröffentlichte seine Analysen in verschiedenen Foren. Über eine Zwischenstation kam er im April 2004 zur stock3 AG (damals BörseGo AG) und veröffentlicht seitdem seine Analysen auf stock3.com (ehemals GodmodeTrader.de)

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