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14:32 Uhr, 08.11.2004

K: Nach der US-Präsidentenwahl

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Externe Quelle: Bankgesellschaft Berlin

Nach der US-Präsidentenwahl

Die Chancen sind hoch, dass es zu einer Jahresendrallye an den Aktienmärkten kommt. Dies werden wir jedoch nicht dem wiedergewählten US-Präsidenten Bush zu verdanken haben, sondern dem fallenden Rohölpreis. Die Börsen feiern somit nicht den wieder gewählten Präsidenten, es sei denn, dieser kann den Preis des Rohöls steuern.

Keine Hängepartie bei der Auszählung

Im Gegensatz zur letzten Präsidentenwahl in den USA dauerte die Auszählung der Stimmen diesmal nur ein paar Stunden länger als üblich, so dass am Mittwochabend Gewissheit darüber bestand, dass der alte US-Präsident George W. Bush auch der neue sein würde. Marktkommentatoren und Aktienmarktstrategen reagierten umgehend und vielerorts war zu hören, dass der Markt Bush feiere, nachdem die Aktienmärkte insbesondere in den USA Kursgewinnen zu verzeichnen hatten. Manche Kommentatoren ließen sich gar zu Äußerungen wie "Die Hauptbotschaft laute: Weniger Regierung. Dies gibt den Aktien Auftrieb" hinreisen.

Empirie als Indikator nutzen

Es überrascht schon ein bisschen, wie diese Einschätzung entstehen konnte. Sind nicht die vergangenen vier Jahre der beste Indikator dafür, was in den nächsten vier Jahren zu erwarten ist? Oder gibt es starke Argumente dafür, dass George W. Bush sich in den letzten vier Jahren nur verstellt hat und sein wahres Gesicht jetzt erst zum Tragen kommt? Auch in diesem Fall bleibt die Frage offen, ob dieses Gesicht frohe Botschaften bringen wird, oder wir vielmehr mit einer Fratze rechnen müssen.

Fondsmanager hoffen auf Bush

Umfragen der Fondsanalysegesellschaft Morningstar zeigen, dass 38% bei einem Wahlsieg Bushs von einem Anstieg des S&P500 ausgehen, während ein positiver Effekt bei dem Herausforderer Kerry nur von 17% der Befragten erwartet wurde.

Empirie spricht für Demokraten

Diese Erwartungshaltung ist überraschend. Die Empirie zeigt nämlich, dass nach 1945 in der Regierungszeit eines Präsidenten, der der Demokratischen Partei angehörte, die durchschnittliche Aktienrendite 14.1% betrug, während für die Regierungszeit republikanischer Präsidenten der Zuwachs bei 8.7% lag.

Dow Jones liebt Demokraten

Darüber hinaus fallen die größten jährlichen Kursverluste in Phasen einer republikanischen Präsidentschaft. Dies zeigt sich beispielsweise an der Jahresperformance des Dow Jones Industrial seit Mitte der 60er Jahre. Die Zeit des Republikaners Richard Nixon von 1968 bis 1976 beinhaltet extrem starke Kursverluste. Die achtziger Jahre mit einer republikanischen Präsidentschaft von 1980 bis einschließlich 1992 waren zwar deutlich besser als die siebziger Jahre, allerdings im Vergleich zu der nachfolgenden demokratischen Präsidentschaft Clintons von 1992 bis 2000 lausig. Und auch die ersten vier Jahre der Präsidentschaft von George W. Bush waren im Hinblick auf die Aktienmärkte enttäuschend.

Wachstums ordentlich

Abgesehen von der milden Rezession in der ersten Hälfte der Bush-Präsidentschaft von 2000 bis 2004 konnte ein ordentliches Wachstum erreicht werden. Expansive geld- und fiskalpolitisch begünstigten diese Phase.

Extrem hohes Budgetdefizit

Der Preis der expansiven Fiskalpolitik spiegelt sich allerdings in der enormen Ausweitung des Budgetdefizits wider.

Was ist also für die Zukunft zu erwarten?

Weitere Verschuldung wahrscheinlich

Bush Wirtschaftspolitik besteht vor allem aus einem Programmpunkt: Steuersenkungen. Gleich nach seinem Wahlsieg kündigte er mehrere Projekte an, die den bereits hoch verschuldeten US-Haushalt weiter belasten werden. Im Vordergrund steht das Festschreiben seiner Steuersenkung. Die fortgesetzte oberste Priorität der Terrorbekämpfung wird vermutlich weiterhin erhebliche Summen verschlingen, so dass das im Wahlkampf angekündigte Ziel, das Rekorddefizit im Haushalt binnen fünf Jahren zu halbieren, wenig Realisierungschancen hat, zumal es dafür auch gar keine Konzepte gibt.

Handlungsfreiheit für Bush

Bush wird es in seiner zweiten Amtszeit relativ einfach haben, seine wirtschaftspolitischen Ziele umzusetzen, da er sich in den kommenden Jahren auch auf eine republikanische Mehrheit im Kongress stützen kann. In beiden Kammern des Parlaments, dem Senat und dem Repräsentantenhaus, konnte die republikanische Partei Erfolge erzielen und die Mehrheit gegenüber den Demokraten vergrößern.

