Kommentar
11:37 Uhr, 13.08.2004

Japan: Wirtschaftswachstum enttäuscht

1. Das Bruttoinlandsprodukt ist in Japan im zweiten Quartal nach vorläufigen Angaben völlig unerwartet nur um 0,4 % gegenüber dem Vorquartal gestiegen (Bloomberg-Umfrage: 1,0 %; DekaBank: 1,1 %). Wie so oft war die Spannbreite der Prognosen in der Bloomberg-Umfrage groß: Sie reichte von 0,3 % bis 1,5 %. Die Statistiker haben sich bei der Aufbereitung dieser Daten sicherlich Mühe gegeben, aber wohl doch Probleme bei der Saisonbereinigung des Schaltjahreffektes gehabt. Der zusätzliche Arbeitstag im Februar lässt das Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal überzeichnet erscheinen (der bisher gemeldete Zuwachs von 1,5 % gegenüber dem Vorquartal wurde sogar noch auf 1,6 % nach oben revidiert). Dieser Effekt trägt zu dem geringeren Anstieg im zweiten Quartal als Rückprall bei. Wie schon in den letzten Quartalen blendet die "reale" Sicht, denn der starke Produktionsanstieg ist einmal mehr dem rückläufigen Preisniveau geschuldet, der BIP-Deflator unterschritt seinen Vorjahresstand klar um 2,6 %. Erstmals seit dem ersten Quartal 2003 gab es damit "nominal" (in laufenden Preisen) wieder einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts, und zwar um 0,3 % gegenüber dem Vorquartal.

2. Überraschungen boten die heutigen Daten auch hinsichtlich der treibenden Kräfte im zweiten Quartal: Anders als erwartet fiel die Steigerung der privaten Konsumausgaben um 0,6 % nochmals kräftig aus. Aufgrund seines großen Gewichts am Bruttoinlandsprodukt von etwa 55 % hat der Konsum der privaten Haushalte immerhin einen Wachstumsbeitrag von 0,3 Prozentpunkten generiert. Demgegenüber hatte man sich von den Unternehmensinvestitionen mehr versprochen. In der Befragung der Notenbank (Tankan- Bericht) sowie aufgrund der positiven Entwicklung der Auftragseingänge hatte sich diese Investitionsdelle nicht abgezeichnet. Verlässlich ist die unveränderte Abhängigkeit von der Auslandsnachfrage. Der Anstieg der Exporte fiel mit 3,5 % erneut stark aus. Angesichts der weniger stark erhöhten Importe (2,0 %) konnte der Außenbeitrag einen spürbaren positiven Wachstumsbeitrag von 0,3 Prozentpunkten liefern.

3. Weder für die Prognostiker noch für die japanischen Finanzmarktteilnehmer gab es heute etwas zu lachen. Nach der Bekanntgabe der enttäuschenden Zahlen gaben die Renditen für 10-jährige Staatsanleihen nach und der Nikkei ging in die Knie. Doch selten wird etwas so heiß gegessen, wie es gekocht wurde: Da dem Statistikamt ESRI für die erste Schätzung des Bruttoinlandsprodukts insbesondere für die Bruttoanlageinvestitionen noch wenig Informationen vorliegen, kann es durchaus in der zweiten Veröffentlichung am 10. September noch zu einer Aufwärtsrevision der Daten kommen. Die für die gewerblichen Investitionen relevante Umfrage des Finanzministeriums wird am 6. September bekannt gegeben. Zudem geht ein Teil der Schwäche des zweiten Quartals auf den oben genannten Schaltjahreseffekt zurück.

4. Die derzeit eher gemischten Konjunkturindikatoren bestätigen uns in der Annahme, dass das Wachstum in Japan in den nächsten Quartalen zwar wieder in moderateren Bahnen verläuft, aber weiterhin ganz passabel ausfallen wird. Die von außen angetriebene Dynamik wird etwas nachlassen, dafür kommen die Binnenkräfte etwas mehr zum Tragen. Wir bleiben daher bei unserer BIP-Prognose für 2004 von 4,4 %, die Prognose für 2005 haben wir leicht nach unten genommen von 2,3 % auf 2,2 %.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 130 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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