Kommentar
11:16 Uhr, 09.03.2006

Japan: BoJ ändert ihre Geldpolitik

1. Die Bank of Japan hat einen Wechsel der Geldpolitik beschlossen. Ab sofort strebt sie nicht mehr das Volumen der Überschussreserven im Bereich von 30-35 Bio. Yen als Zielgröße an (Politik der quantitativen Lockerung), sondern verfolgt nun wieder eine Nullzinspolitik. Dabei will sie den ungesicherten Tagesgeldsatz bei effektiv Null Prozent belassen.

2. Die Rückführung der Überschussreserven von derzeit zwischen 30 und 35 Bio. Yen (215 bis 250 Mrd. Euro) auf das Mindestreservevolumen von 6 Bio. Yen soll über den Zeitraum mehrerer Monate und durch kurzfristige Geldmarktgeschäfte erfolgen. BoJ-Gouverneur Toshihiko Fukui sagte in der Pressekonferenz, dass die Rückführung drei Monate in Anspruch nehmen könnte. Die Notenbank gedenkt demnach, die kurzfristigen Papiere, die sie den Banken abgekauft hat, bei Fälligkeit zurückzugeben und danach keine weiteren Papiere anzukaufen. Interessant ist, dass die BoJ explizit darauf hingewiesen hat, dass ihre so genannten „rinban“ Operationen, also der unmittelbare Ankauf langfristiger Staatsanleihen im Volumen von 1,2 Bio Yen pro Monat davon derzeit nicht betroffen sind. Dieser Teil der Erklärung ist sehr deutlich auf die Beruhigung der Rentenmärkte gerichtet gewesen.

3. Gleichzeitig verkündete die BoJ, dass eine Inflationsrate zwischen 0 % und 2 % wünschenswert für Japan sei. Es stand zu erwarten, dass die Notenbank zum jetzigen Zeitpunkt kein offizielles Inflationsziel verkünden wird. Der Schritt, eine konkrete Inflationsspanne zu quantifizieren, bedeutet jedoch einen Fortschritt in der Kommunikation der BoJ. Sollte diese Spanne symmetrisch sein, d.h. Inflationsraten von Null sind genauso akzeptabel wie Inflationsraten von 2 %, birgt jedoch vor allem die untere Grenze die Gefahr, dass die BoJ generell (zu) niedrige Inflationsraten akzeptiert. Insbesondere besteht bei einer sehr niedrig angesetzten Inflationsnorm das nicht zu unterschätzende Risiko, dass die BoJ auf steigende Inflationsraten sehr rasch mit Zinsanhebungen reagiert, um ein – ihrer Ansicht nach – Überschiessen der Inflation zu verhindern.

4. Dennoch bewerten wir es sehr positiv, dass die BoJ nun mit numerischen Vorgaben eine Guidance an die Märkte gibt. Dies kann dazu führen, dass sich die Inflationserwartungen der Wirtschaftssubjekte tatsächlich in diesem Bereich stabilisieren. Allerdings birgt ein Anstieg der Inflationserwartungen auf beispielsweise 1 % ein deutliches Rückschlagsrisiko für den Bondmarkt. Der Prozess des Anstiegs der Inflationserwartungen dürfte aber mindestens so zäh verlaufen wie der Anstieg der Inflationsraten selber. Daher erwarten wir für die unmittelbare Zukunft zwar steigende Kapitalmarktrenditen (in Richtung von 2 % für zehnjährige JGBs auf Sicht von 12 Monaten), allerdings keinen dramatischen Kursverfall am Rentenmarkt.

5. Unserer Einschätzung nach, sieht die BoJ nun ihre Bedingungen für die Beendigung der quantitativen Lockerung als erfüllt an: die Kerninflationsrate weist seit drei Monaten positive Veränderungsraten auf, das Risiko eines Rückfalls in die Deflation ist sehr gering und die ökonomischen Daten zeigen eine Verfestigung des konjunkturellen Aufschwungs. Dennoch bedeutet der Wechsel der geldpolitischen Zielsetzung effektiv keine Änderung an der expansiven Ausrichtung der Geldpolitik: Die Leitzinsen bleiben weiterhin bei Null Prozent. Für Japans Wirtschaft führt dies in Kombination mit den steigenden Inflationsraten zu expansiv wirkenden niedrigen bzw. negativen Realzinsen, was die konjunkturelle Erholung weiter unterstützt. Darüber hinaus hat die BoJ angekündigt, dass die Leitzinsen längere Zeit auf diesem Niveau bleiben werden. Unseres Erachtens bedeutet das, dass es somit unmittelbar nach dem Ende der Rückführung der Überschussliquidität nicht zu einer Anhebung der Leitzinsen kommen wird. Wir erwarten diesen Schritt erst für das erste Quartal 2007.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 130 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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