Kommentar
09:15 Uhr, 13.10.2004

Investmentstrategie: Aktiv oder passiv?

Die entscheidende Frage hängt bereits seit Jahrzehnten im Raum: Ist aktives Fondmanagement tatsächlich besser als der passive Weg? Oder lohnt die mühevolle Auswahl individueller Aktien den Aufwand eigentlich nicht? Standard & Poor's hat sich die vergangenen fünf Jahre genauer angesehen und ist zu dem Schluss gekommen, dass der S&P 500 in diesem Zeitraum von nur 47% der amerikanischen Large Cap-Fonds geschlagen wurde. Im letzten Jahr lieferten 65% dieser Fonds Ergebnisse, die unter denen des Aktienindex lagen. Ein genauerer Blick auf die Fonds enthüllt eine Tatsache: Ein gutes aktives Fondsmanagement zahlt sich dann aus, wenn es wirklich aktiv ist.

Es ist eine Tatsache, dass viele aktive Fonds ihren Benchmarks so dicht folgen, dass sie ihren Namen eigentlich nicht verdienen. In der Praxis steht dieser Fondstyp in einer so engen Beziehung zum Index, dass er sich ohnehin bereits wie ein Tracker-Fonds verhält. Wählt ein guter Fondsmanager jedoch entschlossen den Weg der aktiven Aktienauswahl und geht er dem Index aus dem Weg, so ist eine Outperformance sehr viel wahrscheinlicher. Dies zeigen die Daten des Fondsanalysten Feri Trust.

Feri untersuchte in Deutschland lizenzierte Equity-Fonds mit einem Track Record von mindestens fünf Jahren. Da die unterschiedlichen Ansätze Auswirkungen auf die Performance haben, wurden wertorientierte Fonds und Wachstumsfonds bei dieser Untersuchung nicht berücksichtigt. Von den untersuchten 109 Mischfonds fielen 65 in die Kategorie sehr passiv oder semi-aktiv. Einer der Gründe dafür liegt darin, dass die Fondsmanager den Index verfolgten. Alternativ kann es auch der Fall sein, dass der Tracking Error gegenüber dem Vergleichsindex äußerst gering ist, wodurch die Performance solcher Fonds unausweichlich der Marktentwicklung entspricht. Das Ergebnis: Im vergangenen Jahr wurde der MSCI Europe von nicht mehr als 37% der semi-aktiv gemanagten Fonds geschlagen. Andererseits gelang dies aber der Hälfte der tatsächlich aktiv gemanagten Fonds, und das trotz des ihnen anhaftenden Nachteils, nicht vollständig in aufsteigende Märkte zu investieren.

Nur wirklich aktiv gemanagte Fonds bieten gute Chancen für Outperformance

Über einen Fünf-Jahres-Zeitraum wird die Überlegenheit des Stock-Pickings noch deutlicher. Über diesen Zeitraum schlugen 34% der aktiv gemanagten Portfolios den Index; ein Erfolg, den nur magere 9% der semi-aktiven und passiven Fonds für sich in Anspruch nehmen konnten. Bei sämtlichen von Feri Trust unabhängig vom Zeitrahmen untersuchten Fonds behielten die echten aktiven Fonds stets die Oberhand.

Stattdessen sahen sich Fondsmanager, die sich zu sehr an einem Index ausrichten, in den letzten Jahren verstärkter Konkurrenz von Seiten der Exchange Traded Funds (EFTs) ausgesetzt. Diese Fondsklasse wurde im Jahr 2000 am europäischen Fondsmarkt eingeführt, ein entscheidender Durchbruch ist jedoch bisher nicht abzusehen. Nach Angaben des Beratungsunternehmens Watson Wyatt werden in den USA etwa 30% und in Großbritannien etwa 20% aller Vermögenswerte auf der Grundlage eines Index gemanagt. Mit ihrem Marktanteil von 3,5% ist es den EFTs bisher jedoch noch nicht gelungen, in der europäischen Arena fest Fuß zu fassen. Nach Angaben von Morgan Stanley belaufen sich die unter Management befindlichen Vermögenswerte in Europa auf Euro 20 Mrd. eine im Vergleich zu den Euro 4 Billionen in aktiven Fonds eine eher bescheidene Summe. Ziel eines EFT ist es, einen bestimmten Index nachzubilden, also zu spiegeln. Durch einen Schaffungs- und Rückkaufsprozess ist er in der Lage, die tatsächlichen Werte eines Index widerzuspiegeln, ohne einen nennenswerten Tracking Error zu erleiden. Seine passive Investitionsstrategie führt dazu, dass die laufenden Kosten unter Kontrolle gehalten werden, wodurch die Investoren von niedrigen Gebühren profitieren können.

