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15:09 Uhr, 16.01.2004

K: Amerika "boomt" - und niemand merkt was davon

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Externe Quelle: Ralf Flierl / Smart Investor Magazin / Storfner@goingpublic.de

Amerika "boomt" - und niemand merkt was davon

Anders als in den Vorjahren werden wir dieses Mal keinen überdimensionierten Jahresausblick geben. Diesen können Sie für den Dax im letzten Heft nachlesen (Kostenloses Kennenlern-Abo: www.smartinvestor.de/abo). Auch im nächsten Heft, welches am 31. Januar erscheinen wird, werden wir uns wieder über die möglichen Entwicklungen im Jahr 2004 Gedanken machen. Und eines gleich vorab: Unserer Ansicht nach wird 2004 nicht so positiv verlaufen, wie inzwischen schon wieder vielerorts vermutet wird. Unser Kursziel für den Dax zum 31.12.2004 lautet auf 3.200 Punkte, und damit liegen wir wieder deutlich unterhalb der Konsensus-Schätzung von ca. 4.400 Punkten. Und Sie können es sich ja denken: In dieser Außenseiter-Position fühlen wir uns noch nicht einmal unwohl, ganz im Gegenteil. Allerdings sehen wir gemäß der im Smart Investor-Heft 1/2004 auf Seite 28 abgebildeten Verlaufsprognose für das erste Halbjahr ein Schwanken der Aktienmärkte auf relativ hohem Niveau, wobei aus unserer Sicht im Dax in der Spitze durchaus Kurse von 4.500 Punkten erreicht werden können (idealerweise während März oder April). Und demnach wird es erst im zweiten Halbjahr zu einem deutlichen Rückgang kommen. Das wahre Drama aber wird sich - so wir recht bekommen - allerdings erst im Jahr 2005 entfalten. Dann sollten die Aktienmärkte wieder in den Sturzflug übergehen. Wie wir auf all diese Ideen kommen? Nun, es handelt sich dabei um einen Analyse-Mix, der sich aus Zyklen- und Sentiment-Betrachtungen, fundamentalen und ökonomischen Überlegungen und Chartanalogien (= Vergleich von zwei Kursverläufen zu verschiedenen Zeiten) zusammensetzt. Die einzelnen Punkte haben wir an dieser Stelle oder aber detailliert im Smart Investor-Magazin ausführlich erörtert.

Boom oder nicht Boom?

Ist das wirklich eine Frage? Wie wir in den letzten Wochen des vergangenen Jahres im SIW (= Smart Investor Weekly), aber vor allem auch im Heft immer und immer wieder festgestellt haben, schenken wir den US-Wachstumszahlen keinen großen Glauben. Diese ominösen 8,2 % für das 3. Quartal hatten wir von Anfang an angezweifelt. Die Trickserei, die sich dahinter verbirgt, ist so offensichtlich, daß man sich fragen muß, wie die Journalisten und Analysten landauf und landab diese Zahlen überhaupt ernst nehmen können. Würden die USA tatsächlich mit 8 oder auch nur mit 4 oder 5 % p.a. wachsen, so wie es für das laufende Jahr prognostiziert wird, dann wäre Amerika durchaus vergleichbar mit einem Emerging Market. Bei einem Wachstum von 4 bis 5 % brummt die Wirtschaft regelrecht, und man hört es förmlich an jede Ecke "knistern". Genau dieses aber konnte ich bei meinem letzten USA-Besuch im September (also im 3. Quartal) nun wirklich nicht feststellen. Da fragt man sich natürlich als nachdenklicher Mensch, ob man vielleicht etwas übersehen hat, ob man vielleicht die falschen Städte besucht oder mit den falschen Leuten gesprochen hat oder ob man überhaupt Tomaten auf den Augen hatte (womöglich sogar genmanipulierte). Diese Zweifel quälten mich bis letzten Freitag - seitdem habe ich Gewißheit: Mein Vorort-Eindruck von der US-Wirtschaft war völlig richtig, und die Statistiken sind es, die einen falschen Eindruck vermitteln, denn: Wie um alles in der Welt soll es denn funktionieren, daß eine so stark wachsende Wirtschaft (wie uns suggeriert wird) so komplett am Arbeitsmarkt vorbei-boomt? Schließlich hatten doch auch die Analysten im Durchschnitt eine Zunahme bei den Stellen von mehr als 130.000 prognostiziert. Sie haben sich - um genau zu sein - um 99,2 % verschätzt, denn in den riesigen "boomenden" USA wurden im 4. Quartal genau 1.000 Stellen geschaffen (vorläufige Daten). Das ist doch ein Witz!

