Kommentar
08:45 Uhr, 13.01.2006

Jahresrückblick 2005 - Ausblick 2006

Das Börsenjahr 2005 war trotz kräftiger Ölpreissteigerungen ein insgesamt erfolgreiches Jahr für Aktienanleger. Unter den etablierten Märkten ragte die japanische Börse hervor, während sich innerhalb der Emerging Markets vor allem Osteuropa auszeichnete.

Ein erfolgreiches Aktienjahr 2005

Die Jahresbilanz 2005 ist an den Aktienmärkten mit tiefschwarzer Tinte geschrieben. Trotz Preisexplosionen auf der Öl- und Rohstoffseite, zwischenzeitlichen konjunkturellen Wachstumsbefürchtungen, wieder aufkommenden Zinsängsten und Leitzinserhöhungen strebten die Märkte zügig aufwärts und bescherten Investoren zum Teil markante Anlageerfolge. Angesichts der Schwäche des Euro gegenüber dem US-Dollar konnten in entsprechenden Portefeuilles noch zusätzliche Währungsgewinne erzielt werden. Insgesamt verbuchte der MSCI Welt 2005 einen Zuwachs von knapp 14 Prozent.

Japan hat die Nase vorn

Unter den etablierten Märkten präsentierte sich vor allem die japanische Börse in fester Verfassung. Ein zunehmender Konjunkturoptimismus, der sich auf gute Exportzahlen und eine anziehende Binnennachfrage stützte, sowie oftmals über den Erwartungen liegende Unternehmensergebnisse stimulierten hier das Geschehen. Darüber hinaus zeigte der US-Dollar über weite Strecken eine deutliche Stärke gegenüber dem Yen, was vor allem Exportwerte wie etwa Automobilhersteller beflügelte. Auch Banktitel gewannen angesichts ihrer mittlerweile wesentlich verbesserten Bilanzen zunehmend die Gunst der Anleger. Insbesondere ausländische Investoren hatten sich in Japan auf der Käuferseite positioniert und trugen wesentlich zum Höhenflug des Marktes bei. Der Nikkei Index, welcher gegen Ende des Berichtsjahres die 16.000er Marke überspringen konnte, erzielte bei einem Schlussstand von 16.111 Punkten einen stolzen Jahreszuwachs von 40 Prozent. Es war sein höchstes Jahresplus seit 1986.

Auch europäische Börsen in fester Verfassung

Eine sehr erfreuliche Tendenz verzeichneten auch die europäischen Börsen, wobei sich unter anderem der heimische Markt hervortat. So erzielte der DAX mit einem Endstand von 5.408 Punkten im letzten Jahr ein kräftiges Plus von 27 Prozent. Bei insgesamt verhaltener konjunktureller Entwicklung gingen die wesentlichen Impulse von Unternehmensseite aus, wo Restrukturierungsmaßnahmen voranschritten, Übernahmen stattfanden und die Ertragslage insgesamt befriedigend war. Die im Verlauf einsetzende Schwäche des Euro gegenüber dem US-Dollar wirkte als zusätzliche Stütze. Eine Leitzinsanhebung der EZB, welche nach rund zweieinhalb Jahren des Abwartens Anfang Dezember erfolgte, blieb ohne negative Folgen. Auch der deutliche Anstieg des Ölpreises belastete immer nur kurzfristig das Geschehen.

USA hingegen weit abgeschlagen

Merklich negative Auswirkungen hatte die Ölpreisexplosion an den US-Märkten. Angesichts immer neuerRekordstände des "Schwarzen Goldes" - die unter anderem auch auf verheerende Wirbelstürme an der Südküste der Vereinigten Staaten zurückzuführen waren - kam es zu Verunsicherungen hinsichtlich der weiteren Wachstumsperspektiven und damit immer wieder zu kräftigeren Kursrückschlägen. Erst als ein robuster BIP-Anstieg für das dritte Quartal 2005 veröffentlicht wurde, zeigten die US-Börsen gegen Jahresende kräftigere Aufwärtsbewegungen. Aber für den Dow Jones Industrial Average war die Erholung nicht ausreichend, denn die Jahresbilanz fiel mit fast einem Prozent negativ aus. Der technologieorientierte NASDAQ Index hingegen erzielte für das Gesamtjahr ein leichtes Plus von über einem Prozent. Die maßvollen Leitzinserhöhungen der FED auf zuletzt 4,25 Prozent beeinträchtigten kaum das Marktgeschehen.

