Kommentar
17:45 Uhr, 07.01.2016

Ist die US-Notenbank blind?

Kaum sind die Zinsen erhöht gibt es Hiobsbotschaften. Unternehmen sind zunehmend schlecht gelaunt. In der Region Chicago ist die Stimmung sogar so schlecht wie seit der Finanzkrise nicht mehr.

Kritiker werden sagen: „Ich hab´s doch geahnt.“ Kaum ist die Zinswende über die Bühne, da kommen die schlechten Nachrichten. Viele haben die Notenbank vor einer Zinsanhebung gewarnt. Sie waren der Meinung, dass die Wirtschaft noch zu schwach war. Prompt wird dies durch den Chicagoer Einkaufsmanagerindex bestätigt. Dieser sackte Ende letzten Jahres auf 42,9 Punkte ab – der schlechteste Wert seit der Finanzkrise.

Für gewöhnlich zeigen Werte unter 50 Punkte eine Kontraktion an. Möglicherweise befindet sich die Region Chicago also bereits in einem handfesten Abschwung. US weit ist das nicht anders. Der landesweite Einkaufsmanagerindex fiel auf 48,2 Punkte. Das ist deutlich mehr als der regionale Chicagoer Index, doch ermunternd ist das nicht.

Grafik 1 zeigt den Zusammenhang zwischen Einkaufsmanagerindex und Wirtschaftswachstum. Beide gehen Hand in Hand. So wie der Index derzeit fällt kann man sich kaum vorstellen, dass die USA einem Abschwung entgehen können. Interessanterweise sehen das die Unternehmen selbst, die eigentlich schlecht gelaunt sind, anders. Sie beurteilen die aktuelle Lage schlecht, sind aber für 2016 zuversichtlich.

Der Grund für die schlechte Laune ist schnell gefunden. Der starke Dollar macht es Exporteuren immer schwieriger zu wachsen. Derzeit schrumpfen die Warenexporte. Früher oder später macht sich dieser Trend auch auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar. Exportieren Unternehmen weniger, dann brauchen sie auch weniger Arbeitskräfte.

Bisher ist der Arbeitsmarkt von einem Jobabbau in der Exportindustrie größtenteils verschont geblieben. Aber wie lange kann das noch gut gehen? Die Antwort auf diese Frage kennt niemand. Vermutlich ist die Antwort auch nicht so wichtig. Grafik 2 zeigt die Gesamtanzahl an Jobs in produzierenden Sektoren.

Seit dem Tiefpunkt der Krise wurden wieder Jobs geschaffen. Das Beschäftigungsniveau liegt mit knapp 20 Mio. Beschäftigen jedoch noch immer so niedrig wie zuletzt in den frühen 60er Jahren. Seitdem ist die Bevölkerung stark gewachsen. 1962 lag sie bei 186 Mio., heute bei 316 Mio. Die Bedeutung produzierender Sektoren war noch nie so gering wie heute.

Die schwindende Bedeutung der Industrie ist eine gute Nachricht. Selbst wenn sich der Sektor in der Krise befindet wirft das die US Wirtschaft nicht notwendigerweise aus der Bahn. Die Bedeutung ist inzwischen einfach zu gering geworden. Unternehmen stöhnen trotzdem über den starken Dollar und drohen offen mit Stellenkürzungen.

Die US-Notenbank scheint das alles kalt zu lassen. Sie hat trotz aller Beschwerden und Drohungen die Zinsen angehoben. Viele halten das für fahrlässig und sehen eine Wirtschaftskrise heraufziehen. Heute gießt die Notenbank über ihren Vizevorsitzenden Stanley Sicher Öl ins Feuer. Fischer bekräftigt die Zinswende und meint, dass der Markt mit 2 Zinserhöhungen in diesem Jahr zu niedrige Erwartungen hat. Die Fed dürfte die Zinsen häufiger anheben. Der Markt hört das nicht gerne, doch Ängste vor einem Ende des Aufschwungs sind verfrüht. Grafik 3 zeigt wieso.

