Kommentar
13:22 Uhr, 24.02.2016

Japan: Ist Premier Abe am Ende?

In Japan droht dem regierenden Premierminister Shinzo Abe eine schwere politische Niederlage. Bis Jahresende könnte es Neuwahlen geben.

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Als die Liberaldemokratische Partei unter Abe die Wahlen im Jahr 2012 gewann herrschte Aufbruchsstimmung. Als dann im März Haruhiko Kuroda den Posten des Zentralbankchefs übernahm, galt die Konstellation als perfekt. Abe und Kuroda galten als „Dream Team“, welches das Land wieder auf einen Wachstumspfad hieven sollte.

Abe konzipierte die Abenomics, die mit einer Kombination aus wirtschaftlichen Reformen und Geldpolitik das Land wieder auf Vordermann bringen sollte. Daraus wurde bisher nichts. Wirtschaftsreformen blieben aus. Nur die Geldpolitik tut alles, was sie nur tun kann. Die Wirkung der Geldpolitik ist jedoch mäßig erfolgreich.

Ursprünglich sollte die lockere Geldpolitik die Wirtschaftsreformen unterstützen und deren kurzfristige, negative Folgen dämpfen. Bisher wurden so gut wie keine Reformen angestoßen. Das einzige, was bisher umgesetzt wurde, war eine Mehrwertsteuererhöhung, die das Land in eine Rezession drängte. Aufgrund dieser negativen Erfahrung wurden alle anderen Reformen praktisch auf Eis gelegt.

Der Plan der Abenomics war gut, nur leider blieb es ein Plan auf einem Blatt Papier, der nie vollständig umgesetzt wurde. Inzwischen ist es auch zu spät noch Reformen anzustoßen. Die Geldpolitik ist inzwischen nicht mehr effektiv genug, um etwaige Reformen abzumildern.

Der Fehlschlag der Abenomics wird den Premierminister in diesem Jahr einholen. Im Sommer finden die Wahlen des Oberhauses des japanischen Parlaments statt. Bei diesen Wahlen wird die Hälfte der Abgeordneten gewählt, die dann 6 Jahre im Amt bleibt. Alle 3 Jahre wird die Hälfte der Politiker des Oberhauses neu gewählt.

Eine Niederlage für Abe zeichnet sich langsam ab. Dazu trägt nicht nur die Erfolglosigkeit der Abenomics bei, sondern auch Notenbankchef Kuroda. Die Absenkung der Zinsen in den negativen Bereich kam nicht gut an. Politiker aller Parteien sind brüskiert. Kuroda stritt nicht nur kurz vor der Zinssenkung ab, Negativzinsen als Option zu sehen und täuschte so Politiker, sondern verunsicherte auch die Bevölkerung.

Kuroda ist der Ansicht, dass geldpolitische Entscheidungen überraschend kommen müssen. Im Gegensatz zur US-Notenbank, die ihre Entscheidungen viele Monate im Voraus zu erklären beginnt, hat sich Kuroda zur Aufgabe gemacht, den Markt zu täuschen und zu überraschen. Bisher funktionierte dieser Ansatz. Nun hat es der Notenbankchef jedoch zu weit getrieben.

Kurz vor dem Zinsentscheid Ende Januar gab er Politikern offiziell Auskunft über seine Einschätzung und den Verlauf der Geldpolitik. Negativzinsen waren dabei kein Thema. Politiker sind über diese Täuschung brüskiert. Viel schlimmer ist jedoch die Reaktion der Bevölkerung auf die Negativzinsen. Sie wurden von diesem Schritt nicht nur überrascht, sondern auch zutiefst verunsichert.

Man hat sich in Japan daran gewöhnt, dass es keine Zinsen mehr gibt. Nun kursiert die Angst, dass Ersparnisse auf dem Konto weniger wert werden. Eine Weitergabe der Negativzinsen auf einen Teil der Überschussreserven der Banken an deren Kunden ist unwahrscheinlich. Es gilt jedoch nicht das, was wirklich ist, sondern das, was wahrgenommen wird.

Die Zinssenkung könnte aufgrund der öffentlichen Wahrnehmung mehr negative Konsequenzen als positive Folgen haben. Ein wichtiger Pfeiler der Geldpolitik ist es ja gerade die Bevölkerung und die Unternehmen von den positiven Zukunftsaussichten zu überzeugen. Sofern überhaupt jemals neues Vertrauen geschaffen wurde, wird dieses von der Zinssenkung nun untergraben. Der Zinsschritt wird als Verzweiflungstat gesehen.

