Kommentar
17:50 Uhr, 10.12.2025

Ist Schokolade auch an der Börse eine Verführung?

Die (Vor-)Weihnachtszeit ist ja gewöhnlich die hohe Zeit des Genusses. Das gilt insbesondere auch für Schokolade. Die Umsätze von Schokoladenprodukten steigen entsprechend. Müsste sich das nicht auch in den Kursen der Schokoladenhersteller niederschlagen?

Erwähnte Instrumente

  • Barry Callebaut AG - WKN: 914661 - ISIN: CH0009002962 - Kurs: 1.180,000 Fr (SIX)
  • Chocoladef. Lindt & Sprüngli - WKN: 859568 - ISIN: CH0010570759 - Kurs: 115.800,000 Fr (SIX)
  • Hershey Co., The - WKN: 851297 - ISIN: US4278661081 - Kurs: 179,360 $ (NYSE)
  • Mondelez International Inc. - WKN: A1J4U0 - ISIN: US6092071058 - Kurs: 53,330 $ (Nasdaq)
  • Nestlé S.A. - WKN: A0Q4DC - ISIN: CH0038863350 - Kurs: 77,810 Fr (SIX)

Die Idee klingt bestechend, denn vor Weihnachten wandert Schokolade – die gewöhnlich nicht auf dem Einkaufszettel steht, sondern eher nach Lust und Laune im Vorbeigehen gekauft wird – ganz gezielt in die Einkaufswagen.

Der weihnachtliche Schokoladenzyklus

Und das nicht nur als Leckereien für die lieben Kleinen, sondern auch zum Naschen für die Großen und natürlich als Backzutat. Folglich fahren die Hersteller in der (Vor-)Weihnachtszeit den Großteil ihrer Umsätze und Gewinne ein. Schauen wir uns also im Markt um. Dieser ist zwar recht überschaubar, aber deshalb keineswegs homogen.

Da gibt es zunächst die beiden Platzhirsche aus den USA, Mars Wrigley (bekannt durch die gleichnamigen Schoko-Karamelriegel und Kaugummis, aber z.B. auch Hersteller von Milky Way, Snickers, Twix, Bounty und M&M’s) und Mondelēz (ehemals Kraft Foods) mit seiner Flaggschiff-Marke Milka sowie Toblerone, Côte d’Or, Daim oder Marabou.

Beide sind aber keine reinrassigen Schokoladenhersteller. Mondelēz produziert neben diversen Nahrungsmitteln, wie den Frischkäse Philadelphia oder die Salatsauce Miracel Whip, vor allem andere Süßwaren (Gebäck, z.B. Oreo), Getränkepulver (Kaba, Suchard Express) und Kaffee (Jacobs, Kaffee Hag, Onko).

Mars hat neben seinen Schokoladenprodukten noch andere Nahrungsmittel und Süßwaren (z.B. Ben’s Reis, Miracoli, Suzi Wan), aber auch Tiernahrung (Chappi, Pedigree, Whiskas, Sheba, Royal Canin u.a.) sowie Tierhygiene (z.B. Catsan) im Programm.

Immerhin sind bei beiden Konzernen Schokoladenprodukte bedeutende Umsatzträger, während sie bei Nestlé (z.B. KitKat) gerade einmal 7,2 % des Gesamtgeschäfts ausmachen. Trotzdem zählt der Schweizer Konzern allein aufgrund seiner schieren Größe zu den Top 5 der Schokoladenhersteller. (Es gibt weitere große Süßwarenhersteller mit signifikantem Schokoladengeschäft vor allem in Asien, die zum Teil auch börsennotiert sind, aber hier unberücksichtigt bleiben, weil dort andere Festtagszyklen wirken.)

