Kommentar
16:59 Uhr, 27.04.2007

Japan: Durch die Konjunkturdelle - mit enttäuschenden Indikatoren im März

1. Die Abschwächung der japanischen Industrie setzt sich fort. Die Industrieproduktion sank im März überraschend um 0,6 % gegenüber dem Vormonat. Die Analysten hatten hingegen mit einem Anstieg gerechnet (Blooomberg-Median: 0,9 % mom, DekaBank: 0,2 %). Insbesondere trugen zwei der wichtigen exportorientierten Branchen zum Rückgang bei: Die Produktion von allgemeinen Maschinen schrumpfte um 4,7 % mom, die von elektrischen Maschinen um 8,1 %. Die dritte bedeutende Exportbranche im Bunde, Transportmittel, war mit -0,7 % mom ebenfalls rückläufig. Positive Impulse für die Industrie kamen im März im Wesentlichen nur von Energie- und Metallprodukten, der chemischen Industrie und am stärksten von der Produktion von elektronischen Bauteilen.

Der gleitende Dreimonatsdurchschnitt der Industrieproduktion zeigt, dass die Abschwächung bereits seit dem Jahreswechsel anhält. Schenkt man dem OECD-Leading Indikator Glauben (was angesichts der historischen Entwicklung nicht unklug ist), dürfte sich der negative Trend noch im Frühjahr umkehren, sodass wir in den Sommermonaten bereits wieder eine Beschleunigung der Industrietätigkeit in Japan sehen dürften. Das japanische Wirtschaftsministerium ist bereits für die kommenden Monate optimistisch und prognostiziert für April und Mai einen Zuwachs der Industrieproduktion gegenüber dem jeweiligen Vormonat um 1,5 % bzw. 1,4 %.

2. Zusammen mit den Daten zur Industrieproduktion werden als wichtige Indikatoren auch die Lagerbestände und die Auslieferungen von Investitionsgütern veröffentlicht. Die Lagerbestände des verarbeitenden Gewerbes sind im März zum dritten Mal in Folge abgebaut worden, diesmal um 0,5 % mom. Dies stützt unsere These von einer nur temporären Abschwächung der Industrieproduktion. Die Auslieferungen von Investitionsgütern, die einen guten Indikator für die quartalsweise veröffentlichten gewerblichen Investitionen (capex) darstellen, sind im März mit -7,6 % mom stark rückläufig gewesen. Für den Durchschnitt des ersten Quartals ergibt sich somit ein Rückgang gegenüber dem Schlussquartal 2006, was darauf hindeutet, dass sich die Investitionstätigkeit im ersten Quartal 2007 abschwächen dürfte. Wir erwarten eine Zunahme der gewerblichen Investitionen in Q1 um 7,4 % (qoq, ann.). Angesichts der recht hohen Dynamik der gewerblichen Investitionen im vierten Quartal 2006 mit 13,2 % (qoq, ann.) ist diese Verlangsamung nicht überraschend.

3. Der japanische Arbeitsmarkt ist weiterhin in guter Verfassung. Die Arbeitslosenquote verharrte im März erneut bei 4,0 %. Überraschenderweise sank jedoch das Verhältnis von offenen Stellen zu Bewerbern von 1,05 auf 1,03 (Bloomberg-Median: 1,05 und DekaBank: 1,06). Damit stehen 100 Jobbewerbern nunmehr 103 offene Stellen gegenüber. Angesichts der – derzeit zwar relativ starren – aber in der mittelfristigen Tendenz sinkenden Arbeitslosenquote signalisiert der seit August 2006 anhaltende Rückgang des Verhältnisses von offenen Stellen zu Bewerbern eher eine Entspannung am Arbeitsmarkt. Mittelfristig stünde jedoch eine Zunahme dieses Verhältnisses in Einklang mit der sinkenden Arbeitslosenquote und der Erwartung japanischer Unternehmen von beträchtlichen Beschäftigungsengpässen. Daher rechnen wir beim Verhältnis der offenen Stellen zu Bewerbern in den kommenden Monaten mit einer Trendwende nach oben. Schließlich stagnierte im März die Anzahl der Beschäftigten im Vormonatsvergleich, nachdem im Februar noch ein kräftiges Plus bei der Beschäftigung verzeichnet werden konnte.

4. Bei der heutigen Datenflut aus Japan wurden auch die Einzelhandelsumsätze für den Monat März veröffentlicht. Saisonbereinigt sanken die Umsätze des Einzelhandels im Vergleich zum Februar um 1,3 %.

Dies war der zweite Rückgang in Folge. Im Vorjahresvergleich schrumpfen die Einzelhandelsumsätze bereits seit Oktober vergangenen Jahres. Üblicherweise unterschätzen die Daten vom Einzelhandel jedoch die Stärke des privaten Konsums, u.a. weil der Versandhandel und die Internettransaktionen darin nicht enthalten sind. Wir rechnen für das erste Quartal 2007 mit einer verhaltenen Ausweitung der realen privaten Konsumausgaben um 0,8 % (qoq, ann.). Im weiteren Jahresverlauf dürfte der private Konsum jedoch an Schwung gewinnen.

5. Alles in allem fühlen wir uns durch die Vielzahl der heutigen Daten in unserem Konjunkturbild und mit unserer eher verhaltenen Prognose für das Wachstum im ersten Quartal bestätigt: Die Industrie verliert zunächst weiter an Dynamik, daher gehen wir von einer nur moderaten Exporttätigkeit im ersten Quartal aus. Die Investitionstätigkeit schwächt sich im Vergleich zum vierten Quartal ab, und die privaten Haushalte weiten ihre Konsumausgaben ebenfalls weniger dynamisch aus als dies noch im Schlussquartal 2006 der Fall war. Daher rechnen wir mit einem Zuwachs des realen Bruttoinlandsprodukts im ersten Quartal um 1,7 % (qoq, ann.) nach den sehr kräftigen 5,5 % (qoq, ann.) im Vorquartal. Im weiteren Jahresverlauf dürfte die gesamtwirtschaftliche Aktivität an Dynamik gewinnen und das reale BIP mit Zuwachsraten über Potenzial expandieren.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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