Analyse
18:44 Uhr, 11.02.2005

K: Die Tiger im Portfolio

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Die Tiger im Portfolio

Der Zukunftsmarkt Asien ist in aller Munde. Lohnt sich der Einstieg für den Privatanleger?

Asien: Renditekick oder -killer?

Globalisierung und Outsourcing in die sogenannten Billiglohnländer Asiens zählten im Jahr 2004 zu den beherrschenden Themen, nicht nur an den Kapitalmärkten. Weltweit erwarten Unternehmen, durch Investitionen und die Verlagerung von Arbeitsplätzen in die Emerging Markets Asiens, ihre Eigenkapitalrendite zu steigern. Können auch private Kapitalanleger von dem kräftigen Produktivitätswachstum und dem hohen Wachstumspotential dieser Volkswirtschaften profitieren? Oder wurde bereits so viel spekulatives Kapital an die asiatischen Aktienbörsen gelockt, dass aufgrund überhöhter Bewertungen die Risiken überwiegen?

Das Ende der Aufholjagd?

Wer erinnert sich noch an die Asienkrise der Jahre 1997-98? Damals ging nicht nur den so genannten „Tiger-Ländern“ die Luft aus, sondern auch manchem Anleger, der an den asiatischen Börsen investiert war. Von ihren Höchstständen fielen die Die Tiger im Portfolio.

Der Zukunftsmarkt Asien ist in aller Munde. Lohnt sich der Einstieg für den Privatanleger? Kurse an den Aktienmärkten in den aufstrebenden Volkswirtschaften um teilweise mehr als 90 % innerhalb eines Jahres. Wer damals die Nerven behielt, wurde zunächst belohnt. An einigen Börsen setzte bald eine rasante Kurserholung ein. Insbesondere der indische Aktienmarkt profitierte von der IT-Phantasie in den späten neunziger Jahren. Dem Platzen der IT-Blase konnten sich jedoch auch die asiatischen Volkswirtschaften nicht entziehen – trotz teilweise anhaltend stabiler gesamtwirtschaftlicher Entwicklung. Einige Märkte konnten sich zunächst gar nicht aus dem Jammertal befreien. So war beispielsweise der Trend an den chinesischen Börsen bis zum Beginn des dritten Jahrtausends seitwärts gerichtet. Der lokale chinesische Aktienmarkt fiel zusätzlich gegenüber den in Hongkong notierten Aktien chinesischer Unternehmen zurück.

Vor gut zwei Jahren begann es dann an den asiatischen Börsen wieder kräftig aufwärts zu gehen. Allerdings kam es bereits 2004 an einigen Märkten wieder zu leichten Rückschlägen, als die Asiaten, mehr als ein halbes Jahr vor den US-amerikanischen Anlegern, eine geldpolitische Wende zu verdauen hatten. Im September 2003 begann die chinesische Zentralbank ihre geldpolitischen Zügel anzuziehen, um einer konjunkturellen Überhitzung vorzubeugen. Viele Beobachter fühlten sich an die zweite Hälfte der neunziger Jahre erinnert, als Versuche, die überhitzte chinesische Volkswirtschaft „herunterzufahren“, zu einer starken Wachstumsverlangsamung und einer kurzen Deflationsphase führten. Bemühungen der chinesischen Regierung, die Anleger im Frühjahr 2004 durch weitere „sehr energische Maßnahmen“ (Economist, 13.5.04) zu beruhigen, fachten die in Gang gekommene Diskussion weiter an, sodass die Notierungen an den chinesischen Börsen im April/Mai 2004 kräftig nachgaben.

Unterm Strich blieb 2004 bei einer Anlage in Asien meist kaum Rendite übrig. Europäische Investoren mussten hinnehmen, dass ihre Asienpapiere in Euro gerechnet zusätzlich an Wert verloren, da die meisten asiatischen Zentralbanken, anders als die EZB, durch Devisenmarktintervention einer zu schnellen Aufwertung ihrer Währung gegenüber dem US$ vorbeugten.

Vom Risiko, nicht in Asien dabei zu sein

Im Herbst 2003 wurde der damalige Siemens-Chef, Heinrich von Pierer, häufig mit seiner Feststellung zitiert, für seinen Konzern wäre „das Risiko, nicht in China dabei zu sein, größer als das Risiko, dabei zu sein“. Schaut man nach vorn, sieht die nahe Zukunft Asiens – vorrausgesetzt die Geopolitik (z.B. Nordkorea) sorgt nicht für Negativschlagzeilen – auch für den Aktienanleger nicht übel aus.

