Kommentar
08:32 Uhr, 01.02.2018

JAPAN - Vorsicht! Nicht die Druckerpresse zu früh abschalten!

Die japanische Notenbank behauptet zwar, dass sie an ihrer Politik festhält, doch die Fakten sprechen eine andere Sprache: die effektiven Wertpapierkäufe wurden bereits halbiert. Das könnte zu früh sein.

Japan hat einen großen Schritt nach vorne gemacht. Seit Beginn der Abenomics (QE, Konjunkturprogramm, Reformen) hat sich die Wirtschaftsleistung geradezu prächtig entwickelt. Das gleiche kann man leider auch von den Staatsschulden sagen. Diese steigen fast im gleichen Tempo weiter wie bisher.

Ziel der Wirtschafts- und Geldpolitik war eine Reflationierung des Landes. Die Rückkehr der Inflation ist kein Selbstzweck. Sie wird gebraucht, um unter anderem die Schulden abzubauen und die Wirtschaft in Gang zu bringen.

Wieso man Inflation braucht, um die Wirtschaft in Gang zu bringen, ist vielleicht nicht sofort ersichtlich. Vieles hängt hier mit der Investitionsbereitschaft und den Schulden zusammen. Japans Wirtschaftsleistung stieg real auch in der Zeit der Deflation. Das lag allerdings nicht daran, dass wesentlich mehr produziert wurde, sondern vielmehr daran, dass die Preise fielen.

Betrachtet man das nominale BIP (siehe Grafik) im Vergleich, so ist dieses seit 20 Jahren stabil. Bis 2009 ging die Wirtschaftsleistung sogar zurück. Seit Beginn von QE steigt sie wieder und erreichte Mitte 2017 ein neues Hoch.

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Japan produziert deswegen immer noch nicht wesentlich mehr. Der Punkt ist aber auch nicht die Produktionsmenge, sondern der Geldbetrag, den Unternehmen und Staat einnehmen. Unternehmen, Bürger und Staat nehmen Schulden auf, um zu investieren oder notwendige Ausgaben zu bestreiten. Sinken die Preise bei mehr oder minder gleichbleibender Produktion, steigt der Verschuldungsgrad.

Das macht Investitionen und Konsumausgaben unattraktiv. Wieso sollte ein Unternehmen seine Maschinen ersetzen und modernisieren, wenn der Ersatz in wenigen Jahren gleich 5 % weniger kostet. Wer bei sinkenden Preisen Schulden aufnimmt, um zu investieren, geht ein hohes Risiko ein.

Ähnlich geht es Konsumenten. Es macht überhaupt keinen Sinn, sich gerade jetzt einen neuen Fernseher zu kaufen, wenn dieser in zwei Jahren deutlich günstiger ist. Sinkende Preise führen zu Sparsamkeit an allen Stellen der Wirtschaft, ob bei Konsumenten oder Unternehmen. Lediglich der Staat kann seine Ausgaben nicht einfach streichen.

Da Regierungen fast immer mehr ausgeben als sie einnehmen und so Jahr um Jahr neue Schulden aufnehmen, steigt bei sinkenden Preisen die Verschuldung überproportional schnell an. Mit einer Verschuldung von fast 250 % der Wirtschaftsleistung ist Japan weltweit absoluter Spitzenreiter. Zum Problem ist das bisher nicht geworden, doch irgendwann ist selbst in Japan das Fass zum Überlaufen voll.

Der Plan der Abenomics war einfach wie brillant: Währung abwerten, dadurch die Wirtschaft und Inflation ankurbeln, sodass sich Investitionen wieder lohnen. Der Staat nimmt mehr ein und kann ohne neue Schulden mehr ausgeben – ein positiver Kreislauf.

Nun gibt die Notenbank weniger Gas, der Yen wertet auf und die Inflation ist immer noch moderat. Ein zu frühes Zurückrudern kann das ganze Experiment noch scheitern lassen und zurück in den Teufelskreis aus sinkenden Preisen und steigenden Schulden führen.

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4 Kommentare

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  • thomas84
    thomas84

    holdri hog bei Nikkei 22200 bin ich froh

    14:05 Uhr, 01.02.2018
  • trunki
    trunki

    "Wieso sollte ein Unternehmen seine Maschinen ersetzen und modernisieren, wenn der Ersatz in wenigen Jahren gleich 5 % weniger kostet."

    Was für eine erbärmliche (Lehrbuch-):Definition von Deflation. Das glaubt ja nicht einmal mehr Oma Erna?

    Hoffentlich lebt die Schwäbische Hausfrau in den Köpfen der Mainstreamökonomen ewig.

    12:15 Uhr, 01.02.2018
  • Bigdogg
    Bigdogg

    Währung abwerten - einfach und brilliant -)) ich kann nicht mehr...

    10:55 Uhr, 01.02.2018
  • einfach
    einfach

    die boj fährt zur zeit ein dynamisches ankaufprogramm der anleihen mit einer kaufmenge die an den kurswert der anleihe in höhe von 0,1% gekoppelt ist.

    mit dieser strategie ist eine verschuldung bis 400% des bips fahrbar ohne dass der zinsdienst zu teuer wird.

    die staastverschuldung wird ohne einen stop bei der bevölkerungsreduzierung kein ende finden, ob dass nun jährlich 4 oder 6% sind spielt, solange überschüsse erzeugt werden keine rolle, da, falls der markt bei der verschuldung nicht in voller höhe mitzieht die boj wie schon in der vergangenheit einspringt.

    09:29 Uhr, 01.02.2018

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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