K: Finanzmärkte im Zinserhöhungszyklus
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Externe Quelle: Bankgesellschaft Berlin
Finanzmärkte im Zinserhöhungszyklus
Zu Jahresbeginn hatten wir die Auswirkungen von Zinserhöhungszyklen in den USA auf den deutschen Aktienmarkt insgesamt und auf Branchenindizes untersucht. Tatsächlich hat die US-Notenbank den Zinserhöhungszyklus am 30. Juni mit einen ersten Zinsschritt von 25 Basispunkten eingeleitet. Weitere Zinsschritte folgten am 10. August und am 21. September 2004 - und damit ist die Fed Funds Rate noch lange nicht auf einem neutralen Niveau angelangt. Drei Monate nach der ersten Zinserhöhung sehen wir den geeigneten Zeitpunkt gekommen, ein erstes Zwischenfazit zu ziehen.
Vor erster Zinssenkung Kursgewinne, danach höheres Risiko von Kursverlusten
Unsere Analyse historischer Zinserhöhungszyklen der US-Notenbank hat gezeigt, dass die Zeit vor dem ersten Zinsschritt überwiegend mit Kursgewinnen verbunden ist. Dabei definieren wir den Zinserhöhungszyklus als Zeitraum von der ersten Zinserhöhung bis zum Beginn des folgenden expansiven Zyklus, der mit der ersten Zinssenkung einsetzt. Mit dem ersten Zinsschritt geht die Wahrscheinlichkeit von weiteren Kursgewinnen auf den Aktienmärkten deutlich zurück. Während i.d.R. in den ersten Monaten nach dem ersten Zinsschritt noch Kursgewinne zu verbuchen waren, stieg die Wahrscheinlichkeit von Kursverlusten mit fortschreitendem Zinserhöhungszyklus.
Unterdurchschnittliche Entwicklung im Vorfeld
Im Vergleich zu den früheren Zinserhöhungszyklen entwickelte sich der DAX im Halbjahr vor dem ersten Zinsschritt im aktuellen Zinszyklus zwar positiv, aber mit einem Plus von 2.2% nur unterdurchschnittlich (Eurostoxx 50: +2.2%, Stoxx 50 +1.2%). Im Durchschnitt der letzten acht Zinserhöhungszyklen konnte der DAX in dieser Phase um gut 6% zulegen. Nur in einem Fall (1987) kam es im Vorfeld der ersten Zinserhöhung zu einem Rückgang des DAX.
Analyse der deutschen Branchenindizes
Bei der Untersuchung der deutschen Branchenindizes in US-Zinserhöhungsphasen haben wir mangels Datenverfügbarkeit auf Branchenebene den Zinserhöhungszyklus von März 1972 bis Juli 1974 ausgeklammert. Für die Analyse der Sektor-Performance in den folgenden vier Zinserhöhungsphasen verwenden wir die früheren CDAX Branchenindizes, für die jüngeren Zinserhöhungszeiträume die neuen Prime Standard Branchenindizes. Die Analyse vergangener Zinserhöhungsphasen kann gewisse Hinweise auf die Reaktion des Aktienmarktes im laufenden Zyklus geben. Wir müssen aber auch bei der Betrachtung der Branchenindizes darauf hinweisen, dass aufgrund der geringen Stichprobe eindeutige Schlüsse nicht möglich sind.
Halbjahr vor der ersten Zinserhöhung
Bei der Betrachtung der relativen Performance ausgewählter Branchenindizes in Deutschland gegenüber dem DAX in den sechs Monaten vor der ersten Zinserhöhung fallen die Transportbranche (mit einer durchschnittlichen relativen Performance von 7.5%) und der Bereich Maschinenbau/Industrials (6%) besonders positiv auf. Angesichts des steigenden Ölpreises verwundert es nicht, dass entgegen dieses Musters im Vorfeld des jüngsten Zinserhöhungszyklus die Transportbranche schlecht abschnitt (-0.8%). Auch der Bereich Industrials verfehlte mit einer relativen Performance von -3% deutlich den Durchschnittswert, der aber ohnehin durch einen positiven Ausreißer (Zinszyklus 1999/2001: +37.7%) stark nach oben verzerrt ist.