Grafik 3 stellt die Jobs im produzierenden Gewerbe dem Dollar-Index gegenüber. Im Prinzip laufen beide Zeitreihen Hand in Hand. Nach all den Beschwerden der Unternehmen müsste man eigentlich annahmen, dass ein starker Dollar zu einem Arbeitsplatzabbau führt. Das ist historisch gesehen nicht der Fall gewesen. Als der Dollar von 1983 bis 1985 sehr schnell aufwertete gab es einen wahren Beschäftigungsboom in der Produktion.

Beginnend in 2006 wurden viele Jobs abgebaut. Das geschah nachdem der Dollar vier Jahre lang schwächer geworden war. Das passt eigentlich vorne und hinten nicht zusammen. Es ist eine vollkommen verkehrte Welt. Daher sollte man die Drohungen der Unternehmen nicht überbewerten und sich nicht vor einer Jobkrise in den USA fürchten.

Zu guter Letzt beruhigt noch ein Blick auf die Exporte und den Dollar Index. Grafik 4 zeigt den Zusammenhang. Eigentlich sollten die Exporte einbrechen, wenn der Dollar aufwertet. Das geschah bisher nicht. In den 80er Jahren führte ein weltweiter Abschwung zur einer Absatzkrise. Ein Entwicklungsland nach dem anderen ging in den Bankrott. Wichtige Abnehmer fielen also aus.

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Ohne diese Sonderfaktoren konnte der Dollar den Exporten wenig anhaben. Das zeigt die Zeit von 1996 bis 2001. Selbst die Asienkrise und die Schieflage Südafrikas und vieler südamerikanischer Länder brachte den Export nicht zum Einbruch.

Der derzeitige Rückgang der Exporte ist vor allem durch Preise bedingt. Rohstoffpreise sind stark gefallen und nachdem die meisten Güter aus Rohstoffen hergestellt werden sinken die Preise der Güter insgesamt. Der Rückgang des Dollarwertes der Exporte fällt mit einer Beschleunigung des Rohstoffpreisverfalls 2014 zusammen. Derzeit kann eigentlich keine Rede davon sein, dass das produzierende US Gewerbe kurz vor dem Aus steht, weil der Dollar aufwertet.

Das produzierende Gewerbe hat Probleme und ein starker Dollar hilft gewiss nicht diese zu überwinden. Der Dollaranstieg ist jedoch nicht die alleinige Ursache dafür. Ebenso kann man sagen, dass die schlechte Stimmung im produzierenden Gewerbe zwar ein Warnsignal ist, aber keines, welches auf einen allgemeinen Abschwung hindeutet. Die Bedeutung des Sektors ist inzwischen einfach zu gering.

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4 Kommentare

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  • Weißer Ritter
    Weißer Ritter

    Wieder einmal stelt sich nach einer wilden Montage vage miteinander verbundener Texte und Grafiken die alles entscheidende Frage: Was will uns der Autor damit sagen? Eines ist jedenfalls klar: Weswegen es Notenbanken gibt und welche Aufgabe sie haben, davon scheint Herr Schmale nicht die geringste Ahnung zu haben.

    08:38 Uhr, 08.01.2016
  • Goethe63
    Goethe63

    Es gibt kaum eine Tabelle, Grafik oder sonst wie geartete Erfassung irgendwelcher Daten um etwas zu beweisen oder zu widerlegen.

    Mir fällt dazueinmal mehr ein: Traue keiner Statistik, es sei denn, Du hast sie selbst gefälscht!

    Aber sind wir doch mal ehrlich. Bemühen wir nicht alle, die eine oder andere Sache, um uns zu rechtfertigen oder uns das Gewünschte herbeizugauckeln oder Unliebsames zu verbannen?

    Glaskugel wo bist du?

    00:55 Uhr, 08.01.2016
  • amateur
    amateur

    Zuerst schreien alle, die Fed hätte die Zinsen viel zu spät angehoben - und jetzt hätte sie es doch nicht tun sollen? Marktschreiergehabe bei GMT!

    22:33 Uhr, 07.01.2016
  • Schimanski
    Schimanski

    Es gibt erstmal kein Morphium für den Patienten, um zu schauen, was er aushält

    22:13 Uhr, 07.01.2016

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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