IW-Direktor Hüther: Gipfel bringen wenig, solange die Ampel streitet
- Lesezeichen für Artikel anlegen
- Artikel Url in die Zwischenablage kopieren
- Artikel per Mail weiterleiten
- Artikel auf X teilen
- Artikel auf WhatsApp teilen
- Ausdrucken oder als PDF speichern
DJ POLITIK-BLOG/IW-Direktor Hüther: Gipfel bringen wenig, solange die Ampel streitet
Die Übersicht in Kurzmeldungen zu Entwicklungen, Ergebnissen und Einschätzungen rund um die bundesdeutsche Politik:
IW-Direktor Hüther: Gipfel bringen wenig, solange die Ampel streitet
Der Direktor des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, hat die Ampel-Koalition zu einem einheitlichen Handeln zur Stützung der Wirtschaft aufgefordert. "Die Bundesregierung überschlägt sich mit großen Ideen, die Wirtschaft zu retten. Erst die Wachstumsinitiative, dann Robert Habecks Deutschlandfonds, morgen der große Industriegipfel: Zumindest bei den Ampel-Vorstößen zur Rettung der deutschen Wirtschaft herrscht gerade Hochkonjunktur", sagte er. Doch über die entscheidende Frage der Finanzierung herrsche kein Konsens. 600 Milliarden Euro würden nach IW-Berechnungen in den kommenden zehn Jahren für eine zukunftsfähige Infrastruktur nötig sein. "Solange die Bundesregierung in dieser Frage nicht auf einen gemeinsamen Nenner kommt, bringen uns alle Gipfel reichlich wenig", warnte Hüther. "Wie wäre es, wenn sich die drei Akteure mal auf die Suche nach den durchaus vorhandenen Gemeinsamkeiten machten?"
SPD-Politiker warnen Scholz vor Aus für Lieferkettengesetz
Führende SPD-Politiker warnen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) davor, das deutsche Lieferkettengesetz auszusetzen oder gar abzuschaffen, wie es der Kanzler jüngst in Aussicht gestellt hat. "Das deutsche Lieferkettengesetz wirkt und muss deshalb weiterentwickelt und nicht abgeschafft werden", sagte Tim Klüssendorf, Sprecher der Parlamentarischen Linken in der SPD-Bundestagsfraktion, dem Magazin Stern. "Bewährte Standards einfach auszusetzen, wäre unverantwortlich." Auch Jan Dieren, Chef der parteilinken Strömung DL21, erklärte, es gebe "keinen Grund", das deutsche Lieferkettengesetz auszusetzen, bis das europäische gelte. "Das Lieferkettengesetz ist ein bisschen zum Symbol für überbordende Bürokratie geworden", sagte SPD-Vorstandsmitglied Sebastian Roloff dem Magazin. Das sei schade, denn im Grundsatz "stehen hoffentlich alle hinter der Idee".
Esken nennt Lindners eigenen Gipfel "kindisch"
Die SPD-Parteivorsitzende Saskia Esken hat das Verhalten von Finanzminister Christian Lindner (FDP) kritisiert, einen eigenen Industriegipfel abzuhalten, und es als "kindisch" bezeichnet. "Die SPD-Bundestagsfraktion und auch die SPD, der Parteivorstand, wir laden uns auch mal Gäste ein und sprechen mit ihnen über die Themen. Da sind auch mal Industrie- und Wirtschaftsvertreter dabei. Das ist also eigentlich vollkommen normal", erklärte Esken in der Sendung Frühstart von RTL/ntv. "Dass es aber an dem Tag stattfindet, wo der Bundeskanzler zu seinem Industriegipfel ins Bundeskanzleramt eingeladen hat, ist schon ein bisschen kindisch", so die SPD-Chefin weiter. Esken forderte zudem mehr private Investitionen zur Stärkung der Wirtschaft neben staatlichen Maßnahmen uns sprach sich für eine Reform der Schuldenbremse aus. Jedoch gehe es "nicht um eine Abschaffung der Schuldenbremse".
IW: 0,8 Prozent mehr Wachstum bei 600 Milliarden mehr Investitionen
Zusätzliche staatliche Investitionen von jährlich 60 Milliarden Euro würden die deutsche Wirtschaftsleistung nach zehn Jahren um 0,8 Prozent erhöhen. Das geht aus einer Studie des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) hervor, wie die Rheinische Post berichtete. Bei staatlichen Mehrinvestitionen von jährlich 15 Milliarden Euro stiege das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 0,2 Prozent, so die Simulationsrechnung. "Zusätzlich steigern die Staatsinvestitionen nachhaltig das Produktionspotenzial der gesamten Volkswirtschaft - sowohl direkt als auch indirekt über ihren stimulierenden Effekt auf die private Investitionstätigkeit", heißt es in der Studie demnach. Die zusätzlich generierten Einkommen steigerten wiederum die Staatseinnahmen kumuliert um 29 bis 114 Milliarden Euro über zehn Jahre, sodass sich ein Teil der gestiegenen Staatsausgaben über die bessere wirtschaftliche Entwicklung refinanziere.
