Kommentar
11:03 Uhr, 30.06.2006

Japan: Inflationsanstieg getrieben durch Rohölpreise

1. Nachdem sich die Inflation seit Jahresbeginn im positiven Bereich stabilisiert hatte, brachte die Veröffentlichung der Inflationszahlen für den Mai eine deutliche Beschleunigung des saisonbereinigten Preisanstiegs um 0,3 % im Monatsvergleich. Damit stieg der nationale Verbraucherpreisindex von 0,5 % yoy im April auf 0,6 % yoy. Auch die Kernrate (Verbraucherpreise ohne die Komponente frische Lebensmittel) stieg auf 0,6 % yoy. Allerdings stammt der größte Inflationsbeitrag – wie schon in den beiden Vormonaten – von den Komponenten, die mit Rohöl bzw. Energie zu tun haben. Die zwei Unterkomponenten „Heizung, Strom und Wasser“ sowie „Transport und Kommunikation“ nehmen im CPI zusammen ein Gewicht von fast 20 % ein, sodass die Preisanstiege in diesen Bereichen im Mai mit 0,45 Prozentpunkten zum Anstieg des gesamten Verbraucherpreisindex beigetragen haben.

2. Die Detailergebnisse der einzelnen Komponenten des nationalen Verbraucherpreisindex zeigen, dass derzeit zum Anstieg der Gesamtinflation zwar weiterhin vor allem die Verteuerung all derjenigen Komponenten beiträgt, in die die gestiegenen Rohöl- und Energiepreise einfließen. Die Kosten für „Heizung, Strom und Wasser“ stiegen um 4,2 % yoy und auch die Preise im Bereich „Transport und Kommunikation“ legten um 1,3 % yoy zu. Weiterhin stiegen die Kosten in den Bereichen „Bekleidung und Schuhe“ (+0,5 % yoy), „Bildung“ (+0,7 % yoy), „Wohnungsnutzung“ (+0,4 % yoy), „Bücher und Freizeit“ (+0,4 % yoy) und „Sonstiges“ (+1,6 % yoy). Angestiegen waren zudem die Preise für „Lebensmittel“ (+0,2 % yoy), wozu in diesem Monat die Unterkomponente „frische Lebensmittel“ mit einem Plus von 2,1 % yoy beigetragen hat. Dagegen verbilligten sich lediglich die Preise für „Haushaltswaren“ (-1,8 % yoy) sowie „Gesundheit“ (-1,1% yoy).

3. Der Bank of Japan geben die heutigen Inflationszahlen völlige Handlungsfreiheit in ihrer Entscheidung, wann sie die Nullzinspolitik beenden will. Die Inflation stabilisiert sich zusehends im positiven Bereich. Sowohl der gesamte Verbraucherpreisindex als auch die von der BoJ besonders beachtete Kernrate steigen seit Januar 2006 kontinuierlich mit Jahresraten von rund 0,5 %. Trotz dieser willkommenen Reflationierung ist in Japan aber dennoch keine kräftige Aufwärtsdynamik in den Verbraucherpreisen zu erkennen. So weisen die bereits für den Monat Juni vorliegenden Inflationsdaten für den Großraum Tokio sogar einen Rückgang der Inflation im Vormonatsvergleich aus, obwohl von der Energiekomponente weiterhin ein preistreibender Einfluss ausgeht. Aus dem insgesamt weiterhin sehr moderaten Inflationsumfeld in Kombination mit unserem konjunkturellen Ausblick für den Rest des Jahres, in dem wir eine deutliche Abflachung der Dynamik erwarten, ergibt sich u.E. nicht zwingend die Notwendigkeit für die Bank of Japan, bereits im Juli die erste Zinsanhebung seit August 2000 durchzuführen.

4. An den Märkten ist der Juli allerdings weiterhin der am meisten gehandelte Termin für das Ende der Nullzinspolitik. Dies ist nachvollziehbar vor dem Hintergrund einer zuletzt zu beobachtenden Bereitschaft der BoJ, ihre eigene Geldpolitik wieder in normalere Gefilde zu manövrieren. Im März hatte sie unmittelbar nach dem Eintritt der selbst gesetzten Minimalkriterien die Politik der quantitativen Lockerung aufgegeben. Die damals angekündigte Rückführung der Überschussliquidität über „den Zeitraum mehrerer Monate“ ist aktuell an einem Punkte angelangt, an dem es bereits Aufwärtsdruck auf den Tagesgeldsatz gibt. Dennoch sprechen die jüngsten Kursverluste an den Aktienmärkten, die Turbulenzen um die Investments von Notenbankchef Fukui sowie dessen Avancen an das Finanzministerium, eine Konsolidierung der Staatsfinanzen mittels höherer Steuern mit einer anhaltend expansiven Geldpolitik zu begleiten, unserer Einschätzung nach weiterhin für eine längerer Beibehaltung der Nullzinspolitik, als dies die Märkte derzeit erwarten.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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