Emerging Markets erneut aufwärts

Zufrieden stellend bis sehr gut verlief im Berichtszeitraum die Entwicklung an den osteuropäischen und asiatischen Emerging Markets. Vor allem die russische Börse konnte dank positiver fundamentaler Rahmenbedingungen kräftige Kurssteigerungen verzeichnen. Hohe Öl- und Rohstoffnotierungen wirkten sich hier ausgesprochen vorteilhaft aus. Stimuliert wurde das Marktgeschehen aber auch durch weitere Reformschritte wie zuletzt die Liberalisierung bei Gazprom. Erfreuliche Unternehmensergebnisse und günstige Bewertungen stellten weitere Pluspunkte dar. Mit einem Zuwachs im RTS-Index von 83 Prozent wurden die Erfolge deutlich unterstrichen.

Auch die fernöstlichen Wachstumsmärkte machten ihrem Namen alle Ehre. Vor allem die Börsen in Südkorea und Indien tendierten aufgrund konjunktureller Erholungstendenzen bzw. eines sehr robusten Wirtschaftswachstums deutlich im Plus. Sie wie auch die übrigen Emerging Markets profitierten von umfangreichen Kapitalströmen, die auf der Suche nach einer Anlagemöglichkeit, in die asiatischen und osteuropäischen Börsen flossen. Wermutstropfen waren die Ölpreissteigerungen, welche die Region als Importeur dieses Rohstoffs in besonderem Ausmaß trafen und zwischenzeitlich immer wieder die Börsenentwicklung der einzelnen Länder beeinträchtigten. Gefragt waren in 2005 vor allem große Indexgewichte, während Small Caps eher vernachlässigt wurden.

Ausblick 2006

· USA und Europa

Auf Sicht der nächsten Monate sind wir für die Entwicklung an den US- und europäischen Aktienmärkten zuversichtlich gestimmt. In den USA haben die jüngsten Konjunkturdaten erneut bestätigt, dass sich die Wirtschaft weiterhin in robuster Verfassung befindet und somit die Märkte stützt. Auch von Unternehmensseite dürften bei ansprechender Gewinnentwicklung positive Impulse zu erwarten sein. Dabei sollte eine nochmals nachlassende Ertragsdynamik abgesehen von zwischenzeitlichen Verunsicherungen kein gravierendes Problem darstellen. In Europa hat die Wahrscheinlichkeit einer leichten Wirtschaftsbelebung zugenommen, auch wenn der Wachstumspfad vergleichsweise moderat bleibt. Als wesentlichen Impulsgeber sehen wir hier die Unternehmensgewinne an, welche weiterhin erfreulich ausfallen dürften. Die Chancen und Risiken der Globalisierung sind erkannt und europäische Unternehmen werden mit Nachdruck auf einen zunehmenden Wettbewerb ausgerichtet. Auch die fortgesetzten Übernahme- und Fusionstätigkeiten sollten sich sukzessive auszahlen. Alles in allem erwarten wir sowohl an den europäischen als auch den US-Börsen in den nächsten Monaten noch Kurspotenzial, wobei wir allerdings davon ausgehen, dass europäische Aktien, allen voran deutsche Titel, weiterhin besser abschneiden werden als ihre US-Pendants. Die in 2005 gesehene starke Outperformance wird sich jedoch in diesem Umfang nicht wiederholen lassen. Im Jahresverlauf 2006 könnte dann mit Blick auf eine nicht weiter zunehmende Wirtschafts- und Gewinndynamik unsere Aktieneinschätzung tendenziell vorsichtiger werden.

