Analyse
16:38 Uhr, 24.02.2006

K: Deutschland schwenkt auf höheren Wachstumspfad ein

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Externe Quelle: Helaba - Landesbank Hessen-Thüringen

Deutschland schwenkt auf höheren Wachstumspfad ein

Trotz der Stagnation im vierten Quartal 2005 belebt sich die deutsche Konjunktur. Nach dem Wachstum von 0,9 % im vergangenen Jahr dürfte das deutsche Bruttoinlandsprodukt 2006 um 1,7 % zunehmen, arbeitstäglich bereinigt ergibt sich ein Zuwachs von knapp 2 %. 2007 muss allerdings wegen der geplanten Mehrwertsteuererhöhung schon wieder mit einer Verlangsamung gerechnet werden. Da sich aber die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft in den letzten Jahren erhöht hat, die Baukrise vor ihrem Ende steht und vom Arbeitsmarkt zunehmend wieder positive Impulse ausgehen, dürfte sich der mittelfristige Wachstumstrend leicht erhöhen.

2005 hat sich die deutsche Konjunktur belebt. Allerdings war keine stetige Entwicklung festzustellen. Die Verlaufsraten des Bruttoinlandsprodukts wiesen starke Schwankungen auf. Sowohl nach dem ersten als auch nach dem dritten Vierteljahr mit hoher Dynamik folgte ein Quartal mit wenig Dynamik oder wie in dem diese Woche detailliert veröffentlichten vierten Quartal sogar mit Stagnation. Impulse gingen im Schlussquartal 2006 nur von der Investitionstätigkeit aus. Der Außenhandel lieferte wegen stark gestiegener Importe einen leicht negativen Wachstumsbeitrag und die Konsumausgaben waren stark rückläufig.

Trotz der Wachstumspause im Schlussquartal 2005 kann für dieses Jahr von einem positiven Überhang von etwa ¼ Prozentpunkt ausgegangen werden, d.h. wenn die deutsche Volkswirtschaft in keinem Quartal expandieren würde, läge die Jahresrate bereits in dieser Größenordnung. Im Gegensatz zu dieser fiktiven Rechnung dürfte die Dynamik 2006 allerdings wieder zunehmen, so dass das deutsche Wirtschaftswachstum 2006 etwa 1,7 % betragen dürfte. Arbeitstäglich bereinigt sind knapp 2 % zu erwarten.

Frühindikatoren signalisieren Aufschwung

Ein lebhaftes Expansionstempo signalisieren Frühindikatoren wie beispielsweise der Ifo-Geschäftsklimaindex, der im Februar 2006 mit 103,3 Punkten auf dem höchsten Stand seit Oktober 1991 steht. Sowohl die Geschäftsbeurteilung als auch die Geschäftserwartungen haben sich in den vergangenen Monaten deutlich verbessert. Eine erfreuliche Entwicklung ist auch bei den Einkaufsmanagerindizes für die Industrie und die Dienstleistungen festzustellen. Sie liegen aktuell beide über den europäischen Durchschnittswerten, so dass die deutschen Industrie- und Dienstleistungsunternehmen zur Zeit sogar eine europäische Vorreiterrolle übernommen haben. Die Auftragseingänge für die deutsche Industrie erhöhten sich 2005 mit 5,3 % deutlich günstiger als die Industrieproduktion (+ 3,7 %), so dass die Unternehmen ihre Auftragsbestände aufgestockt haben. Diese dürften in den nächsten Monaten produktionswirksam werden.

Deutschlands mittelfristiger Wachstumspfad erhöht sich langsam

Von 1991 bis 2005 belief sich das durchschnittliche Wachstum in Deutschland auf nur 1,4 %. Nach 2000 hat sich die Dynamik sogar noch weiter abgeschwächt. Mittlerweile sind allerdings Veränderungen in der deutschen Volkswirtschaft festzustellen, die auf ein wieder höheres Wachstum hindeuten.

• Die Lohnzurückhaltung der vergangenen Jahre hat die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen weiter erhöht, so dass das Land von der lebhaften Expansion des Welthandels profitiert.

