Kommentar
15:07 Uhr, 01.07.2005

Japan: Unternehmensstimmung besser als erwartet

1. Der heute Morgen in Japan veröffentlichte Tankan-Bericht für das dritte Quartal überraschte positiv. Sowohl bei den großen Industrieunternehmen als auch bei den großen Dienstleistungsunternehmen war ein deutlicher Anstieg gegenüber dem Vorquartal zu verzeichnen. Die Stimmung bei ersteren verbesserte sich von 14 auf aktuell 18 Indexpunkte. Sowohl wir als auch die von Bloomberg befragten Volkswirte hatten mit einem etwas geringeren Anstieg auf 15 bzw. 16 Indexpunkte gerechnet. Ähnlich stark fiel der Anstieg bei den großen Dienstleistungsunternehmen aus, wo ein Plus von 4 Indexpunkten auf aktuell 15 Indexpunkte zu verzeichnen war (Bloomberg-Median: 12; DekaBank: 13).

Am positivsten überraschte der deutliche Anstieg bei den großen Industrieunternehmen, denn die jüngsten Indikatoren wie beispielsweise die Industrieproduktion sowie die Exportentwicklung hatten für dieses Segment ein etwas trüberes Bild gezeichnet. Der Anstieg bei den Dienstleistungsunternehmen hingegen bestätigt die Entwicklung der vergangenen Monate, wonach die Binnenwirtschaft klar an Dynamik zulegen konnte. Was die Zukunft betrifft, so herrscht bei den japanischen Unternehmen aber dennoch ein gewisses Maß an Skepsis vor, denn der ebenfalls abgefragte Ausblick für das vierte Quartal deutet einen leichten Rückgang des Unternehmervertrauens an (große Industrieunternehmen: 17; große Dienstleistungsunternehmen 14).

2. Der Blick auf die zahlreichen Unterkategorien der Tankan-Umfrage zeichnet ebenfalls ein vergleichsweise optimistisches Bild. Trotz der jüngsten Exportschwäche haben vor allem die Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes ihre Investitionspläne noch einmal deutlich nach oben revidiert. Während noch im März ein Rückgang um 2,2 % im Fiskaljahr 2005 erwartet wurde, wird nun ein Anstieg um 5,4 % gegenüber dem Vorjahr prognostiziert. Zudem wurden die Gewinn- und Umsatzerwartungen für das zweite Halbjahr des Fiskaljahrs 2005 deutlich erhöht. Insofern rechnen wir auch in den nächsten Quartalen mit einer regen Investitionstätigkeit japanischer Unternehmen.

3. Neben dem Tankan-Bericht wurde heute auch noch eine Fülle von anderen Konjunkturindikatoren veröffentlicht, welche alles in allem recht günstig ausfielen. Vom Arbeitsmarkt sind weiterhin positive Signale zu vernehmen. Die Arbeitslosenquote sowie die Relation von offenen Stellen zu Bewerbern blieben zwar im Vergleich zum Vormonat unverändert bei 4,4 % bzw. 0,94 (ein Wert unter Eins bedeutet, dass es für die Bewerber zu wenig offene Stellen gibt). Tatsächlich wurden allerdings 420.000 neue Stellen geschaffen, und die Zahl der Erwerbspersonen stieg ebenfalls recht deutlich um 460.000 Personen. Dies kann als Zeichen gedeutet werden, dass sich die Situation am Arbeitsmarkt stetig verbessert und sich dadurch mehr Personen ermutigt fühlen, an den Arbeitsmarkt zurückzukehren. Bei den Haushaltsausgaben der Arbeiterhaushalte war hingegen ein leichter Rückgang um 1,4 % gegenüber dem Vormonat zu verzeichnen, was angesichts des kräftigen Anstiegs im April um 3,6 % mom jedoch kaum beunruhigt, da es sich größtenteils um einen Rückpralleffekt handeln dürfte. Insgesamt sprechen die jüngsten Indikatorenveröffentlichungen für eine anhaltende Erholung des privaten Konsums.

4. Die wichtigste Botschaft der heute veröffentlichten Daten ist mit Sicherheit jene, dass die Binnenkonjunktur langsam aber sicher die Rolle der Wachstumsstütze übernimmt. Während es in der Vergangenheit meist die rege Exporttätigkeit in Verbindung mit einem kräftigen weltwirtschaftlichen Wachstum war, die für leichte Wachstumsdynamik in Japan sorgte, so scheint die jüngste Exportschwäche durch eine Erholung der Binnennachfrage mehr als überkompensiert zu werden.

Anmerkung:
Die quartalsweise vorgenommene Tankan-Umfrage der japanischen Notenbank gilt als der wichtigste Indikator für die Stimmung der Unternehmen. Diesmal wurden insgesamt 10.316 Unternehmen aus allen Sektoren und mit verschiedener Größe befragt. Die Erhebung wurde im Zeitraum vom 30. Mai bis zum 30. Juni durchgeführt. Die Indizes werden jeweils berechnet als Differenz zwischen dem prozentualen Anteil der befragten Unternehmen, die optimistisch sind, und denen, die ihre Lage pessimistisch einschätzen. Es werden verschiedene Indizes berechnet, so für große und für kleine Unternehmen oder für Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes und für Dienstleistungsunternehmen.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 130 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

Mehr Experten