· Japan

Den japanischen Aktienmarkt beurteilen wir generell optimistisch, doch dürfte er angesichts der jüngsten, kräftigen Kurssteigerungen zunächst einmal eine Verschnaufpause" einlegen. Wir sehen zwar keine dramatischen Kurskorrekturen, doch erscheint uns eine derzeit abwartende Haltung gegenüber der japanischen Börse angebracht. Das Umfeld bleibt unseres Erachtens jedoch weiterhin positiv. Vor allem ein sich fortsetzender konjunktureller Erholungsprozess erscheint uns ein Garant für mittelfristig wieder auftretende Kurschancen. Die Schwäche des Yen gegenüber dem US-Dollar ist dabei ein zusätzliches Plus, das vor allem die Exportindustrie begünstigt. Auch von Unternehmensseite dürften anhaltend positive Impulse ausgehen. Vor allem eine - erwartete - Anhebung der Gewinnprognosen für das laufende Fiskaljahr sollte dem japanischen Aktienmarkt weiteres Aufwärtspotenzial bescheren, zumal dies auch vorteilhaft für das Bewertungsniveau sein würde. Sollte das Yen/Dollar-Verhältnis in etwa auf derzeitigem Niveau verharren, d.h. der "Greenback" seine Stärke behalten, dürften vor allem Exportunternehmen ihre Gewinnerwartungen nach oben schrauben. Zu den Branchen mit einer möglichen positiven Ertragsrevision zählen Rohstoffe, Maschinen- und Anlagenbau sowie Transport/Schifffahrt. Darüber hinaus scheinen auch Unternehmen des Elektronikbereichs zunehmend von der guten Weltkonjunktur zu profitieren, sodass auch hier positive Überraschungen möglich erscheinen. In diesem Zusammenhang besonders hervorzuheben ist aber der Bankensektor, welcher von einer Belebung der Binnenkonjunktur in hohem Maße profitieren dürfte. Darüber hinaus sind auch eine anhaltend robuste US-Konjunktur und weitere Anzeichen für ein Ende der Deflation eine Stütze für die zukünftige Marktentwicklung. Während wir zunächst eine vergleichsweise verhaltene Entwicklung erwarten, halten wir im weiteren Verlauf 2006 ein Niveau von 17.000 Zählern für durchaus erreichbar.

· Emerging Markets

Für die weitere Entwicklung an den Emerging Markets sind wir generell positiv gestimmt. So sehen wir an den osteuropäischen Märkten noch vergleichsweise attraktives Kurspotenzial. Allerdings dürften die Zuwachsraten bei weitem nicht so hoch ausfallen wie 2004, sondern sollten eher im konservativen Bereich liegen. Für den russischen Aktienmarkt, der unser Favorit in der Region bleibt, erwarten wir Kurssteigerungen von etwa 15 bis 20 Prozent. Eine weiterhin robuste Konjunktur zusammen mit hohen Rohstoffpreisen einschließlich der Öl- und Gasnotierungen dürften wiederum das Börsengeschehen stimulieren. Auch erfreuliche Unternehmensergebnisse und nach wie vor günstige Bewertungen liefern ansprechende Rahmenbedingungen, die eine Anlage am russischen Aktienmarkt nach wie vor viel versprechend erscheinen lassen. 2006 stehen zudem zahlreiche Börseneinführungen an, die sich über verschiedene Sektoren erstrecken und dem Gesamtmarkt Impulse geben dürften. Unsere Branchenselektion ist auf die Bereiche Maschinenbau, ausgewählte Stahlunternehmen, Konsum sowie Banken konzentriert. Randmärkten wie der Ukraine, Kasachstan und Aserbeidschan stehen wir ebenfalls positiv gegenüber. Allerdings wollen wir in der Ukraine die für Februar angesetzten Wahlen und die damit einhergehende Regierungsbildung abwarten, bevor wir weitere größere Investitionen tätigen.

Für die drei Hauptmärkte in Ostmitteleuropa sind wir gerade auch auf Basis der Konvergenz ebenfalls positiv eingestellt. Investoren werden in ihren globalen Portfolios Wachstumselemente benötigen, die sie in Ungarn, Polen und Tschechien finden können. Die Bewertungen sind hier noch günstig und die Gewinnperspektiven auf Unternehmensseite ansprechend. Allerdings gehen wir - wie auch in Russland - davon aus, dass die Wachstumsraten nicht an das Niveau von 2005 heranreichen werden. Wir rechnen mit Kurssteigerungen von etwa 10 bis 20 Prozent in dieser Region. Zu den von uns präferierten Branchen zählen Banken, Raffineriegesellschaften und Versorger. Auch Medien- und IT-Werte bleiben selektiv übergewichtet. Neutral stehen wir dem Pharmabereich gegenüber und bei Industrie- und Telekomtiteln halten wir an unserer Untergewichtung fest. Mit Blick auf die Randmärkte schätzen wir vor allem die kommende Entwicklung im Baltikum positiv ein, sodass entsprechende Positionen weiter ausgebaut werden sollten.

