Kommentar
07:52 Uhr, 15.12.2015

Ist der Bullenmarkt endgültig am Ende?

Statt Jahresendrally gibt es eine Jahresendkorrektur. Das ist sehr ungewöhnlich für eine Zeit, in der Aktien normalerweis stark performen. Das ruft gleich Analysten auf den Plan, die das Ende des Bullenmarktes ausrufen.

Der US Markt ist hoch bewertet und kann eine Korrektur gebrauchen. Davon schreibe ich inzwischen seit einem Jahr. Eine Korrektur bedeutet nicht das Ende des Bullenmarktes. Genau dieses Ende sehen viele nun allerdings heraufziehen. Es herrscht teils blanke Panik. Es wird nicht nur von einem Bärenmarkt bei Aktien gesprochen, sondern auch von einem Kollaps des Kreditmarktes. Im Zentrum stehen Ramschanleihen.

Ramschanleihen haben bereits vor einem Jahr eine Korrektur begonnen. Den Aktienmarkt hat das bisher wenige berührt. Das ist bemerkenswert, da Ramschanleihen und Aktienkurse häufig Hand in Hand gehen. Grafik 1 zeigt den S&P 500 und den High Yield (HY) Fidelity Capital & Income Fonds seit 1980. Seit über 30 Jahren laufen Aktien und HY Anleihen parallel.

Besonders auffällig ist die Vorlaufindikatorfunktion von Ramschanleihen. Sie haben die Tendenz, vor dem Aktienmarkt eine Richtungsänderung einzuleiten. Der Trendwechsel erfolgt für gewöhnlich mehrere Monate bevor er den Aktienmarkt erreicht. Die derzeit anhaltende Korrektur seit Sommer 2014 hat bisher noch keine ernstzunehmende Trendwende bei Aktien vorhergesagt. Nun wird befürchtet, dass es soweit ist.

Der Aktienmarkt hat sich im Gegensatz zu Junk Bonds sehr robust gehalten. Eine ähnliche Situation gab es von 1998 bis 2000. Bereits 1998 markierten High Yield Bonds ihre Hochs. Der Aktienmarkt lief noch 2 weitere Jahre gut. Ein optimales Timinginstrument sind Ramschanleihen also nicht. Sie haben eine Vorlaufindikatorfunktion, allerdings ist vollkommen unklar wie lang dieser Vorlauf dauert. Er kann zwischen wenigen Wochen und 2 Jahren betragen. Für kurzfristige oder auch mittelfristige Positionen ist das zu ungenau, um einen großen Nutzen daraus zu ziehen.

Wie dem auch sei, viele Beobachter und auch Star-Investoren wie Jeffrey Gundlach sehen das Potential für eine Kreditmarktkrise. Es werden sogar schon Parallelen zu 2007 heraufbeschworen. Persönlich halte ich das für eine Übertreibung. Gewiss, die US Notenbank hebt die Zinsen an und viele Unternehmen der Öl- und Gasbranche stehen kurz vor der Insolvenz, doch das allein reicht nicht, um für eine Wiederholung der Krise aus 2008/09 zu sorgen.

Ramschanleihen sind stark abhängig von der Konjunktur. Der in Grafik 1 abgebildete HY Fonds bewegt sich zyklisch mit der Konjunktur. Korrekturen gab es immer wieder – auch ohne Rezessionen. Ohne eine Rezession gab es jedoch keine Trendumkehr – einen Bärenmarkt. Der aktuelle Kursverfall von Ramschanleihen sieht dramatisch aus. Überbewerten sollte man in deswegen jedoch nicht.

Keiner weiß, ob die Korrektur bei Anleihen eine größere Bewegung ankündigt. Die Wahrscheinlichkeit dafür besteht und das reicht bereits, um Anlegern Angst einzujagen. Es könnte allerdings auch ganz anders sein. Die aktuelle Bewegung erinnert stark an 2011 oder 1994. Vor allem 1994 ist ein interessanter Vergleich, da die US Notenbank damals eine Zinswende einläutete, die vom Markt so nicht erwartet wurde. Dieser Schock lastete ungefähr ein Jahr lang auf den Anleihen- und Aktienkursen. Letztlich setzten Anleihen und Indizes zu neuen Rekorden an.

Das Warnsignal aus dem Ramschanleihenbereich muss man ernst nehmen. Eine nachhaltige Trendwende – sei es bei Aktien oder bei Anleihen – ist ohne Rezession in den USA ziemlich unwahrscheinlich. Eine Korrektur ohne Rezession kann es jederzeit geben. Einen Bärenmarkt ohne Rezession gibt es hingegen so gut wie gar nicht. Es wäre das erste Mal seit über 35 Jahren. Das setzt die Aufregung des Marktes vielleicht etwas in Perspektive.

Die Nervosität der Anleger darf man gewiss nicht einfach wegwischen. Da Ramschanleihen per Definition risikoreich sind haben Trendwechsel in diesem Markt Signalwirkung. Sie sind ein Signal, dass Anleger beginnen Risiko abzubauen. Das tun sie vor allem, wenn sie Angst haben, dass Liquidität austrocknet. Genau dann nämlich ist es schwierig Anlageinstrumente, die risikoreich sind, zu guten Preisen zu verkaufen.

Die Korrektur bei High Yield Bonds ist ein Zeichen geringer werdender Liquidität. Das kann zu einer sich selbsterfüllenden Prophezeiung werden. Um einen Liquiditätsengpass zu umgehen, wird verkauft. Genau das führt dann erst zu der Liquiditätskrise.

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3 Kommentare

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  • Garten
    Garten

    Guter Artikel, guter Indikator, danke.

    Die USA haben kein Demografieproblem, eher ein Verteilungsproblem.

    12:44 Uhr, 15.12. 2015
  • netzadler
    netzadler

    das deflationsszenario über yuan und die schwachen rohstoffpreise wird sich auswachsen, die hochentwickelten Staaten haben ein demografieproblem, was sie bisher nicht über die Produktivität lösen (können).

    insofern halte ich die Titelfrage durchaus berechtigt.

    09:01 Uhr, 15.12. 2015
  • netzadler
    netzadler

    eigentlich haben wir doch in USA eine korrektur, die indices werden doch nur von einer Handvoll Schwergewichte hochgehalten, der breite markt tendiert doch negativ

    08:59 Uhr, 15.12. 2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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