Kommentar
11:00 Uhr, 25.07.2007

Investmentfehler

Die Vergangenheit zeigt, dass sich Investoren nicht immer rational verhalten. Vorsicht vor Bauchentscheidungen!

Befürworter der traditionellen Kapitalmarkttheorie unterstellen Anlegern rationales handeln. Demnach sollten verhaltenspsychologisch getriebene Blasen eigentlich nicht möglich sein. Dennoch wissen wir alle, dass die Gier durchaus das Hirn fressen kann. Menschliche Charakterschwächen hindern Anleger, rational zu entscheiden.

Studien über Investorenverhalten zeigen, dass wir aktuelle Trends viel zu weit in die Zukunft fortschreiben, zu stark auf unsere Fähigkeiten vertrauen und zu schnell (oder nicht schnell genug) auf neue Informationen reagieren. Diese Tendenzen führen dazu, dass Investoren oftmals Entscheidungen treffen, die ihren eigenen Interessen zuwiderlaufen.

Mit der Erkenntnis, dass Investoren irrationale Investmententscheidungen treffen, beschäftigt sich die Wissenschaftsdisziplin Behavioural Finance. Dieser Ansatz verbindet die Finanztheorie mit der Psychologie, um diejenigen Charaktereigenschaften zu identifizieren, die einem erfolgreichem Investmentprozess im Wege stehen.

Welche alltäglichen Fehler sollten Investoren vermeiden?

Weniger Aktion und interpretiere nicht zu viel in jüngste Ereignisse hinein: Die Deutung ist zu schwer!

Werden Menschen regelmäßig und intensiv mit Informationen konfrontiert, so wenden die meisten Daumenregeln an, um diese zu bewältigen. Dabei neigen wir dazu, wenig relevante Geschehnisse zu stark zu gewichten, weil Fernsehen, Zeitungen und Magazine eine Nachricht aufblasen. Auch überschätzen Menschen ihre Fähigkeiten, Ereignisse einzuordnen und richtig zu bewerten.

Bei dem Versuch, die Zukunft zu beurteilen, stoßen wir an unsere Grenzen: Menschen messen vergangenen Ereignissen eine zu große Bedeutung zu und orientieren sich an einem gedanklichen Anker in der Vergangenheit. Aus der Vergangenheit lässt sich aber nur eingeschränkt auf die Gegenwart oder Zukunft schließen.

Du weißt nicht so viel, wie du glaubst zu wissen

Menschen überschätzen ihre eigenen Fähigkeiten. Das Phänomen des „Overconfidence“ zeigt sich besonders unter Anlegern. Studien dazu belegen, dass sehr selbstsichere Investoren häufiger handeln (kaufen und verkaufen), weil sie glauben, mehr zu wissen als andere Marktteilnehmer. Solche Investoren erzielen im Durchschnitt weniger Rendite. Die höheren Transaktionskosten verzehren einen Großteil der Performance.

Studien zeigen zudem, dass selbst ungeachtet der Transaktionskosten häufig handelnde Investoren an den Kapitalmärkten schwächer abschneiden. Gerne vergleichen Fondsanalysten deshalb aktive Fondsmanager, die regelmäßig Aktien kaufen oder verkaufen, mit ETFs oder Indexfonds, die passiv den Aktienmarkt mit geringen Kosten und praktisch ohne Handelskosten abdecken können.

Halte Gewinner-Aktien länger und verkaufe Verlierer-Aktien schneller oder: Never change a running horse!

Investoren verkaufen eher Gewinner-Aktien als Verlierer-Aktien. Für viele Anleger ist ein sicherer Gewinn wichtiger als die Aussicht auf weitere Gewinne. Andererseits gestehen sich die meisten nur ungern eine Niederlage ein. Aus diesem Grund halten sie Verlierer-Aktien zu lange in ihrem Portfolio - in der Hoffnung, dass sie sich wieder erholen. Als Folge werden Gewinner-Aktien zu früh und Verlierer-Aktien zu spät verkauft. Ein Dilemma, was jeder Aktienanleger bei sich selbst beobachten kann.

Ein möglicher Ausweg ist, das Portfolio nicht zu häufig umzuschichten und damit weniger auf kurzfristigen Informationslärm zu reagieren. Im Zuge einer Umschichtung werden meist Gewinner-Aktien zu Gunsten (oder treffender zu Ungunsten!) von Verlierer-Aktien ersetzt. Zwar wird möglicherweise das Portfolio diversifiziert und das Risiko reduziert, aber gleichzeitig werden die Gewinnmöglichkeiten begrenzt. Eine Umschichtung ist nur dann sinnvoll, wenn die angestrebte Aufteilung im Portfolio ernsthaft aus dem Gleichgewicht geraten ist (strategische Asset Allokation). Geringe Abweichungen sind zu vernachlässigen.

Außerdem sollte man nicht davor zurückschrecken, Verlierer-Aktien zu verkaufen, damit andere Investmentgelegenheit einem nicht entgehen. Der richtige Zeitpunkt ist dabei entscheidend. Können die eigenen Erwartungen nicht erfüllt werden, sollte verkauft werden.

Disziplin ist alles

Wie auch schon Warren Buffet sagte, hängt Erfolg beim Investieren nicht mit dem IQ eines Menschen zusammen. Es kommt vielmehr darauf an, konsequent zu bleiben und sein Verhalten zu kontrollieren. Nur so lassen sich die typischen Investmentfehler vermeiden.

Autor: Morningstar Deutschland

Dieser Artikel wurde auf http://www.fonds-reporter.de/ veröffentlicht

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Über den Experten

Harald Weygand
Harald Weygand
Head of Trading

Harald Weygand entschied sich nach dem Zweiten Staatsexamen in Medizin, einer weiteren wirklichen Leidenschaft, dem charttechnischen Analysieren der Märkte und dem Trading, nachzugehen. Nach längerem, intensivem Studium der Theorie ist Weygand als Profi-Trader seit 1998 am Markt aktiv. Im Jahr 2000 war er einer der Gründer der stock3 AG und des Portals www.stock3.com. Dort ist er für die charttechnische Analyse von Aktien, Indizes, Rohstoffen, Devisen und Anleihen zuständig. Über die Branche hinaus bekannt ist der Profi-Trader für seine Finanzmarktanalysen sowie aufgrund seiner Live-Analysen auf Anlegerveranstaltungen und Messen.

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