Weismacherei

Auch die Aussagen deutscher Unternehmenslenker müssen schon seit vielen Monaten stutzig machen. Immer wieder weisen sie darauf hin, daß ihre Ergebnisse viel besser ausgefallen wären, wenn nicht das USA-Geschäft so schleppend verlaufen würde, so geschehen bei BASF und bei Adidas. Sehr bezeichnend war auch die Aussage von VW-Chef Bernd Pischetsrieder auf der jüngst zuende gegangenen Detroit Motor Show: "Ich erlebe das erste Mal, daß ein Aufschwung überall stattfindet, nur nicht in den Auftragsbüchern". Tja, Herr Pischetsrieder, hätten Sie mal den Smart Investor gelesen, dann wüßten Sie, warum. Natürlich könnte man nun den schwachen Dollar respektive den starken Euro als einen Grund anführen, sicherlich. Wie die Arbeitsmarktzahlen aber zeigen, gibt es aber eben auch einen anderen viel schwerwiegenderen Grund: Die USA wachsen bei weitem nicht in dem Ausmaß, wie es uns die Statistiken weismachen wollen.

Pit Bull Market

In den vergangenen Wochen hatte ich viele Gelegenheiten, mit Kollegen, Lesern und Bekannten über die Märkte zu sprechen. Immer wieder kamen dabei Bemerkungen seitens meiner Gesprächspartner wie z.B.: "Ich verstehe nicht, warum die Aktien so hoch steigen, der schwache Dollar und die teilweise schon wieder hohen Bewertungen sprechen doch dagegen". Die Antwort darauf ist so einfach wie für den logisch denkenden Leser sicherlich auch unbefriedigend, denn: Unserer Ansicht nach gibt es für den Aufschwung an den westlichen Aktienmärkten keine nachhaltigen fundamentalen Gründe und insofern nehmen wir auch das Wort "Hausse" ganz bewußt nicht in den Mund. Wir haben von Anfang an (wir haben an dieser Stelle das Tief fast auf den Tag genau ausgelotet) immer davon gesprochen, daß eine große Aufwärtsbewegung anstehen wird, die aber Rally-und eben keinen Hausse-Charakter haben wird. Dabei bleibt es auch. Wir sprechen in diesem Zusammenhang vom "Pit Bull Market", einer zeitlich sehr langgezogenen Aufwärtsbewegung, die aber qualitativ als Rally einzustufen ist (wohingegen eine klassische Rally nur eine Dauer von 4 bis 12 Wochen hat). Dieser "Pit Bull Market" wird unserer Ansicht nach in diesem Jahr zu Ende gehen. Wie gesagt halten wir unter zyklischen Gesichtspunkt das Frühjahr (März / April, vielleicht Mai) dafür geeignet, wobei das Kurshoch bei den wichtigsten Indizes durchaus noch etwas über den letzten Hochs liegen könnten. Insofern gehen wir also auch davon aus, daß der Konjunkturaufschwung, der nun überall in den Medien propagiert wird, entzaubert wird bzw. als weit weniger stark und nachhaltig entlarvt wird, als dies die meisten Beobachter momentan noch für möglich halten. Zu deutsch: Wer bis jetzt den Aktienaufschwung verpaßt hat, dem raten wir, auch auf die letzten Meter hin nicht mehr auf den Zug aufzuspringen, zumindest was die westlichen Aktienmärkte anbelangt (Spezialsituationen bleiben davon natürlich unberührt). Warum die Aktienmärkte also steigen, hat weniger mit logischen als vielmehr mit technischen Gründen zu tun (Short Squeeze).

NUR EINE RALLY, KEINE HAUSSE !