Natürlich wird die Abkühlung der Weltwirtschaft auch an den asiatischen Börsen beherrschendes Thema sein. Hierbei sollte jedoch im Auge behalten werden, dass die Weltwirtschaft im letzten Jahr so stark wuchs wie seit 20 Jahren nicht mehr. Mit der erwarteten Normalisierung des Wachstums dürften die Asiaten gut leben können, gerade vor dem Hintergrund einer eher zu schnell expandierenden chinesischen Volkswirtschaft. Für viele Schwellenländer könnte der erwartete Renditeanstieg an den US-amerikanischen Rentenmärkten zur Belastung werden, da die Finanzmärkte dieser Länder in den letzten Jahren von einem historisch niedrigen US$-Zinsniveau und der damit zusammenhängenden hohen US$-Liquidität profitierten. Viele Anleger wurden vereinfacht gesprochen auf ihrer Suche nach hohen Renditen in Emerging Markets getrieben (der IWF beschreibt dieses Phänomen ausführlich in seinem letzten „Global Financial Stability Report“). Vor diesem Hintergrund erscheint die Sorge, die Notierungen in den Emerging Markets könnten überdurchschnittlich unter einer Zinswende in den USA leiden, nicht unbegründet. Die Asiaten stehen jedoch im Vergleich zu anderen Schwellenländern deutlich besser da.

Wo liegen die spezifischen Stärken Asiens, die derzeit für ein Engagement an den dortigen Aktienmärkten sprechen?

1) Das hohe Wachstumspotential: Die Region Asien wuchs im Durchschnitt der letzten Jahre, ungeachtet hoher Ölpreise, mit Abstand am stärksten. Lediglich die in der Gemeinschaft unabhängiger Staaten (GUS) zusammengefassten Länder übertrafen hier die Asiaten in einzelnen Jahren. Auch in den kommenden Jahren dürfte dieser Trend anhalten. Beispielsweise schätzt der Internationale Währungsfonds (IWF), dass sich das Wirtschaftswachstum in der Region in diesem Jahr von rund 9 % auf 7½ % verlangsamen wird – was immer noch drei Prozentpunkte mehr Wachstum als bei vergleichbaren Regionen entspräche.

2) Asien verfügt insgesamt über enorme US$- Reserven: Der IWF geht davon aus, dass die Asiaten (ohne Japan) Ende 2004 über 1,5 Billionen US$ an Reserven verfügten. Das entspricht rund dem Achtfachen der in diesem Jahr fälligen Schulden. Der hohe Reservenstand wirkt als Puffer im Falle einer plötzlich sinkenden Bereitschaft der internationalen Kapitalmärkte, in den asiatischen Volkswirtschaften zu investieren. Auch wenn sich die Finanzierungsbedingungen für Schwellenländer in den kommenden Monaten aufgrund des steigenden Weltzinsniveaus zweifellos verschlechtern werden, sollten die Asiaten, die durch andauernde Kapitalbilanz- und Leistungsbilanzüberschüsse vergleichsweise gut dastehen, überdurchschnittlich abschneiden.

3) Die meisten Länder haben seit Ende der neunziger Jahre ihre Hausaufgaben gemacht: Die Bankenaufsicht wurde verbessert, Wechselkurse wurden freigegeben. Seit 1999 durchliefen acht Finanzsysteme der Region ein umfangreiches Bewertungsprogramm des IWF und an einer weiteren Verbesserungen auf Basis der Erfahrungen der Asienkrise wird gearbeitet Fazit: Die Länder sind heute weitaus besser gegen externe Schocks gewappnet als vor der Asienkrise.

4) Die lokalen Währungen stehen unter Aufwertungsdruck: Es ist davon auszugehen, dass ein in Euro rechnender Investor in den kommenden Jahren von einer Aufwertung der lokalen Währungen zusätzlich profitiert.