Hausärzte lehnen Abschaffung telefonischer Krankschreibung ab
Die deutschen Hausärzte haben Forderungen der Arbeitgeber nach einer Abschaffung der telefonischen Krankschreibung scharf zurückgewiesen. "Die Einführung der Telefon-AU war aus medizinischer Sicht sinnvoll und ist bisher eine der ganz wenigen erfolgreichen politischen Maßnahmen zur Entbürokratisierung des Gesundheitswesens. Sie jetzt abzuschaffen, wäre schlichtweg absurd", sagte die Bundesvorsitzende des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes, Nicola Buhlinger-Göpfarth, der Rheinischen Post. Wer jetzt die telefonische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) abschaffen wolle, "riskiert die Patientenversorgung in den Infektmonaten. Unsere Praxen haben definitiv nicht die Kapazitäten, die Folgen irgendwelcher Scheinlösungen einzelner Politiker auszubaden", sagte sie. "Die Unterstellungen, dass sich die Menschen mithilfe der Telefon-AU einen schlanken Fuß machen, können wir aus unserer täglichen Arbeit nicht bestätigen."
DIHK fordert Entlastungen für gesamte Wirtschaft
Vor dem Industriegipfel beim Bundeskanzler hat DIHK-Chef Peter Adrian an die Bundesregierung appelliert, die Energiekosten für die Breite der gesamten Wirtschaft zu senken, nicht nur für die Industrie. "Eine zentrale Aufgabe für die Politik besteht darin, für die Breite der Unternehmen eine dauerhaft stabile wie wettbewerbsfähige Energieversorgung zu sichern", sagte Adrian der Rheinischen Post. "Ein erster wichtiger Schritt in diese Richtung wäre die von uns vorgeschlagene Übernahme der Netzentgelte durch den Klima- und Transformationsfonds", sagte der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK). "Es müssen weitere Schritte folgen, die das konkrete Angebot an Energie für die Zukunft vor Ort nicht weiter verknappen, sondern spürbar verbessern. Niedrigere Preise für wenige Großbetriebe und bürokratische Förderprogramme allein sind dafür kein ausreichendes Konzept", betonte Adrian. Er forderte unter anderem eine Unternehmenssteuerreform.
DGB will Transformationsfonds zur Entlastung der Industrie
Die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Yasmin Fahimi, fordert vor dem Industriegipfel mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) einen Transformationsfonds zur massiven Entlastung der energieintensiven Industrien in Deutschland. Mit dem Investitionsfonds sollte unter anderem der Netzausbau finanziert werden, sagte Fahimi der Neuen Osnabrücker Zeitung. Zudem müsste der Strompreis für energieintensive Betriebe stärker subventioniert werden. "Wenn wir die Netzentgelte herausnehmen und keine neuen verteuernde Umlagen drauflegen, dann haben wir gegebenenfalls einen realistischen Preis von 5, 6 vielleicht maximal 7 Cent bis 2030", sagte Fahimi. Das werde auch ein zentrales Thema beim Industriegipfel beim Kanzler sein. Zur Finanzierung des Transformationsfonds bekräftigte Fahimi ihre Forderung nach Schaffung eines Sondervermögens. "Das wäre das Minimum." Zudem plädierte sie für eine Reform der Schuldenbremse.
Malmendier: America first gilt für Harris und Trump
Die Wirtschaftsweise Ulrike Malmendier hat betont, dass beide Kandidaten für die US-Wahl der amerikanischen Wirtschaft aus ihrer Sicht Vorrang vor Handelsoffenheit geben. "Man muss sich klar machen, dass sowohl Kamala Harris als auch Donald Trump letztendlich ein 'America First'-Ziel verfolgen", sagte die Ökonomin dem ZDF. Das bedeute, sie fragten sich, wie man der eigenen Industrie und den eigenen Leuten helfen könne, sagte Malmendier im heute journal. Sollte allerdings Donald Trump die Wahl gewinnen, werde er alles dafür tun, um das durchzusetzen, was er sich in den Kopf gesetzt habe, zum Beispiel beim Thema Zölle. "Und das würde den deutschen Exporten noch weiter schaden", so die Finanzökonomin und Dozentin an der Universität im kalifornischen Berkeley. Insgesamt sei die Stimmung in den USA derzeit sehr nervös und hektisch, so Malmendier: "Der Ton hat sich sich sehr verschärft".
Kontakt zur Redaktion: konjunktur.de@dowjones.com
DJG/ank/mgo
Copyright (c) 2024 Dow Jones & Company, Inc.