Aber warum betonen wir dies so penetrant? Weil es eben einen alles entscheidenden Unterschied für eine Investmentstrategie macht: Wäre die Hausse-Theorie richtig, so müßten wir uns nun auf breiter Front langfristig an den Märkten engagieren und am besten Schlaftabletten schlucken, damit wir in einigen Jahren als reiche Menschen wieder aufwachen. Stimmt unsere Rally- bzw. "Pit Bull Market"-Theorie, dann kann man zwar jetzt noch engagiert sein (in unserem Musterdepot liegt der Investitionsgrad bei ca. 85 %), muß sich aber mit dem Gedanken anfreunden, sich demnächst von einigen Positionen zu verabschieden, dann vermehrt Cash zu halten oder aber vielleicht sogar in begrenztem Umfang eine Short-Strategie zu fahren. Wirklich dramatische Einbrüche sehen wir aber erst in der zweiten Jahreshälfte und vor allem im Jahr 2005. Wir werden im Rahmen des Smart Investor-Musterdepots zu gegebener Zeit eine geeignete Absicherungsstrategie vorstellen.

Alles hat seine Zeit

Immer wieder erreichen uns Leserzuschriften, in denen wir nach Nachkauflimits für unsere Empfehlungen gefragt werden. Es tut mir leid, es in dieser Deutlichkeit sagen zu müssen: Es gibt für alles eine Zeit, und momentan ist nicht die Zeit, sich längerfristig zu positionieren, wobei ich eine Ausnahme machen möchte, nämlich beim Edelmetallsektor. Dies ist der einzige, bei dem wir auf Sicht vieler Jahre nachhaltige Aufwärtstrends vermuten. Selbst in Asien, wo wir seit Frühjahr dieses Jahres sehr positiv waren, sollte man ruhig einmal ans Verkaufen denken, wenngleich man sich bis zur tatsächlichen Verkaufs-Transaktion vermutlich noch etwas Zeit lassen kann. Die Überhitzungserscheinungen z.B. in Thailand sprechen dafür, daß es hier in absehbarer Zeit zu deutlicheren Korrekturen kommen wird.

Zur kurzfristigen Entwicklung:

Im letzten SIW noch vor Weihnachten waren wir davon ausgegangen, daß es zu einer mehrwöchigen Abwärtsbewegung an den Aktienmärkten kommen könnte, bevor das Finale des "Pit Bull Markets" eingeleitet wird. Hier haben wir uns offensichtlich etwas zu früh aus dem Fenster gelehnt. Allerdings entspricht es nach wie vor unserer Auffassung, daß Dax und Dow deutlich korrigieren werden, bevor sie ihre endgültigen Hochs im März / April erklimmen werden. Charttechnisch sind nämlich momentan Gefahren auszumachen, die nicht unterschätzt werden sollten. Die Abbildung zeigt den Kursverlauf des Dax während der vergangenen eineinhalb Monate (Stundenchart). Dort ist auch die von uns Mitte Dezember angesprochene Keilformation durch rote Linien verdeutlicht, welche jedoch zum Jahresende hin nach oben verlassen wurde (und nicht - wie von uns vermutet - nach unten). Allerdings kam der Aufschwung im neuen Jahr ins Stocken und - was uns nun wirklich stutzig macht - es droht sogar ein Bruch der oberen Keilbegrenzungslinie. Wie die vielen Berührungspunkte (durch kleine Halbkreise im Chart verdeutlicht) belegen, ist diese Trendlinie für den Dax von nicht zu unterschätzender Wichtigkeit, weshalb wir uns zu folgender Aussage hinreißen lassen: Ein Unterbieten dieser Trendlinie legt nahe, daß der Ausbruch rückgängig gemacht wird im Sinne eines Überschießens mit anschließendem deutlichen Kursrückgang. Obendrein erweckt die Kursbewegung seit Ende Dezember den Eindruck einer möglichen oberen Umkehr (eventuell SKS). All dies ist nur eine Vermutung, welche sich jedoch bei einem Dax-Schlußkurs unter 3.980 erhärtet.

Fazit:

Ganz kurzfristig sind zwar mögliche Gefahren nicht auszuschließen - womöglich auch im Zusammenhang mit einer Wende beim Dollar -, allerdings gehen wir davon aus, daß das endgültige Aktienhoch erst in zwei bis vier Monaten erreicht wird. Im Musterdepot nehmen wir in dieser Woche keine Veränderungen vor.

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