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13:36 Uhr, 12.11.2024

IW: Deutschland in bedrohlicher Investitionskrise - Verlässlichkeit nötig

Von Andrea Thomas

DOW JONES--Deutschland ist laut einer Studie in einer bedrohlichen Investitionskrise. Dem Land sind seit 2020 rund 210 Milliarden Euro an Anlageinvestitionen verloren gegangen, wie neue Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) ergaben. Das arbeitgebernahe Institut befürchtet, dass damit weitreichenden Folgen für den künftigen Wohlstand Deutschlands einhergehen. Jahr für Jahr investierten deutsche Unternehmen weniger. Hinzu kämen staatliche Investitionsprobleme. Verlässliche Rahmenbedingungen sind laut IW notwendig, damit wieder mehr investiert wird.

"Wenn der Investitionsrückstand nicht schnellstens aufgeholt wird, droht Deutschland international weiter abgehängt zu werden", warnte IW-Konjunkturchef Michael Grömling. Es brauche eine neue Regierung mit klaren Zielen und verlässlichen Rahmenbedingungen für Investitionen am Standort Deutschland. "Die Abschaffung des Solidaritätszuschlags wäre ein erster Schritt in die richtige Richtung. Dies würde die Unternehmen entlasten und ihnen mehr eigenen Finanzierungsspielraum für Investitionen ermöglichen."

Die vom Zeitraum 2020 bis einschließlich des ersten Halbjahres 2024 fehlenden Investitionen in neue Produktionsanlagen, Maschinen, IT-Ausstattung, Gebäude und Infrastrukturen im Wert von 210 Milliarden Euro entsprechen laut IW mehr als 6 Prozent der gesamten Bruttoanlageinvestitionen in diesem Zeitraum.

Den IW-Berechnungen zufolge entfallen etwa 70 Milliarden davon auf die Pandemie-Jahre 2020 und 2021, weitere 100 Milliarden auf die Jahre 2022 und 2023, die geprägt waren durch den Ukraine-Krieg und globale Unsicherheiten. Im ersten Halbjahr 2024 kamen laut IW weitere 40 Milliarden Euro Investitionsausfälle hinzu.

Während sich die Investitionsverluste zunächst auf Ausrüstungsinvestitionen - etwa für Maschinen, Fahrzeuge oder technische Anlagen - bezogen haben, fallen laut IW seit dem Jahr 2022 auch im Bereich Bauen zunehmend Investitionen aus.

Unsicherheit nach Ampel-Aus wirkt wie Betäubungsmittel

Als Gründe für den Rückgang bei den Investitionen nennt das IW geopolitische Verwerfungen, hausgemachte politische Unsicherheiten sowie gestiegenen Kosten. Außerdem sei es der Ampel-Koalition in den vergangenen drei Jahren nicht gelungen, die dringend notwendigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Investitionen auf den Weg zu bringen und für Stabilität zu sorgen.

Dazu wirke das Hin und Her nach dem Regierungs-Aus und die Unwägbarkeiten hinsichtlich des Wahlausgangs und einer neuen Regierungsbildung "wie Betäubungsmittel" auf das ohnehin geschwächte Investitionsklima, wie das Institut kritisierte.

"Das hat verheerende Folgen: Fehlende Investitionen belasten nicht nur die Konjunktur, sondern verringern auch den Kapitalstock und damit das Potenzial für das zukünftige Produktions- und Produktivitätswachstum in Deutschland", warnte das IW. Besonders kritisch sei dies angesichts der großen Herausforderungen. Denn der demografische Wandel, die Digitalisierung und die Dekarbonisierung, aber auch die geopolitischen Sicherheitserfordernisse erforderten ohnehin ein hohes Tempo bei den Investitionen, wie das Institut erklärte.

Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com

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