• Die Schrumpfung der Bauinvestitionen läuft nach zwölf Jahren Krise aus. Nach einem nochmaligen Rückgang in diesem Jahr dürfte die Branche 2007 stagnieren. Die Attraktivität des Standortes für Ausrüstungsinvestitionen hat in den letzten Jahren ebenfalls wieder zugenommen. Damit dürfte die Investitionstätigkeit in Deutschland in den nächsten Jahren voraussichtlich wieder höher ausfallen.

• Am deutschen Arbeitsmarkt deutet sich eine Trendwende an, die sich – wenn auch zögerlich – Konsum belebend auswirken sollte. Frühindikatoren signalisieren Aufschwung

Deutschland profitiert vom Wachstum der Weltwirtschaft

Die deutschen Lohnstückkosten waren in den letzten Jahren aufgrund moderater Lohnsteigerungen und der Anstrengungen der Unternehmen, ihre Produktivität zu erhöhen, leicht rückläufig. In der Eurozone hingegen erhöhten sie sich seit 1995 um etwa 15 %. Damit hat Deutschland seine Ausgangsposition im internationalen Wettbewerb deutlich verbessert und dazu beigetragen, dass die deutschen Exporte mit der Expansion des Welthandels mithalten konnten. Bis 2002 lagen die Raten sogar zumeist darüber. Die leicht unterdurchschnittliche Entwicklung seit 2003 dürfte sich vor allem mit der hohen Handelsdynamik in Asien erklären. Deutschland kann aufgrund seiner geographischen Lage hiervon naturgemäß nur unterdurchschnittlich profitieren. So lag der Anteil der europäischen Länder an den deutschen Exporten 2005 bei gut 63 %. Diese Region mit ihren im Vergleich zu Asien moderateren Handelsbewegungen ist damit für den hiesigen Außenhandel entscheidend.

2006 dürften die deutschen Exporte mit 6,5 % fast so stark expandieren wie der Welthandel. Der Euro hat ausgehend von einem Niveau von 1,36 US$ Anfang 2005 auf aktuell unter 1,20 US$ abgewertet. Dies hat die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen zusätzlich erhöht, deren positive Einschätzung sich auch im Exportklima spiegelt. Dieses hat aufgrund der expansiven Entwicklung des Welthandels mittlerweile den höchsten Stand seit der Wiedervereinigung erreicht. Allerdings dürfte die lebhafte Industriekonjunktur sowie eine etwas günstigere Konsumnachfrage auch zu einem stärkeren Importzuwachs in der Größenordnung von 6 % führen, so dass der Wachstumsbeitrag des Außenhandels begrenzt bleibt.

Schrumpfung der Bauaktivitäten kommt langsam zum Stillstand

Zu einem auf mittlere Sicht wieder höheren Wachstum trägt auch die Normalisierung der Investitionstätigkeit in Deutschland bei. Mit einem Anteil von über 53 % an den gesamten Anlagen sind die Bauinvestitionen von erheblicher Bedeutung. Das deutsche Wachstum wurde seit Mitte der neunziger Jahre durch nahezu kontinuierlich sinkende Bauaktivitäten gebremst. 2005 waren die Bauinvestitionen um 23 % unter dem Niveau von 1994. Ein nachhaltiger Aufschwung der Investitionstätigkeit ist ohne eine Erholung der Bauinvestitionen kaum vorstellbar. Mittlerweile zeichnet sich allerdings ein allmähliches Ende der Baukrise ab. So gibt die Auftragslage Anlass zur Hoffnung. Die Auftragseingänge lagen sowohl im 3. als auch im 4. Quartal 2005 deutlich über dem entsprechenden Vorjahresniveau. Dies waren die ersten Anstiege seit 1999. Diese Entwicklung spiegelt sich im Geschäftsklima der Branche, das sich in den letzten Monaten aufgehellt hat.

Die positive Auftragsentwicklung hat sich bereits bei den Bauinvestitionen bemerkbar gemacht, die seit drei Quartalen wieder zulegen. Trotzdem muss 2006 nochmals mit einem Rückgang der Bauinvestitionen um 1,5 % gerechnet werden. 2007 besteht die Hoffnung auf eine annähernde Stagnation der gesamten Bautätigkeit. Die Bremswirkung des Bausektors auf das gesamtwirtschaftliche Wachstum fällt damit zunehmend geringer aus.

