Kommentar
09:24 Uhr, 09.03.2018

Ist der Spuk an der Börse endgültig vorbei?

Nach einem dynamischen Rebound kam der zweite Abwärtsimpuls an der Börse genauso überraschend wie der erste Kurseinbruch. Welche Überraschungen müssen Anleger noch fürchten?

Timing ist an der Börse alles. Es ist aber gleichzeitig die schwierigste Disziplin. Die meisten Anleger beherrschen sie nicht. Zu stark sind emotionale Faktoren. Rennt der Markt wie im Januar nach oben davon, fühlt man sich, als ob man etwas verpasst. Selbst wenn man weiß, dass es nicht gut ist, den Kursen hinterherzulaufen, klopfen einen täglich neue Allzeithochs irgendwann weich. Man kauft und kurz darauf fallen die Kurse.

Das geht vielen Anlegern so und obwohl die Systematik dahinter kein Geheimnis ist, tappen viele immer wieder in die Falle. Das wird sich auch so schnell nicht ändern. Es gibt kein Geheimrezept, welches Anlegern perfektes Timing ermöglicht. Es stellt sich sogar die Frage, ob Anleger es überhaupt versuchen sollten.

Viele Untersuchungen zeigen, dass Timing-Versuche am Ende zu schlechteren Resultaten führen als einfach nur abzuwarten. Anleger lassen sich von kurzfristigen Geschehnissen zu sehr beeinflussen. Mittel- und langfristig sind die Schwankungen weniger stark ausgeprägt als man meint. Korrekturen wie jene Anfang Februar wirken im Big Picture unbedeutend. Trotzdem lassen sich Anleger zu großen Umschichtungen hinreißen.

Kurzfristig hält der Markt immer Überraschungen bereit. Insofern müssen sich Anleger auch in den kommenden Wochen auf weiterhin interessante Wendungen einstellen. Mittel- bis langfristig sind diese Wendungen irrelevant. Blickt man einmal durch die täglichen Kursschwankungen hindurch, ist das Fundament des Bullenmarktes absolut intakt.

Der US-Einkaufsmanagerindex erreichte gerade wieder einen der höchsten Werte des aktuellen Aufschwungs. Der Index und das Wirtschaftswachstum sind eng miteinander verknüpft (Grafik 1). Eine Wachstumsbeschleunigung ist absehbar. Was interessiert aber das Wachstum bzw. der Einkaufsmanagerindex die Börse?

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Ganz einfach: beides verläuft parallel. Grafik 2 zeigt die gleitende Jahresperformance des S&P 500 und den Einkaufsmanagerindex. Sie gehen Hand in Hand. Aktuell steigt der Index, während Aktien fallen. Es ist die größte Divergenz des jetzigen Bullenmarktes.

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Diese Divergenzen lösen sich sehr häufig zugunsten des Einkaufsmanagerindex auf. Mittelfristig dürften Aktien weiter steigen. Daran ändert auch nichts, wenn morgen noch einmal eine Verkaufswelle startet.

Der Markt ist derzeit etwas unsicher. Das ist auch gut so. Es ist ja nicht so, dass es keine Probleme gäbe. Aktien sind sehr hoch bewertet. Das ist auf Dauer nur zu rechtfertigen, wenn das Wachstum auch hoch bleibt. Nun stellt sich aber die Frage, ob es hoch bleiben kann, wenn die Zinsen steigen und Trump mit protektionistischen Maßnahmen um sich wirft. Die Verunsicherung ist absolut nachvollziehbar.

Die Gemengelage kann zu einem Abschwung führen, wenn wirklich alles schiefgeht. Im Normalfall tut es das nicht. Ich bleibe daher nach wie vor dabei: es gibt noch einmal ein neues Allzeithoch bevor der Bullenmarkt das Ende erreicht hat.

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Über den Experten

Clemens Schmale
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Finanzmarktanalyst
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Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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