Die Zuversicht von Bürgern und Unternehmen spiegeln sich vor allem in ihrer Investitionsbereitschaft wider. Wer optimistisch in die Zukunft blickt und an Wachstum glaubt, der investiert. Grafik 1 zeigt diese Zuversicht anhand der Investitionen der öffentlichen Hand und der Privatwirtschaft. Noch vor 20 Jahren machten Investitionen knapp 30 % des Bruttoinlandsproduktes aus. Heute sind es nur noch gut 20 %. Daran haben auch die lockere Geldpolitik und immer niedrigere Zinsen nichts geändert.

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Der Rückgang der Investitionen seit den 90er Jahren hat seine Spuren hinterlassen. Das Bruttoinlandsprodukt eines Landes ist ja nichts anderes als die Summe aus Investitionen, Konsumausgaben, Ausgaben der öffentlichen Hand sowie Nettoexporten (Exporte minus Importe). Ein Land hat also nur begrenzte Möglichkeiten, das BIP zu steigern. Konkret kann es Wachstum erzielen, indem die Investitionen, die Konsumausgaben oder die Nettoexporte gesteigert werden.

Die lockere Geldpolitik sollte die Zuversicht von Unternehmen steigern und zu höheren Investitionen führen. Dazu kam es kaum. Grafik 2 zeigt, wie gut die Abenomics bisher auf den Konsum gewirkt haben. Der Konsumanteil an der Wirtschaftsleistung geht seit Beginn der Abenomics rasch zurück. Man könnte fast auf die Idee kommen, dass die Abenomics einen negativen Effekt hatten.

Der Privatkonsum verliert für die Wirtschaftsleistung an Bedeutung. Das wird bis zu einem gewissen Grad durch die Ausgaben der öffentlichen Hand wettgemacht. Die Staatsausgaben steigen wie eh und je. Letztlich bedeutet das nichts anderes, als dass die Staatsverschuldung weiterhin ungebremst steigt.

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Die dritte Möglichkeit, um das BIP zu steigern, ist das Wachstum der Nettoexporte. Hier hatte Japan einige Erfolge vorzuweisen. Grafik 3 zeigt diese Fortschritte. Die Exporte konnten seit Beginn der ultralockeren Geldpolitik vor 3 Jahren steigen. Die Steigerung bleibt jedoch hinter den Erwartungen zurück. Rechnet man Währungseffekte aus den Daten heraus, dann sind die Exporte bestenfalls konstant geblieben, wahrscheinlich sind sie sogar geschrumpft.

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Die Importe Japans stiegen eine Zeit lang überproportional, weil das Land nach der Katastrophe von Fukushima auf fossile Energiequellen umsteigen musste. Mit der erneuten Inbetriebnahme von Reaktoren gehen diese Importe zurück, sodass die Nettoexporte unterm Strich steigen. Sie liefern immerhin einen Beitrag von über 2 % zum BIP.

Japanische Unternehmen haben durch die Yen-Abwertung rekordhohe Gewinne erzielt. Diese wurden nicht genutzt, um im Heimatland zu investieren. Ursprünglich war die Idee, dass Unternehmen wegen der Yen-Abwertung wieder einen Teil ihrer Produktion nach Japan zurückholen. Diese Erwartung hat sich bisher nicht erfüllt. Auch das zeigt wie gering die Zuversicht ist.

Die Gewinne investieren Unternehmen im Ausland. Das tun sie mit großem Enthusiasmus. Japanische Unternehmen geben hohe Milliardenbeträge für Fusionen und Übernahmen im Ausland aus. Auch Privatpersonen und Pensionsfonds investieren seit Jahren ihr Geld lieber im Ausland als daheim, um Rendite zu erzielen. Das führt seit Ende der Finanzkrise zu einem überproportionalen Wachstum der Einkünfte aus dem Ausland.

Grafik 4 zeigt wie viel von Japans Wirtschaftsleistung inzwischen aus den Einkommen aus Auslandsinvestitionen erzielt wird. Vor Beginn der Abenomics waren es 2,5 %, inzwischen sind es 5 %. Diese Einkommen ersetzen den Rückgang bei Investitionen und Konsum. Diese Einkommen sind im Prinzip der einzige Grund, weshalb Japan überhaupt noch Wirtschaftswachstum zeigt.

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Zwischen Ende 2012 und Ende 2015 stieg das japanische Bruttoinlandsprodukt um 87 Mrd. USD. Die Einnahmen aus Auslandsinvestitionen stiegen netto um 80 Mrd. Ohne die Reinvestition der Rekordgewinne im Ausland und der Erträge daraus würde Japan seit 3 Jahren wirtschaftlich überhaupt keinen Schritt mehr nach vorne machen. Auf Dauer ist die Steigerung des BIP durch Einkommenstransfer aus dem Ausland kein nachhaltiges Wirtschaftsmodell. Das wird auch Japanern immer deutlich. Zusammen mit der Brüskierung über die Negativzinsen kann das das Ende von Shinzo Abe als Premierminister bedeuten.

Lars Gottwik

Partner & COO JFD Brokers
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