Kommentar
11:49 Uhr, 27.01.2006

Japan: Zeichen stehen auf steigende Preise

1. Nachdem von der Konjunktur die guten Zahlen fast nicht abreißen, gibt es nun endlich auch Ermunterndes von der Inflationsseite. Der nationale Verbraucherpreisindex stieg im Dezember mit 0,2 % mom (sb) etwas stärker als erwartet. Im Jahresvergleich verlangsamte sich der Rückgang der Verbraucherpreise daher auf nur noch -0,1 % nach immerhin -0,8 % im November. Der Kernverbraucherpreisindex, der die volatile Komponente „frische Lebensmittel“ ausklammert, lag genau auf dem Vormonatsniveau und wies damit einen Anstieg um 0,1 % yoy auf. Sowohl die Stabilisierung der Kerninflationsrate als auch der Anstieg der Gesamtinflation verdeutlichen den Trend einer allmählichen Reflationierung der japanischen Wirtschaft.

2. Die Detailergebnisse der einzelnen Komponenten des nationalen Verbraucherpreisindex zeigen, dass für den verlangsamten Rückgang der Gesamtinflation insbesondere, so paradox es auch klingt, die Verlangsamung des Rückgangs der Kosten für „frische Lebensmittel“ (-7,5 % yoy) verantwortlich ist. Noch im November waren sie um satte 16,8 % yoy gefallen. Diese Entwicklung bei den frischen Lebensmitteln hat auch dazu geführt, dass die gesamten Kosten für „Lebensmittel“ im Dezember lediglich um 1,6 % yoy fielen. Die für die Region Tokio bereits für den Januar 2006 vorliegenden Daten deuten an, dass sich diese Tendenz auch auf nationaler Ebene fortsetzen sollte. Im Tokio-Verbraucherpreisindex verteuerten sich die frischen Lebensmittel um 17,2 % mom bzw. 3,9 % yoy. Darüber hinaus stiegen auch andere Komponenten im Großraum Tokio kräftig an, insbesondere Heizung, Strom und Wasser mit 2,8 % yoy, sodass im Januar auch auf nationaler Ebene die Gesamtinflationsrate wieder im positiven Bereich liegen sollte.

3. Da bei der Berechnung der Kernrate die volatilen Preise für frische Lebensmittel nicht berücksichtigt werden, sorgten weiterhin sehr gegenläufige Entwicklungen der übrigen Komponenten für einen leichten Anstieg der Kernrate im Vorjahresvergleich. Rückläufig waren weiterhin die Preise für „Haushaltswaren“ (-1,9 % yoy), „Bücher und Freizeit“ (-0,7 % yoy), „Gesundheit“ (-0,3 % yoy). Dagegen stiegen die Kosten in den Bereichen „Bildung“ (+0,7 % yoy), „Bekleidung und Schuhe“ (+0,6 % yoy) und „Wohnungsnutzung“ (+0,3 % yoy). Steigende Energiepreise sowie das Auslaufen der der im vergangenen Jahr erfolgten Preissenkungen im Energiebereich, die auf Deregulierungen zurückzuführen waren, sorgen in den Unterkomponenten „Heizung, Strom und Wasser“ (+1,6 % yoy) sowie „Transport und Kommunikation“ (+0,8 % yoy) für die kräftigsten Preisanstiege.

4. Vorgestern hat die Bank of Japan (BoJ) die Protokolle ihrer Sitzung vom 15./16. Dezember herausgegeben. Weiterhin soll den Märkten genau erklärt werden, dass von einer Abkehr von der Politik der quantitativen Lockerung keine dramatischen Folgen für die Wirtschaft ausgingen. Obwohl der weitere Pfad der Geldpolitik von der Entwicklung der Konjunktur und Inflation abhängt, könnten Marktteilnehmer ungeachtet der wirtschaftlichen Lage ein Festhalten an der extrem lockeren Geldpolitik erwarten. Wir interpretieren diese Aussage dahingehend, dass sich die BoJ hier in der Pflicht sieht, die Märkte von dieser Einschätzung abzubringen. Daher halten wir an unserer Einschätzung fest, wonach die BoJ frühestens ab dem zweiten Quartal 2006 damit beginnen wird, die Liquiditätsversorgung von derzeit 30 bis 35 Bio. Yen sukzessive auf die Mindestreserve von ca. 6 Bio. Yen zurückzuführen.

5. Darüber hinaus hat die BoJ über die Einführung eines Inflationsziels diskutiert. Ein Mitglied sagte, dies schaffe einen Anker für die Inflationserwartungen der Wirtschaftssubjekte. Dagegen argumentierten andere Mitglieder, dass die Einführung eines Inflationsziels, das die Öffentlichkeit nicht verstehe, der Flexibilität der Geldpolitik schaden würde. Zudem würde ein zu hoch angesetztes Inflationsziel die Renditen in die Höhe treiben. Die BoJ scheut also weiter einen konkreten, messbaren Referenzwert für die Inflationsrate. Dies ist zwar im Hinblick auf die jüngsten Drohungen aus der Regierung verständlich, wäre aus Sicht der Kommunikation mit den Finanzmärkten aber wünschenswert.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 130 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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