Kommentar
10:28 Uhr, 24.07.2025

Jetzt rückt für Unternehmen die Zolloptimierung in den Vordergrund

Bald sind alle Handelsdeals vermutlich durch, 15 % Basiszoll ist das neue Normal. Aber 15 % auf was genau?

Die Fähigkeit, die Auswirkungen explodierender Zollsätze zu analysieren und strategisch gegenzusteuern, wird zu einem wichtigen Wettbewerbsfaktor für Unternehmen.

Die unterschätzte strategische Bedeutung

In vielen Führungsetagen wurde die Zollabwicklung lange Zeit nicht als strategisches Instrument, sondern lediglich als administrativer Kostenfaktor betrachtet. Diese Fehleinschätzung erweist sich in der aktuellen Lage als problematisch. Zölle wurden häufig nur als Kostenblock wahrgenommen und ihre "Hebelwirkung" unterschätzt. Dabei biete gerade das Zollrecht erhebliche Potenziale für langfristige Einsparungen, die weit über die reine Reaktion auf neue Strafzölle hinausgehen.

Fehlende Daten

Eine der größten Hürden für Unternehmen ist die schiere Komplexität der Zollvorschriften und deren dynamische Entwicklung. Die größte und unerwartete Schwierigkeit liegt jedoch oft im eigenen Haus: mangelnde Datenverfügbarkeit. Oftmals haben Unternehmen nicht mal einen Überblick darüber, welche Zollsätze auf ihre Produkte in den einzelnen Ländern Anwendung finden. Diese Datenlücke hat gravierende Folgen. Ohne eine solide Datengrundlage können Unternehmen die finanziellen Auswirkungen von Zolländerungen nicht simulieren und somit keine fundierten unternehmerischen Entscheidungen treffen, um ihre Lieferketten oder Preisstrategien anzupassen.

Strategien zur Reduzierung der Zollbelastung

Um den finanziellen Druck zu mindern, setzen Unternehmen vermehrt auf eine tiefgehende Analyse ihrer Lieferketten und Zollprozesse. Ziel ist es, die Zollbelastung aktiv zu senken, sei es durch die Nutzung spezifischer Regularien oder durch eine Reduktion des Zollwertes, der als Bemessungsgrundlage dient. Der Prozess beginnt typischerweise mit einer detaillierten "Impact-Analyse", um die konkreten Belastungen zu identifizieren. Anschließend werden Optimierungsmöglichkeiten geprüft. Hierzu zählt etwa die Anwendung der "First Sale for Export Rule" im Handel mit den USA oder die Herausrechnung von geistigem Eigentum aus dem Warenwert ("IP-Unbundling").

Ein weiterer zentraler Aspekt ist der nichtpräferenzielle Ursprung einer Ware (der handelspolitische Ursprung = welchem Land wird eine Ware wirtschaftlich zugeordnet), dessen Bestimmung je nach Zielland variiert. Eine solche Optimierung erfordert einen ganzheitlichen Ansatz. Nur so kann sichergestellt werden, dass alle rechtlichen und steuerlichen Aspekte berücksichtigt und Risiken vermieden werden.

15 % Zoll heißt nicht 15% höherer Preis

Die Zölle werden auf den Zollwert erhoben, der gestaltbar ist. Die Auswirkung auf den Endverkaufspreis ist je nach Produkt auch sehr deutlich niedriger.

Angenommen eine Ware, für die der Importeur 100 USD zahlt, kostet normalerweise 200 USD vor Verbrauchssteuern für den Endkunden. Unterstellen wir ferner, dass diese 100 USD auch mit dem Zollwert identisch ist, obwohl dieser auch deutlich geringer ausfallen kann.

Will der Händler seine absolute Marge beibehalten, dann muss er den Preis um 15 USD erhöhen. Die Auswirkung auf den Endpreis: 7,5 % vor der Umsatzsteuer, in den USA die "Sales and Use Tax", die von jedem Bundesstaat separat festgelegt wird.

In der Realität gibt es natürlich häufig geringere Aufschläge auf den Importpreis (z.B. bei Autos), aber durchaus auch noch höhere. Die Praxis wird darauf hinauslaufen, dass die Marge leicht sinken wird, und dadurch der Preiszuschlag und damit auch der inflationäre Effekt etwas geringer ausfällt.

Gewinner dieser Entwicklung sind mit Sicherheit Unternehmensberatungen. Mit Zolloptimierung zu werben ist jetzt ein Nobrainer. Aber der Kampf mit den Zollbehörden ist auch nicht zu unterschätzen. Wenn man es zu bunt treibt, muss man zur Strafe sogar mehr verzollen als eigentlich nötig.

1 Kommentar

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen
  • masi123
    masi123

    Japanische Autobauer haben es schon vorgemacht. Man senkt den Importpreise um 20 %, also im Beispiel von 100 USD auf 80 USD und zahlt darauf den Zoll von 15 % also 12 USD. Der Verkaufspreis (200 USD) muss dann also "nur" um 6 % erhöht, werden um den gleichen Preis zu erzielen. Als Nebeneffekt wird zusätzlich noch ein Teil des Gewinns in die USA verlagert, was aus steuerlichen Gründen vielleicht auch erwünscht ist. Leidtragende sind die Exportnationen (Steuerausfall), also z. B. Japan oder Deutschland und die amerikanischen Verbraucher (höhere Preise).

    10:48 Uhr, 24.07.