Kommentar
14:55 Uhr, 30.03.2007

Japan: Hat der OECD-Leading Indicator für die Industrie recht?<br />

1. Die bislang hohe Dynamik bei der japanischen Industrie schwächt sich merklich ab. Die Industrieproduktion sank im Februar im Vergleich zum Vormonat zum zweiten Mal in Folge, diesmal leicht um 0,2 % (nach -1,7 % mom im Januar). Die Märkte hatten mit einem kräftigeren Rückgang gerechnet (Bloomberg- Median und DekaBank: -0,7 %). Im gleitenden Dreimonatsdurchschnitt der Industrieproduktion macht sich die Abschwächung nunmehr nach einer Plateaubildung in einem Rückgang des Indexwertes bemerkbar. Im Vorjahresvergleich setzte sich die Verlangsamung der industriellen Dynamik ebenfalls fort: Im Februar ergab sich ein Zuwachs der Industrieproduktion um nur noch 2,6 % yoy nach 4,0 % yoy im Januar. Die wichtigsten Exportbranchen trugen alle zur Verlangsamung der Expansionsdynamik im Vorjahresvergleich bei. Die Produktion bei allgemeinen Maschinen nahm gegenüber Februar des letzten Jahres um 5,5 % yoy (Januar: 7,5 % yoy), Transportmittel um 6,6 % yoy (Januar: 8,1 % yoy) zu, und die Produktion von elektrischen Maschinen lag im Februar sogar 0,3 % unter seinem Vorjahresniveau (Januar: 1,2 % yoy).

Diese Entwicklung im Februar stützt auf den ersten Blick die pessimistische Sicht des OECD-Leading Indicators, der mit einem Vorlauf von 4 Monaten dargestellt eine massive Abschwächung der Industriedynamik in Japan für die kommenden Monate voraussagt. Angesichts der bereits seit Mitte 2004 ersichtlichen Tendenz zum Lageraufbau im verarbeitenden Gewerbe könnte man durchaus von einer merklich Abschwächung der Industrieproduktionsdynamik von dem jetzigen sehr hohen Niveau ausgehen; dies halten wir auch für wahrscheinlich. Jedoch rechnen wir nicht mit einem nachhaltigen Einbruch bei der Entwicklung der Industrieproduktion, wie sie der OECD-Leading Indicator andeutet, da die Auftragsbücher der Unternehmen immer noch voll sind und am aktuellen Rand ungebrochen ein kräftiges Plus bei den Auftragseingängen des verarbeitenden Gewerbes verzeichnet wird.

Das japanische Wirtschaftsministerium (Ministry of Economy, Trade and Industry) geht für März von einem Zuwachs der Industrieproduktion um 1,5 % mom, für April von 1,3 % mom aus. Für Februar lag die Behörde jedoch mit der Einschätzung von -1,8 % mom viel zu pessimistisch.

2. Zusammen mit den Daten zur Industrieproduktion werden als wichtige Indikatoren auch die Lagerbestände und die Auslieferungen für Investitionsgüter veröffentlicht. Der bereits erwähnte Trend zum Lageraufbau hat sich am aktuellen Rand etwas verlangsamt, was eine gute Nachricht für unsere Prognose ist. Im Vormonatsvergleich kam es im Februar sogar mit -0,4 % mom zum zweiten Mal in Folge zu einem Lagerabbau. Der Index des gleitenden Dreimonatsdurchschnitts der Lagerbestände hat sich im Februar hierdurch sogar leicht verringert. Die Auslieferungen für Investitionsgüter, die einen guten Indikator für die quartalsweise veröffentlichten gewerblichen Investitionen (capex) darstellen, sind im Februar mit -1,4 % mom rückläufig gewesen. Im Vorjahresvergleich verlor die Investitionsdynamik etwas an Fahrt, was angesichts der extrem hohen Dynamik der gewerblichen Investitionen im vierten Quartal 2006 nicht überrascht.

3. Der japanische Arbeitsmarkt ist weiterhin in guter Verfassung. Die Arbeitslosenquote verharrte im Februar zum vierten Mal in Folge auf dem niedrigen Niveau von 4,0 % (Bloomberg-Median und Deka- Bank: 4,0 %). Das Verhältnis von offenen Stellen zu Bewerbern sank von 1,06 auf 1,05 Punkte. Somit stehen rechnerisch 100 Jobbewerbern nunmehr 105 offene Stellen gegenüber. Erfreulich ist im Februar der Ausbau der Beschäftigung nach zwei rückläufigen Monaten um 0,7 % mom. Aufgrund der ungünstigen demographischen Entwicklung wird sich Japan in den kommenden Jahren jedoch sehr schwer tun, den noch vorhandenen leichten Aufwärtstrend bei der Beschäftigung aufrecht zu erhalten.

4. Die heutigen Zahlen bestätigen die Abschwächung der industriellen Dynamik in Japan, die bereits seit einigen Monaten abzusehen war. Vor allem die exportorientierten Industriezweige neigen zur Schwäche, was sich in unserer BIP-Prognose zuletzt durch eine Abwärtsrevision der Exporttätigkeit für den Verlauf dieses Jahres widerspiegelt hatte. Doch die leichte Entspannung auf der Lageraufbaufront und die robusten Auftragseingänge lassen einen nachhaltigen Einbruch der Industrieproduktion derzeit unwahrscheinlich erscheinen. Im Gegenzug dazu nimmt der Dienstleistungssektor erneut Fahrt auf, zudem zeigt sich der Arbeitmarkt unverändert von seiner sehr robusten Seite, sodass wir uns in unserem grundsätzlichen optimistischen Konjunkturbild für Japan bestätigt fühlen. Nicht zuletzt durch die verringerte Dynamik bei den gewerblichen Investitionen, dürfte das reale BIP im ersten Quartal mit 1,7 % (qoq, ann.) jedoch deutlich langsamer expandieren als im vierten Quartal 2006.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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