Die Besserung in der Bauwirtschaft resultiert daraus, dass im gewerblichen und im öffentlichen Bau bereits 2006 leichte Zuwächse von 0,5 % und im nächsten Jahr von etwa 1 % möglich sind. Im Wohnungsbau sinken die Schrumpfungsraten von 3 % 2006 auf 1 % 2007. Der Wirtschaftsbau profitiert zur Zeit von der lebhaften Investitionstätigkeit der Unternehmen. Bereits im vergangenen Jahr waren erste Impulse im Tiefbau zu verspüren. So verstärkt die Energiewirtschaft zur Zeit ihre Investitionstätigkeit. Der deutsche Kraftwerkspark muss modernisiert und erweitert werden, was nach Einschätzung des Verbandes der Elektrizitätswirtschaft (VDW) in den nächsten 15 Jahren zu Investitionen in der Größenordnung von 80 Mrd. € führen wird. Der Wirtschaftsbau wird zudem von dem weiteren Ausbau der Verkehrs- und Logistikinfrastruktur, beispielsweise der Flughäfen, stimuliert. Der öffentliche Bau wird in den nächsten beiden Jahren nicht nur von den wieder steigenden Steuereinnahmen der Gebietskörperschaften profitieren. Impulse gehen auch von der geplanten Aufstockung der Verkehrswegeinvestitionen des Bundes um 4,3 Mrd. € in dieser Legislaturperiode aus. Am ungünstigsten bleibt weiterhin die Lage im Wohnungsbau. Seit diesem Jahr kann endgültig keine Eigenheimzulage mehr beantragt werden. Trotzdem kam es im vergangenen Jahr kaum zu Vorzieheffekten. Die Genehmigungen dürften 2005 um etwa 10 % auf 240 000 gesunken sein. Dieser geringe Effekt erklärt sich daraus, dass es bereits zwei Mal, und zwar Ende 2002 und Ende 2003, durch die Diskussion um die Kürzung bzw. Abschaffung der Eigenheimzulage zu deutlichen Vorzieheffekten gekommen war. Im Geschossbau ist zwar eine Stabilisierung

zu erkennen; sie vermag aber den anhaltenden Rückgang im Einfamilienhausbau nicht zu kompensieren. Wachstumsimpulse dürften allerdings vom zuletzt geschrumpften Ausbau ausgehen. Zum einen verbessert sich die Lage am Arbeitsmarkt und damit die Einkommenssicherheit; zum anderen hat die Investitionszurückhaltung der privaten Haushalte in den vergangenen Jahren zu einem steigenden Instandsetzungsbedarf geführt. Die deutlich höheren Energiekosten dürften im Zusammenhang mit dem von der Bundesregierung aufgelegten Programm zu Gebäudeisolierung ebenfalls zu Impulsen in diesem Bereich führen.

Ausrüstungen beleben sich

Die Ausrüstungsinvestitionen sind 2005 zum zweiten Mal in Folge gestiegen. Der Zuwachs war mit 4 % noch moderat. Die Quasi-Stagnation im vierten Quartal 2005 stellt keine Trendwende dar. Die Unternehmen dürften vielmehr Investitionsvorhaben auf 2006 verschoben haben, da die Abschreibungssätze für bewegliche Wirtschaftsgüter von 20 auf 30 % erhöht werden sollen. Diese von der Bundesregierung beschlossene Regelung soll rückwirkend ab Anfang 2006 bis Ende 2007 wirksam sein. Allein deswegen ist für 2006 mit einem deutlich höheren Investitionszuwachs von 7 % zur rechnen. Außerdem führt die lebhafte Nachfrage nach deutschen Industrieprodukten zu einem weiteren Anstieg der bereits jetzt überdurchschnittlichen Kapazitätsauslastung. Damit gewinnen Erweiterungsinvestitionen zunehmend an Bedeutung. Zudem sind die Finanzierungskosten weiterhin auf niedrigem Niveau, und die Ertragslage der Unternehmen bessert sich zusehends, obwohl sich die hohen Rohstoff- und Energiekosten in einzelnen Branchen durchaus belastend auswirken. Die zurückhaltende Lohnpolitik der vergangenen Jahre hat zu der günstigen Lohnstückkostenentwicklung und damit zu steigenden Gewinnen beigetragen, die Voraussetzung für mehr Investitionen sind.