Auch die asiatischen Aktienmärkte erscheinen uns viel versprechend, wobei es unseres Erachtens 2006 wieder deutlicher bergauf gehen könnte als im Vorjahr. Vor allem anhaltende Kapitalströme aus dem Ausland dürften auf der Suche nach Kurspotenzial und Risiko-Streuung wieder verstärkt nach Asien fließen. Die Region bietet ein ansprechendes makroökonomisches Umfeld mit per saldo robusten Wachstumsraten und auf Unternehmensebene eine erfreuliche Ertragssituation. Auch die Dividendenausschüttungen befinden sich auf ansprechendem Niveau, wenngleich noch ausreichend Mittel für Reinvestitionen zur Verfügung stehen. Auf der Währungsseite ergibt sich ebenfalls eine stabile Situation. Binnenwachstum, umsichtige Notenbankpolitik und niedriger Verschuldungsgrad sind dabei Garanten für eine turbulenzfreie Entwicklung. Ein Risikofaktor für Asien bleibt weiterhin der Ölpreis, doch hat dieses Thema nach den jüngsten Preisrückgängen derzeit an Brisanz verloren. Zudem dürfte auf aktuellem Niveau ein Großteil der Belastungen von den Märkten eskomptiert sein. Insgesamt ist bei noch befriedigenden Bewertungsrelationen ein Umfeld gegeben, in dem Investoren unseres Erachtens auch weiterhin attraktive Anlagemöglichkeiten finden werden. Gerade die anstehenden Wintermonate sind historisch gesehen eine erfolgreiche Zeit für die fernöstlichen Börsen. Zudem steht Ende Januar "Chinese New Year" an, ein Ereignis, das traditionell bereits im Vorfeld für eine gute Stimmung an den Märkten sorgt. China bleibt Wirtschaftsmotor der Region. Mit einem BIP-Anstieg von deutlich über neun Prozent auch im dritten Quartal des laufenden Jahres werden weiterhin stolze Zuwachsraten erzielt. Von einer Drosselung der Konjunktur, wie es die Regierung vorgesehen hat, kann derzeit keine Rede sein. Zudem arbeitet das Land auf die Olympischen Spiele 2008 hin, was die wirtschaftliche Entwicklung zusätzlich stützen dürfte. Gerade im Bereich Infrastruktur werden noch einige Projekte anstehen. Darüber hinaus wird China auf den Rohstoffmärkten einer der bedeutendsten Nachfrager bleiben und somit die dortige Entwicklung nachhaltig bestimmen. Insbesondere die Bereiche Kupfer, Zink, Nickel und Gold werden hiervon profitieren. Im Stahlsektor hingegen ist das Land mittlerweile zu einem Nettoexporteur aufgestiegen. Antriebskraft für die asiatische Region ist ferner Indien, welches zunehmend wirtschaftliche Erfolge vorweisen kann. Hier wird eine BIP-Erhöhung von gut sieben Prozent für 2005 erwartet.

Quelle: Union Investment

Gegründet 1956, zählt Union Investment heute zu den größten deutschen Investmentgesellschaften. Rund 122 Mrd. Euro verwaltet die Gesellschaft per Ende Dezember 2004. Die Produktpalette für private Anleger umfasst Aktien-, Renten- Geldmarkt- und Offene Immobilienfonds sowie gemischte Wertpapier- und Immobilienfonds und Dachfonds. Anleger erhalten diese Produkte bei allen Volksbanken, Raiffeisenbanken, Sparda-Banken und PSD-Banken. Rund 4 Millionen Anleger nutzen überdies die Depotdienstleistungen der Union Investment.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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