K: Erbschaftsteuer: Verteilungspolitische und ...
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Externe Quelle: Deutsche Bank Research
Autor: Frank Zipfel
Erbschaftsteuer: Verteilungspolitische und fiskalische Argumente bestimmen politische Debatte
So schnell die Abschaffung der Erbschaftsteuer nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes auf die Tagesordnung der politischen Diskussion gekommen ist, so schnell ist sie nach Klärung in der Regierungskoalition davon auch wieder verschwunden. Dabei kann man über eine Erbschaftsteuer durchaus kontrovers diskutieren. Eines muss aber von vorneherein festgehalten werden: Die aktuelle Ausgestaltung ist reformbedürftig, die generelle Ungleichbehandlung von verschiedenen Kapitalanlageformen, wie sie sich derzeit aus unterschiedlichen Bewertungsverfahren ergibt, nicht sinnvoll. Gegen persönliche Freibeträge (je nach Verwandtschaftsgrad), die zu einer differierenden Belastung beim Erben führen, ist nichts einzuwenden. Inwieweit aus wirtschafts- oder sozialpolitischen Zielen sachliche Freibeträge – z.B. für Grundvermögen oder Betriebsvermögen – zielführend sind, ist jedoch durchaus umstritten. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil die Entscheidung hierüber dem Gesetzgeber überlassen.
Prinzipiell kann die Erbschaftsteuer sowohl beim Verstorbenen (als Nachlasssteuer) als auch beim Erben anfallen. Diese zweite Variante – die so genannten Erbanfallsteuer – wird in Deutschland praktiziert. Die Begründung in diesem Kontext liegt im Vermögens- bzw. Einkommenszuwachs des Erben. Vermögen und Einkommen werden hierbei als zwei Seiten der gleichen Medaille aufgefasst, denn am Markt eingesetztes Vermögen dient dazu Einkommen zu erzielen (Sollertragssteuer), somit kommt eine steuerliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck. In dieser Weise ausgestaltet, könnten Erbschaften auch im Rahmen der Einkommensteuer erfasst und mit dem ESt-Satz belegt werden. Der vollständigen Erfassung stehen jedoch einerseits die Unregelmäßigkeit des Anfalls und andererseits der progressive ESt-Satz entgegen. Beides kann vor allem bei Grundvermögen zu Liquiditätsproblemen führen. Aus diesen Gründen wird die Erbschaftsteuer in Deutschland getrennt als eigenständige Steuer erhoben. Damit die Steuer nicht bereits zu Lebzeiten durch Schenkung umgangen wird, existiert parallel die Schenkungsteuer, welche das unentgeltliche Übertragen von Vermögen im gleichen Ausmaß besteuert.
Der Besteuerung des Vermögenszuwachses beim Erben kann entgegen gestellt werden, dass Vermögen häufig aus versteuertem Einkommen gebildet wurde und insoweit eine steuerliche Doppelbelastung entsteht. Neben solchen steuersystematischen Überlegungen spielen auch verteilungspolitische Fragestellungen eine Rolle. Eine Besteuerung von Vermögensübergängen gewährleistet größere (finanzielle) Chancengleichheit in der nächsten Generation. Freilich dient Vermögen oftmals auch der Altersvorsorge (insb. Grundvermögen wie ein Einfamilienhaus), die Weitergabe an die Kinder kann dort ebenfalls diesen volkswirtschaftlich wünschenswerten Zweck erfüllen. Schließlich spielen auch Anreizeffekte eine wichtige Rolle, sowohl beim Erblasser als auch beim Erben. So wird derjenige, der sein Einkommen bis zum Lebensende vollständig verkonsumiert und im Alter vielleicht sogar auf Unterstützung durch Angehörige oder den Staat angewiesen ist, im Vergleich zu demjenigen bevorteilt, der spart und Vorsorge für sich und seine Angehörigen bzw. Nachkommen betreibt. Ein (hoher) Erbschaftsteuersatz kann so die Sparneigung negativ beeinflussen – mit entsprechenden Konsequenzen für Wachstum und Beschäftigung. Andererseits kann die Aussicht auf größere Erbschaften Leistungsbereitschaft und Eigenanstrengung beim Erben mindern. Es sprechen also sowohl Gründe für als auch gegen eine Erbschaftsteuer, was auch die Unterschiede in Verbreitung und Aufkommenshöhe im internationalen Vergleich erklärt (siehe Graphiken unten).