Wer an dieser Stelle Angst vor dem Abfluss von sogenanntem „Hot-Money“ – spekulativer Geldbeträge, die nur zur Mitnahme der Aufwertungsgewinne ins Land flossen – bekommt, sei noch einmal auf den hohen Puffer an Devisenreserven verwiesen. Zudem gilt: Durch Zuflüsse langfristigen Kapitals und anhaltende Leistungsbilanzüberschüsse steht Asien heute deutlich besser dar als die Tigerländer Mitte der neunziger Jahre.

5) Günstige Bewertungen: Gemessen am aktuellen Verhältnis von Kursen zu Unternehmensgewinnen (KGV) sind die asiatischen Märkte im Durchschnitt vergleichsweise billig, selbst wenn man einbezieht, dass sich das Gewinnwachstum in diesem Jahr abschwächen wird.

Neben den genannten strukturellen Vorteilen der Asiaten ist es auch aus Sicht der Portfoliooptimierung sinnvoll, asiatische Papiere beizumischen, denn in den letzten zehn Jahren waren die asiatischen Märkte relativ gering mit der weltweiten Börsenentwicklung korreliert. Beispielsweise wiesen die in Hongkong notierten chinesischen Aktien in den vergangenen 10 Jahren mit einem Korrelationskoeffizienten von 0,3 relativ niedrigen Gleichlauf zu den weltweiten Aktienmärkten auf. Ähnlich verhielt es sich mit Indonesien, Korea, Malaysia und Thailand.

Summa Oeconomica:

Der Blick zurück zeigt, dass außerordentlich hohe Kursschwankungen an den asiatischen Aktienmärkten nichts Unübliches sind. Ein Anfang 2003 einsetzender Aufholprozess asiatischer Aktien wurde im letzten Jahr unterbrochen und viele Engagements in der Region warfen für in Euro rechnende Anleger auf Jahressicht negative Renditen ab. Vieles spricht allerdings für eine bessere Zukunft, für in Asien engagierte Anleger:

- Mit dem Szenario einer sich weltweit normalisierenden Konjunktur können die Asiaten gut leben.

- Angesichts einer sich normalisierenden Konjunktur ist zwar mit einer Verlangsamung des Gewinnwachstums bei asiatischen Unternehmen zu rechnen. Die derzeitigen günstigen Kurs Gewinn Verhältnisse und anhaltend positive Gewinnschätzungen rechtfertigen dennoch einen Einstieg auf dem derzeitigen Niveau.

- Angesichts verbreiteter Ängste vor einer konjunkturellen Überhitzung Chinas wirkt sich eine Verlangsamung des Wachstums in der Region voraussichtlich eher positiv auf die Aktiennotierungen aus.

- Durch die reichliche Ausstattung mit Fremdwährungsliquidität und strukturell hohe Überschüsse in der Leistungs- und Kapitalbilanz dürften die Asiaten innerhalb der Emerging Markets am besten mit voraussichtlich schwierigeren Finanzierungsbedingungen, Stichwort: Zinsanhebung in den USA, zurechtkommen.

- Auf der Währungsseite ist für einen Euro-Investor mit positiven Überraschungen zu rechnen.

Fazit: Zahlreiche Argumente lassen es überlegenswert erscheinen, die Tiger ins Portfolio zu nehmen. Gerade im Segment der Schwellenländer gilt jedoch: Niemals alle Eier in einen Korb legen. Aufgrund des schwer überschaubaren Marktes und des kleinen Anteils asiatischer Aktien am Gesamtmarkt, ist hier besonders zu empfehlen, professionelles Know-How bei der Anlageentscheidung zu nutzen.

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Über den Experten

Harald Weygand
Harald Weygand
Head of Trading

Harald Weygand entschied sich nach dem Zweiten Staatsexamen in Medizin, einer weiteren wirklichen Leidenschaft, dem charttechnischen Analysieren der Märkte und dem Trading, nachzugehen. Nach längerem, intensivem Studium der Theorie ist Weygand als Profi-Trader seit 1998 am Markt aktiv. Im Jahr 2000 war er einer der Gründer der stock3 AG und des Portals www.stock3.com. Dort ist er für die charttechnische Analyse von Aktien, Indizes, Rohstoffen, Devisen und Anleihen zuständig. Über die Branche hinaus bekannt ist der Profi-Trader für seine Finanzmarktanalysen sowie aufgrund seiner Live-Analysen auf Anlegerveranstaltungen und Messen.

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