Zunehmend restriktive Geldpolitik

Von Seiten der Geldpolitik ist in absehbarer Zeit kein zusätzlicher Konjunkturimpuls zu erwarten. Vielmehr wird sich der Zinserhöhungszyklus fortsetzen. Ein Anstieg des Leitzinses auf 3.5% halten wir (ESN) bis Ende 2005 für wahrscheinlich. Bei fortgesetzter aktiver Fiskalpolitik sollte jedoch eine weitere leichte Verbesserung des Arbeitsmarktes möglich sein, insbesondere da dies ein nachlaufender Indikator ist.

Abgeschwächtes Wachstum

Die mittelfristigen Aussichten sind etwas ungünstiger. Die hohe Dynamik scheint etwas nachzulassen. Innerhalb unseres Netzwerkes ESN gehen wir davon aus, dass das US-BIP im nächsten Jahr nur noch um 3.5% nach 4% in diesem Jahr wachsen wird. Die Arbeitslosenquote geht dabei von 5.5% auf 5.3% zurück.

Fortgesetzte Dollarabwertung

Die fortgesetzte Verschuldung wird dazu beitragen, dass der US-Dollar seinen Abwärtstrend fortsetzen wird. Zum Jahresende erwarten wir (ESN) eine weitere Abwertung bis auf 1.30 Dollar/Euro. Im nächsten Jahr sollte sich der Dollar bis auf 1.35 weiter abwerten.

Außenwirtschaftliche Impulse

Dies ist allerdings nicht als Katastrophe zu sehen, sondern trägt dazu bei, das Leistungsbilanzdefizit der USA mittelfristig zu reduzieren. Die negativen Wachstumseffekte aus der zunehmend restriktiveren Geldpolitik werden teilweise durch die expansiven außenwirtschaftlichen Impulse kompensiert.

Negative Preiseffekte für Europa

Für Europa bzw. Deutschland sind negative Effekte auf die Exporttätigkeit zu erwarten. Allerdings so lange die US-Wirtschaft weiterhin relativ dynamisch wächst, können die negativen Preiseffekte teilweise durch die positiven Mengeneffekte kompensiert werden.

Stimulierte europäische Binnennachfrage

Die fortgesetzte Aufwertung des Euro schafft allerdings Spielraum für die EZB. Je weiter der Euro steigt, desto mehr Zeit kann sich die EZB lassen, bevor sie zu Zinserhöhungen greift. Die niedrigeren Importpreise und eine weiterhin expansive Geldpolitik wirken stimulierend auf die Binnennachfrage in Europa.

Was ist nun für die Aktienmärkte zu erwarten?

Aktienmärkte weiterhin von Ölpreis bestimmt

Im BGB Strategy Weekly Nr. 45 haben wir ausführlich beschrieben, dass für die Entwicklung der Konjunktur bzw. der Aktienmärkte insbesondere der Ölpreis von Bedeutung ist. Sollte der Ölpreis sich in Richtung von 40 Dollar/Barrel bewegen, gehen wir von einer Jahresendrallye aus, wobei wir den DAX bis auf 4,500 Indexpunkte steigen sehen.

Jahresendrallye dank Bush?

Dies würde bestätigen, was so mancher Analyst berechnet hat, nämlich, dass die Aktienmärkte bei der Wiederwahl eines republikanischen Präsidenten bis zum Jahresende in der Regel aufwärts gerichtet sind. Die Kausalität sehen wir allerdings nicht wirklich gegeben. Die niedrige Stichprobe lässt diese allgemeine Schlussfolgerung nicht zu. Es bleibt allerdings nicht auszuschließen, dass am Ende des Jahres der ein oder andere Kommentar darauf verweisen wird, dass wir es Bush zu verdanken haben, dass die Aktienmärkte in eine Jahresendrallye gelaufen sind. Logischerweise müsste man dann aber auch schließen, dass wir es Bush zu verdanken haben, dass der Ölpreis gefallen ist. Dann muss man auch folgern, dass Bush für den starken Anstieg des Ölpreises in seiner ersten Amtsperiode verantwortlich war.

US-Präsidenten und Ölpreisschocks

Zu Beginn dieses Beitrags hatten wir einen Blick auf die Entwicklung der Aktienkurse in republikanischen und demokratischen Präsidentschaftsperioden geworfen. Zum Schluss wollen wir einen Blick auf die Entwicklung des Ölpreises in den jeweiligen Phasen werfen.

Republikaner und Ölpreisschocks

Der erste Ölpreisschock 1973 erfolgte in der Nixon-Ära (rep.), der zweite Ölpreisschock 1979/80 zur Hälfte in der Carter-Ära (dem.) und zur Hälfte in die Ära Reagan (rep.). Der kurzfristige Ausschlag des Rohölpreises im ersten Golfkrieg 1990 fiel in die Vater-Bush (rep.)-Regentschaft. Rein mathematisch betrachtet steht es also 3.5 : 0.5 für die republikanischen Präsidenten, wenn es um Ölpreisschocks geht.

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