Drei reinrassige Schoko-Riesen

Bleiben die "echten" großen Schokoladehersteller: Ferrero, die Nummer 3 der Branche, ist wie die Nummer 1, Mars, nicht börsennotiert, sodass wir die Zahlen und Kurse nicht prüfen können. Mit dem US-Schoko- und Süßwarenkonzern Hershey und dem Schweizer Schokoladenhersteller Lindt & Sprüngli können wir aber immerhin bei anderen Größen der Branche einen Blick hinter die Kulissen werfen. Ebenso bei Barry Callebaut, einem Schweizer Spezialisten der Kakaoverarbeitung, der als einer der größten Lieferanten von Rohstoffen der Schokoladenindustrie agiert.

Mondelēz weist für seine fünf Produktbereiche zudem die Quartalsumsätze separat aus, so dass für den Bereich Chocolate (der als zweitgrößter Produktbereich gut 30 % des Gesamtumsatzes ausmacht) die Saisonalität überprüft werden kann. Dafür gibt es von Lindt & Sprüngli nur Halbjahreszahlen, nach denen sich – wenig überraschend – ergibt, dass der Großteil des Umsatzes im zweiten Halbjahr erzielt wird. Und da liegt der Umsatz im Winterhalbjahr sehr konstant um rund 50 % höher!

Wenig überraschend sind auch die detaillierteren Zahlen von Mondelēz und Hershey. Bei Mondelēz fielen die höchsten Quartalsumsätze seit 1999 zu 85 % im vierten, also dem Weihnachtsquar­tal an. Bei Hershey war in den vergangenen 29 Jahren das dritte Quartal in knapp zwei Drittel aller Fälle das umsatzstärkste Quartal; das vierte Quartal landet aber unangefochten auf Platz 2. Und Barry Callebaut macht stets in den letzten beiden Quartalen eines Jahres die höchsten Umsätze (siehe die obere der folgenden Tabellen):

Quellen: Morningstar, LSEG Refinitiv, Unternehmensangaben, eigene Berechnungen

Allerdings sind die Unterschiede, bezogen auf die Gesamtumsätze in den einzelnen Quartalen relativ gering. Sie bleiben im Bereich von wenigen Prozentpunkten (siehe untere Tabelle). Am ausgeprägtesten sind die Unterschiede beim reinen Süßwarenhersteller Hershey, während bei Mondelēz offenbar die anderen Geschäftsbereiche die Umsatzschwankungen ausgleichen und Barry Callebaut als Zulieferer für andere Segmente als die Industrie (z.B. Gastronomie, Confiserien) von anderen saisonalen (Ausgleichs-)Effekten profitiert (z.B. Hochzeiten und andere Feierlichkeiten bzw. Events).

Weihnachtsbonus für Schoko-Aktien?

Das Geschäft der Schokoladenhersteller unterliegt also tatsächlich einer so klaren Saisonalität, wie man sie rein intuitiv erwartet. Sie ist jedoch – je nach dem restlichen Produktportfolio – bei den einzelnen Konzernen unterschiedlich ausgeprägt.

Die spannende Frage ist natürlich, ob sich diese auch in gleicher Weise in den Kursen an der Börse niederschlägt. Erfahrene Börsianer ahnen schon die Antwort: Ein derart vorhersehbares Auf und Ab ist von den Investoren längst eingepreist.

Und so weist bei den vier genannten "Schoko-Aktien" das vierte Quartal kei­neswegs die höchsten Kursgewinne auf, sondern landet am häufigsten auf Platz 3 im Quartalsvergleich eines Jahres (gelbe Segmente):

Quellen: MarketMaker mit Daten von infront, eigenen Berechnungen

Überraschenderweise ist das erste Quartal eines Jahres am häufigsten das mit der stärksten Kursperformance im Jahr (grüne Segmente), während das zweite Quartal mit gleicher Häufigkeit das zweitstärkste ist.

Damit gibt es offenbar keinen Weihnachts-Bonus für Schoko-Aktien, sondern es ist die bessere Strategie, diese Werte zu Weihnachten zu kaufen und bis in den Sommer hinein zu halten. Damit kommt dieser Beitrag ja doch noch genau zur rechten Zeit…

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