Besserung am Arbeitsmarkt und Vorzieheffekte stimulieren Konsum

2005 stagnierten die privaten Konsumausgaben. Besonders schlecht fiel das vierte Quartal aus. Die Ursache hierfür ist die schwache Einkommensentwicklung der privaten Haushalte: Die verfügbaren Einkommen stagnierten 2005 in realer Rechnung, die Sparquote erhöhte sich nur wenig. 2006 ist eine leichte Besserung der Konsumentwicklung zu erwarten. So ist der Beschäftigungsabbau zum Stillstand gekommen.

Dies gilt auch für die wichtige Untergruppe der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Mittlerweile sind die Unternehmen sowohl in der Industrie als auch im Dienstleistungsgewerbe aufgrund der günstigen Konjunkturentwicklung wieder bereit, Beschäftigung zu schaffen. Dies signalisieren beispielsweise die Beschäftigungskomponenten der Einkaufsmanagerindizes, die beide den expansiven Bereich erreicht haben.

Eine Trendwende zum Besseren bei der Beschäftigung steht damit unmittelbar bevor. Durch das leicht steigende Arbeitsvolumen dürften die Bruttolöhne und –gehälter 2006 wieder zunehmen, nachdem sie im vergangen Jahr um 0,3 % gesunken waren. Gebremst wird der Anstieg durch einen leichten Rückgang der monetären Sozialleistungen. So dürften die Leistungen der Bundesagentur für Arbeit an die privaten Haushalte tendenziell sinken und die Renten stagnieren zum dritten Mal in Folge. Trotzdem steigen die verfügbaren Einkommen nominal um voraussichtlich knapp 2 %. Dies liegt wesentlich an den lebhaft expandierenden Selbständigen- und Vermögenseinkommen, die gut ein Drittel der verfügbaren Einkommen ausmachen. Aufgrund der zu erwartenden Vorzieheffekte durch die geplante Erhöhung der Mehrwertsteuersätze um drei Prozentpunkte zu Jahresbeginn 2007 dürfte die Sparquote nicht weiter zulegen, sondern eher rückläufig sein. Unter Berücksichtigung der Preissteigerung von etwa 1,5 % in diesem Jahr werden die Konsumausgaben damit 2006 um schätzungsweise 0,5 % zulegen.

Die Vorzieheffekte in diesem Jahr führen 2007 zu entsprechenden Nachfrageausfällen. Damit muss trotz der anhaltenden Besserung am Arbeitsmarkt mit einer Stagnation der Konsumausgaben gerechnet werden. Impulse für die deutsche Wirtschaft gehen 2007 weiterhin von der Weltwirtschaft aus. Auch die Investitionstätigkeit bleibt lebhaft. Insgesamt muss 2007 mit einer vorübergehenden Abschwächung des Wirtschaftswachstums auf 1,2 % gerechnet werden. Die mittelfristigen Perspektiven bessern sich aber wegen der erwähnten strukturellen Veränderungen.

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Über den Experten

Alexander Paulus
Alexander Paulus
Technischer Analyst und Trader

Alexander Paulus kam zunächst über Börsenspiele in der Schule mit der Börse in Kontakt. 1997 kaufte er sich seine erste Aktie. Nach einigen Glückstreffern schmolz aber in der Asienkrise 1998 der Depotbestand auf Null. Da ihm das nicht noch einmal passieren sollte, beschäftigte er sich mit der klassischen Charttechnik und veröffentlichte seine Analysen in verschiedenen Foren. Über eine Zwischenstation kam er im April 2004 zur stock3 AG (damals BörseGo AG) und veröffentlicht seitdem seine Analysen auf stock3.com (ehemals GodmodeTrader.de)

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