Wie sieht die Situation nun konkret in Deutschland aus? Hier schwankt der Steuersatz zwischen 7 und 50 %, je nach Steuerklasse und Umfang des Vermögens; bei direkten Angehörigen wie Kinder und Ehegatten beträgt die Belastung maximal 30 %. Daraus resultiert eine sehr ungleiche Verteilung der Steuerlast. Für das Jahr 2002 (das Jahr der letzten Erhebung der Erbschaft- und Schenkungsteuerstatistik) gilt, dass nur jeder zehnte Erbfall steuerpflichtig war (66.000 von jährlich 850.000 Sterbefällen). Annähernd 70 % der steuerpflichtigen Erbschaften lagen im Wert unter EUR 50.000, was einem Anteil von 9 % des Aufkommens entspricht, wogegen nur 0,1 % der Fälle (mit einem Wert über EUR 5 Mio.) zu immerhin 18 % der angefallenen Erbschaftsteuer beitrugen. Dies deckt sich mit den Ergebnissen einer Studie des ZEW aus dem Jahr 2004, wonach in Deutschland die effektive Belastung mit Erbschaftsteuer für niedrige Vermögen im internationalen Vergleich gering ausfällt. Bei höheren Vermögen liegt die Belastung immerhin noch im mittleren Bereich der betrachteten Staaten.
In der Diskussion um Erleichterungen der Unternehmensnachfolge interessiert v.a. die Belastung von Betriebsvermögen. Dieses macht unter den besteuerten Vermögensklassen nur einen Anteil von etwa 12 % des Wertes aller übertragenen Vermögensgegenstände aus (Grundvermögen = 32 %), was nur rund 9 % des gesamten Erbschaftsteueraufkommens entspricht. Auch hier zeigt die Studie des ZEW, dass Deutschland im Jahr 2004 im internationalen Vergleich im Mittefeld lag. Die Idee, die Unternehmensweitergabe steuerlich besser zu stellen ist nicht neu. Bereits im bestehenden Steuerrecht gibt es Freibeträge, Bewertungsabschläge und Ausnahmen, wenn der Betrieb mindestens 10 Jahre fortgeführt wird. Die neuen Vorschläge, bei Betriebsfortführung die Steuern nach 10 Jahren gänzlich entfallen zu lassen, sind grundsätzlich zu begrüßen. Jedoch ist die konkrete Ausgestaltung sehr schwierig, wie die Diskussion um den Entwurf für ein Unternehmensnachfolgegesetz gezeigt hat, nicht zuletzt bei der Frage der sog. Arbeitsplatz-Klausel. Auch der SVR hat sich mit diesen Plänen kritisch auseinandergesetzt. Letztlich werden solche Regelungen nicht zur Vereinfachung des Steuerrechts beitragen, zumal die Erhebungskosten der Erbschaftsteuer relativ hoch sind.
Welche fiskalische Rolle spielt die Erbschaftsteuer? Das Erbschaft- und Schenkungsteueraufkommen hat sich seit 1980 mehr als versiebenfacht (von EUR 520 Mio. auf 3,77 Mrd.). Das Verhältnis zum Gesamtsteueraufkommen beträgt gleichwohl nicht einmal 1 %. Im Vergleich hierzu lag das Aufkommen der Tabaksteuer in 2006 bei gut EUR 14 Mrd. oder 3 % des Gesamtsteueraufkommens. Dies sieht etwas anders aus, wenn man die Verteilung des Steueraufkommens auf die Gebietskörperschaften berücksichtigt. Die Erbschaftsteuer ist zwar bundeseinheitlich geregelt, das Aufkommen steht jedoch ausschließlich den Bundesländern zu, sie ist eine reine Ländersteuer. Als originäre Einkommensquelle trägt die Erbschaftsteuer fast 18 % zum Aufkommen aus Ländersteuern bei. Berücksichtigt man dagegen die gesamten Steuereinnahmen der Bundesländer – also inklusive des ESt- und USt-Anteils – sinkt ihr Anteil auf derzeit nur 2 %. Fiskalisch dürfte die Bedeutung der Erbschaftsteuer für die Bundesländer in den nächsten Jahren jedoch zunehmen, da mit steigenden Vermögensübertragungen gerechnet werden kann. Dies und vor allem die verteilungspolitischen Argumente werden der Erbschaftsteuer vermutlich das Überleben in der Diskussion sichern.
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