Analyse
12:20 Uhr, 17.01.2007

K: Ernüchtert nach dem Sonderjahr?

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Externe Quelle: Deutsche Bank

Ernüchtert nach dem Sonderjahr?

Das Jahr 2006 war ein Jahr der positiven Sondereffekte. Die Frage ist, ob das schon zu einem dreifachen Hurra berechtigt

Dem Jahr 2007 wird man mit einer Durchschnittsangabe einfach nicht gerecht. Eine Fülle zum Teil gegenläufiger Entwicklungen werden uns begegnen. Das Land wird in vielem ein gespaltenes Land bleiben mit Regionen, die guten Grunds guten Mutes sind, und anderen, wo selbst der Mut der Verzweiflung nicht mehr hilft. Es wird Wirtschaftsbereiche im Ausnahmezustand der Depression, aber auch solche im Ausnahmezustand des Booms geben. Manche Unternehmen werden mit ungeheurem Schwung ins Jahr 2007 gehen und das Jahr mit Katzenjammer beenden. Andere - wie die Einzelhändler - werden zu Jahresbeginn herumstehen und Däumchen drehen und auf Besserung im Jahresverlauf hoffen.

Was nutzt es da, wenn die Prognostiker für das Kalenderjahr 2007 im Durchschnitt einen Anstieg des Sozialproduktes von gut 1 ½% vorhersagen? Und ist es wirklich das Wichtigste, über die Unterschiede zwischen den Optimisten in Kiel und Essen (2,1%) und den Pessimisten wie mir (1 ¼%) zu sprechen?

2006 war ein Jahr der Sondereffekte, freilich lange von den meisten Auguren negiert. Hier sind aufzuzählen: Die Anstoßeffekte des Investitionsprogramms der Bundesregierung, die Impulse von der zeitlich befristeten Einführung der degressiven Abschreibung, die Fußballweltmeisterschaft als Verkaufs- und Imageveranstaltung und schließlich die Vorzieheffekte wegen der Erhöhung der Mehrwertsteuer auf 19%. Aber das Jahr war auch geprägt vom Auslaufen der Anpassungsrezession am Bau und von einem bärenstarken Exportboom, der die internationale Investitionskonjunktur ebenso widerspiegelt, wie die erfolgreiche Produktanpassung und Kostensenkung durch die Unternehmen. Summa Summarum resultierten daraus 2 ½ Prozent Wachstum, mehr als in jedem Jahr nach der Jahrtausendwende.

Da sich der internationale Investitionsboom fortsetzt, aber auch schon weil die hohen Auftragsbestände in der Investitionsgüterindustrie abzuarbeiten sind, brummt der deutsche Export vorerst weiter. US-Abschwung und Dollarkursschwäche dürften die Zuwachsraten im Jahresverlauf aber beachtlich reduzieren. Eine Halbierung der Zuwachsrate gegenüber 2006 ist angesagt. Meine Vermutung ist, dass dieser Faktor – trotz weiter steigender Gewinne – die Investitionsfreude dämpft.

Entscheidend für die Konjunktur freilich wird es sein, wie es mit dem größten Brocken bei der Nachfrage – dem privaten Verbrauch – weitergeht. Nach dem mehrwertsteuerbedingten Einbruch zu Jahresbeginn bei langlebigen Gebrauchsgütern wird im Jahresverlauf natürlich eine Normalisierung eintreten. Aber dass es mit kaum steigenden Nettoeinkommen, die zu erwarten sind, einen deutlichen Konsumanstieg geben könnte, halte ich für unrealistisch. Die Beschäftigung wird zwar – jedenfalls im ersten Halbjahr – weiter steigen, und die Tariflohnsteigerungen werden einen Tick höher als 2006 ausfallen. Auch dürften die Sonderzahlungen nicht mehr weiter abgeschmolzen werden. Aber die beträchtlichen Entzugseffekte durch die Finanzpolitik reduzieren die real verfügbaren Einkommen. Per saldo werden sie nur minimal steigen. Lediglich ein etwas niedrigerer Ölpreis entlastet (teilweise – man bedenke die verzögerten Preisanpassungen bei Gas und Strom).

Trotz der Abschwächung beim Exportwachstum stehen Unternehmer und Arbeitnehmer der verarbeitenden Industrie und der international engagierten Dienstleister weiter auf der Sonnenseite und sind Betriebe und Beschäftigte des staatlichen und gemeinwirtschaftlichen Bereichs weiter bedrückt vom Diktat leerer Kassen.

Wenigstens führt die finanzpolitische Korrekturanstrengung zu einem Staatshaushalt, der endlich (fast) ausgeglichen ist. Damit wird dem Erfordernis des Stabilitätspaktes nachhaltig entsprochen. Auch die versprochene Senkung des strukturellen Defizits um mindestens 0,5 Prozent des Sozialprodukts wird im zweiten Jahr in Folge erreicht, ja überschritten. Und dabei sinkt die Arbeitslosigkeit weiter und sogar unter 4 Millionen.

Also Grund für ein dreifaches Hurra? In meinem Urteil: Nein. Wegen der weitgehend unvollendeten Steuer-, Gesundheits-, Bildungs- und Finanzreform (Föderalismus) bleiben uns die Hurras im Halse stecken.

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Über den Experten

Alexander Paulus
Alexander Paulus
Technischer Analyst und Trader

Alexander Paulus kam zunächst über Börsenspiele in der Schule mit der Börse in Kontakt. 1997 kaufte er sich seine erste Aktie. Nach einigen Glückstreffern schmolz aber in der Asienkrise 1998 der Depotbestand auf Null. Da ihm das nicht noch einmal passieren sollte, beschäftigte er sich mit der klassischen Charttechnik und veröffentlichte seine Analysen in verschiedenen Foren. Über eine Zwischenstation kam er im April 2004 zur stock3 AG (damals BörseGo AG) und veröffentlicht seitdem seine Analysen auf stock3.com (ehemals GodmodeTrader.de)

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