Will man Investoren überdurchschnittliche Renditen liefern, ist eine gründliche Suche nach äußerst guten Wertpapieren nötig, so Klaus Kaldemorgen, Managing Director bei DWS Investments.Das einfache Kopieren eines Benchmarks bietet keine Erfolgsgarantie, so Kaldemorgen weiter, der ein Verfechter des Stock-Pickings für die offenen Wertpapier-Investmentfonds der DWS ist.

Exchange Traded Funds haben sich durchgesetzt und bedienen verschiedene Anwendungen

Passives Management dient häufig als eine Core-Holding, um die herum aktive Strategien eingesetzt werden, so Deborah Fuhr, Executive Director für Global Exchange Traded Fund Research bei Morgan Stanley in London. Dies repräsentiert die so genannte Kern-/Satellit-Strategie, bei der wichtige Märkte mithilfe passiver Investitionen wie EFTs abgedeckt werden, während aktive Instrumente für spezifische Märkte und Sektoren zum Einsatz kommen.

Unter Investoren, die ein flexibles Werkzeug wünschen, das kein Derivativ ist, sind EFTs mittlerweile populärer geworden, so Fuhr weiter. Investoren besitzen nun ein fast vollständiges Toolkit, denn bei inzwischen über 300 EFTs, die zur Verfügung stehen, um Equity-Indizes durch verschiedene Indexmanager nach Ländern, Regionen oder Sektoren zu verfolgen, sind sie in der Lage, EFTs für taktische Allokationsstrategien nach Ländern und Sektoren zu nutzen. Auf diese Weise können sie den Gesamtbewegungen des Marktes folgen, anstatt sich dem Risiko einzelner Aktien in einem bestimmten Bereich auszusetzen. Aktive Trader nutzen die Vorteile von EFTs, um kurzfristig zu kaufen und zu verkaufen. EFTs ermöglichen aber auch kurzfristige Verkäufe, wenn Investoren fallende Märkte ausnutzen wollen. Andererseits bedeutet die mittel- bis langfristige Investition in EFTs die Verfolgung einer Kaufen- und Halten-Strategie, um Gewinne von den Aktienmärkten abzuernten. Dies bedeutet jedoch auch, dass der Investor den Schwankungen des Markts gänzlich ausgeliefert ist, denn passive Investitionen werden stets vollständig investiert.

Trotz dieses Umfelds wird diese Situation derzeit von einigen Fonds-Gurus überdacht. Eventuell taugen Kaufen- und Halten-Strategien, die in der Vergangenheit durchaus ihre Berechtigung hatten, heute nicht mehr, um den veränderten Marktbedingungen gerecht zu werden, die nicht nur turbulenter als früher sind, sondern auch ein geringeres Wachstumspotenzial aufweisen. Die Situation unterscheidet sich stark vom Bullenmarkt der späten 90er, als Tracker Outperformance brachten, weil die Investoren bemüht waren, die riesige Anzahl von New-Technology-Aktien zu besitzen, die in den FTSE100-Index drängten, so Trevor Green, Fondsmanager bei Allianz Dresdner in London. Green zufolge war die Performance von FTSE100-Aktien, Outperformer wie Shell und BP mit eingeschlossen, im Laufe des vergangenen Jahres enttäuschend.

Die Logik ist überzeugend: Warum sollte man sich als Fondsmanager Aktien mit geringem Potenzial widmen, nur weil diese im Index enthalten sind? Die Zusammensetzung der Indizes basiert im Allgemeinen auf Kriterien, die nicht unbedingt die für Fondsmanager relevantesten sein müssen, wie zum Beispiel die Marktkapitalisierung.

Die Anhänger des passiven Managements setzen dem häufig Argumente der Theorie des effizienten Marktes entgegen. Diesem Prinzip zufolge spiegeln die Aktienpreise bereits die gesamten Informationen des Marktes wider, sodass die fundamentale Analyse des Fondsmanagers dem nichts hinzuzufügen hat. In der Konsequenz ist es also fast unmöglich, langfristig eine bessere Performance als der Markt zu erzielen.