Chemie, Versorger und Bau
Eine gute Performance wiesen im Vorfeld der vergangenen restriktiven Phasen auch die Chemie, die Versorger sowie die Bauwirtschaft auf. Dazu passen die Ergebnisse im Halbjahr vor der ersten Zinserhöhung am 30. Juni diesen Jahres. Während die Chemie mit einer relativen Performance von 2% leicht besser abschnitt als der DAX, glänzten die beiden anderen Branchen mit einer deutlichen Outperformance. Im Zuge der Hinwendung der Anleger am Aktienmarkt zu defensiven Werten im ersten Halbjahr 2004 konnten die deutschen Versorger den Leitindex um fast 19% schlagen, die Bauwerte immerhin um 13%. Ebenfalls sehr positiv entwickelten sich aufgrund ihres defensiven Charakters die deutschen Pharmawerte im ersten Halbjahr (relativ +12%).
Basic Resources und Retail
Auffallend ist entgegen den historischen Erfahrungen die starke Outperformance des Einzelhandels und der Basic Resources im Vorfeld der jüngsten Zinserhöhungen. Der Sektor Retail konnte den DAX im ersten Halbjahr 2004 um mehr als 12% schlagen, die Grundstoffe um gut 14%. Die positive Entwicklung in beiden Sektoren steht aber u.E. nicht im direkten Zusammenhang mit dem Zinszyklus. So kann die Outperformance im Sektor Basic Resources mit dem rasanten Anstieg der Rohstoffpreise erklärt werden. Hinter der günstigen Entwicklung des Branchenindex Retail sehen wir vor allem den überdurchschnittlichen Kursverlauf von Metro im ersten Halbjahr (mit einem Gewicht von rd. 52% der Marktkapitalisierung im Sektor), die auf unternehmensspezifische Gründe zurückzuführen war.
Autos, Banken
Autoaktien schnitten diesmal im Vorfeld der ersten Zinserhöhung geringfügig besser ab als im Durchschnitt aller Zyklen. Die Versicherungsaktien, die im Vorfeld der vergangenen Zinserhöhungen eine Underperformance aufwiesen, bestätigen dieses Bild auch diesmal (relative Performance: -10%). Auch die negative Performance der Banken (-3% gegenüber dem DAX) entspricht dem erwarteten Muster.
Deflations- statt Inflationsängste
Auch die Entwicklung der deutschen Branchenindizes seit der ersten Zinserhöhung am 30. Juni 2004 entspricht größtenteils nicht dem historischen Muster. So prägte in den letzten Wochen vor allem der steigende Ölpreis den Aktienmarkt. Der hohe Ölpreis in Verbindung mit zunehmenden Ängsten vor einer weltweiten Wachstumsverlangsamung haben dazu geführt, dass an den Märkten wieder Deflationsszenarien gespielt wurden. Entsprechend schnitten die Branchenindizes Technology, Transport und Automobiles am schlechtesten ab. Aber auch die Versicherungen, die im Durchschnitt früherer Zinserhöhungsphasen positiv auffielen, liegen bisher deutlich im Minus. Eher zum klassischen Muster passt die positive Performance der Chemiebranche und des Sektors Industrials. Dagegen steht weiterhin die kräftige Outperformance von Basic Resources nicht im Zusammenhang mit dem Zinserhöhungszyklus, sondern mit den hohen Rohstoffpreisen.
Leitzinserhöhungen bisher nicht am Bondmarkt angekommen...
Während der Bondmarkt den aktuellen Zinserhöhungszyklus im April und Mai vorwegnahm und es zu einem deutlichen Zinsanstieg kam, drehte der Wind im Sommer. Seit dem Höchststand fielen die Renditen von 10jährigen Staatsanleihen in Deutschland zeitweise um bis zu 40 Basispunkte, in den USA sogar um 90 Basispunkte. Erst Anfang Oktober war hier wieder ein spürbarer Anstieg zu verzeichnen.
... dies könnte sich aber bald ändern
Der Zinserhöhungszyklus seit dem 30. Juni entspricht bisher nur in geringem Maße dem historischen Muster. Einmal mehr zeigt sich, dass jeder Zyklus seine Besonderheiten hat - auch wenn die Erfahrungen der Vergangenheit durchaus hilfreich sein können. Dabei sollte aber nicht vergessen werden, dass der aktuelle Zinszyklus noch wenig fortgeschritten ist - sowohl zeitlich, als auch was das Ausmaß der Zinserhöhungen angeht. Wir gehen weiterhin davon aus, dass noch eine ganze Reihe von Zinserhöhungen durch die Fed folgt und sich deutlicher als bisher im Markt niederschlagen wird. Dann dürfte sich ein erneuter Blick auf die Sektorperformance in früheren Zyklen lohnen.
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