Angesichts der riesigen Anzahl an Wertpapieren und der aus Kostengründen geringeren Anzahl von Analysten in den Banken gehen selbst die Befürworter des passiven Investments nicht von völlig effizienten Märkten aus. Niemand geringeres als Nobelpreisträger William Sharp, selbst ein strikter Fürsprecher der Theorie des effizienten Marktes, konnte aktives Management nicht völlig ausschließen - jedoch sollte es marktneutral sein: Dies ist die einzige Möglichkeit, Investitionen zu tätigen, wenn man an aktives Management glaubt. Wenn das wahr ist, sollten Fondsmanager in den gesamten Markt investieren, während sie die einzelnen Aktien je nach ihrer Qualität entweder positiv oder negativ gewichten - oder vielleicht sogar diejenigen in Short-Positionen umwandeln, die mit einiger Wahrscheinlichkeit fallen werden. Derartige Ansätze, die häufig eine absolute Renditestrategie verbergen, ziehen derzeit mehr Aufmerksamkeit auf den Sektor. Dies erlaubt es, von den Marktbewegungen unabhängige Rendite zu erzielen.

Immer weniger Fondsmanager wagen aktives Management

Da sich die Performance unterschiedlicher Fonds stark voneinander unterscheidet, wäre es nur gerecht, zu schlussfolgern, dass man über das Potenzial jeder beliebigen Aktie geteilter Meinung sein kann. So erzielte der schlechteste europäische Fonds in der von Feri Trust untersuchten Fondsgruppe im Jahr 2003 gerade einmal 4%, während der beste 41% einfuhr. Aus diesem Grund ist die aktive Aktienauswahl immer noch sehr lohnend. Insbesondere dieser Markt hat in den letzten zwölf Monaten gezeigt, dass aktives Management wieder in Mode kommt, was auf das Auftauchen von aggressiven Fonds, die nicht an einen Vergleichsindex gefesselt sind, zurückzuführen ist, so Andy Merricks, Leiter von Simpsons of Brighton IFA. Guten Managern wird es nicht besonders schwer fallen, den Index zu schlagen.

Die Theorie des effizienten Marktes basiert jedoch auf einer grundlegenden Wahrheit: Umfassende Recherche ist die Voraussetzung für überdurchschnittliche Performance. Studien zeigen, dass es für Fondsmanager sehr viel schwieriger ist, in Bondmärkten überdurchschnittliche Performance zu erbringen, obgleich diese viel transparenter als Equity-Märkte sind. Da sich die großen Investmentfonds-Unternehmen intensivere Recherchearbeit leisten können, scheinen sie dabei einen Schritt voraus zu sein.

Vielleicht ist dies ein weiterer Grund dafür, warum nach dem Platzen der Aktienblase immer weniger Fondsmanager den Mut aufbringen, ihrer Überzeugung zu folgen und aktiv vom Vergleichsindex abzuweichen. Die Zahlen von Feri Trust zeigen, dass zahlreiche Fonds ihren Tracking Error in den letzten Jahren reduziert und sich enger an den Index gebunden haben (siehe Grafik Seite 7). Dies ist genau die Situation, in der man sich von den Märkten lösen und seiner eigenen Investment-Strategie vertrauen muss, so Klaus Kaldemorgen von der DWS, der die guten Chancen für Stock-Picker hervorhob.

Ein Manager, der sich strikt am Vergleichsindex orientiert, kann seine Aufgabe, nämlich seinen Investoren einen Mehrwert zu bieten, nicht erfüllen. In diesem Falle schwindet alle Hoffnung, mit passiven Managementprodukten, wie EFTs, eine Outperformance erzielen zu können. Wenn man in einem Tracker-Fonds ist, hält man sich garantiert unterhalb des Durchschnitts auf, den man verfolgt. Denn selbst wenn man ihm präzise folgt, bekommt man am Ende doch nur die Performance des Index abzüglich der Gebühren. Auf diese Weise lässt sich der Index auf keinen Fall schlagen, so Andy Merrick von Simpsons of Brighton. Wenn man sich für die aktive Version entscheidet, befindet man sich in einer besseren Position als ein Tracker, und zwar schlicht deshalb, weil man sich aktiv verhält.

Quelle: DWS

Die DWS (Die Wertpapier Spezialisten), Fondstochter der Deutschen Bank, ist im Publikumsfondsgeschäft mit einem verwalteten Vermögen von mehr als 120 Mrd. Euro Marktführer in Deutschland. Der Marktanteil in Deutschland liegt in etwa bei 24,5 %. Europaweit zählt die DWS über 4 Millionen Kunden. Die DWS Fonds-Palette deckt alle Regionen und Branchen, viele Anlageformen und Anlagestile ab.

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