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09:00 Uhr, 22.03.2009

Interview: Neuer LGT-Osteuropa-Fonds entsteht inmitten der Krise

In schwierigen Zeiten wie diesen mit einem neuen Fonds an den Start zu gehen, ist mutig. Doch die Verantwortlichen bei LGT ließen sich weder von der immer stärker um sich greifenden Krise in Osteuropa abschrecken, noch von der Tatsache, dass es bereits sehr viele Osteuropa-Fonds mit Vertriebs- Zulassung in Deutschland gibt. Mitte November 2008 ging der der LGT Equity Fund Emerging Europe und MENA (EUR) B Fund (ISIN: LI0046413329) an den Start. Dahinter steckt ein aktiv verwaltetes Aktienportfolio, das primär in Unternehmen investiert, die ihren Sitz in Mittel- , Ost- und Südosteuropa (inkl. Russland und Türkei) sowie in den ehemaligen Sowjetrepubliken, dem Nahen Osten und Nordafrika haben oder dort den größten Anteil ihrer wirtschaftlichen Aktivität ausüben.

Im nachfolgenden Interview erklärt Fondsmanager Egon Vavrek, warum man den neuen Fonds lanciert hat und warum er an seine Zielregion glaubt.

Herr Vavrek, wie würden Sie Ihren Anlagestil und Ihre Anlagephilosophie beschreiben?

Wir betreiben einen dedizierten Stock Picking Ansatz, wobei wir uns auf die folgenden Schlüsselfaktoren konzentrieren: Wachstum (GARP = Growth At Reasonable Price), Fähigkeiten des Managements, langfristige Wettbewerbsvorteile und Profitabilität. Die Titelselektion steht im Zentrum unseres aktiven Portfoliomanagements dagegen weniger die Sektoren- und Länderallokation.

Sie vertrauen bei Ihrer Methode offenbar auch auf Erkenntnisse aus der Behavioral Finance Theorie. Wie fließt dieser Ansatz in Ihre Anlageentscheidungen mit ein?

Die Erkenntnisse aus Behavioral Finance spielen eine zentrale Rolle für die Anlageentscheide. Das Spezialistenteam unterstützt mich darin, das jeweils vorherrschende Verhalten der Marktteilnehmer zu analysieren und damit Trends zu identifizieren. Es existieren bereits viele auf Osteuropa ausgerichtete Fonds.
Was können Sie denn besser machen als die Konkurrenten?

Der LGT Emerging Fund Europe & MENA (Middle East and North Africa) hebt sich in vielerlei Hinsicht von den bestehenden Regionalfonds ab. Vor allem ist unser geographischer Ansatz breiter ausgerichtet als bei den meisten Wettbewerbern. Zusätzlich zu den traditionellen Anlageländern wie Polen, Tschechien, Ungarn und Russland evaluieren wir Investments in Unternehmen in Ländern wie die Türkei, Ägypten und in weiten Teilen des Nahen Ostens. Wir sind überzeugt, dass diese Zusatzländer den Anlegern langfristig einen Mehrwert verschaffen. Sie sind auch besser aufgestellt, die aktuelle Krise zu meistern. Dabei möchte ich aber unsere Überzeugung betonen, dass jedes Land und jedes Unternehmen für sich alleine betrachtet werden muss und dass die Anlageentscheide erst nach einem detaillierten, systematischen Prozess getroffen werden.

Der Fonds wurde in einer allgemein sehr schwierigen Zeit aufgelegt und in einer Phase, in welcher der Konvergenzprozess zumindest ins Stocken geraten ist und einige osteuropäische Staaten sogar als Pleitekandidaten gelten. Warum haben Sie den Fonds trotzdem gestartet?

Wir bei LGT sind davon überzeugt, dass Schwellenländer langfristig die besseren Wachstumsaussichten haben als die entwikkelten Länder. Folglich müssen wir unseren Kunden Produkte mit einer entsprechenden regionalen Ausrichtung anbieten. Dabei sind wir uns aber voll bewusst, dass die derzeit herausfordernden volkswirtschaftlichen Rahmendaten es den meisten Ländern schwierig machen werden, ihre Wachstumspotenziale zu erschließen, da kurzfristig zunächst leidvolle Anpassungen anstehen. Wir konzentrieren uns auf Länder, die strukturell besser aufgestellt sind, um mit den gegenwärtigen Herausforderungen fertig zu werden. Dazu zählen unter anderem Polen, Tschechien und bis zu einem gewissen Grad die Türkei und Russland. Viele Vertreter aus der EU haben jüngst ihre Unterstützung für die gebeutelten EU-Mitglieder aus Osteuropa zugesagt. Das war ein starker Hinweis darauf, dass die internationalen Organisationen nicht gewillt sind, diese Länder (beispielsweise das Baltikum und Ungarn) bankrott gehen zu lassen. Länder außerhalb der EU könnten es da weitaus schwieriger haben.

Normalerweise investieren Fonds entweder in Osteuropa oder im Nahen Osten oder in Nordafrika. Doch Sie investieren in allen diesen Regionen. Was ist der Grund dafür?

Der LGT Emerging Fund Europe and MENA investiert sowohl in aufstrebende europäische Länder als auch in die MENA-Region, welche den Nahen Osten und Nordafrika umfasst. Dies tun wir deshalb, weil wir in der MENA-Region eine ähnliche Dynamik beobachten wie in den aufstrebenden Ländern Osteuropas. Allerdings hinken die Marktreformen und die strukturellen Veränderungen hier zum Teil noch einige Jahre hinterher. Nicht zu vergessen ist, dass die Demographie für diese Region spricht.

Ermutigt fühlen wir uns auch durch die Versicherungen der Verantwortlichen, die lokalen Aktienmärkte zu öffnen, den Einfluss des Staates zu verringern und ganz allgemein die Bürokratie abzubauen. Das beste Beispiel für die positiven Veränderungen ist die Unterzeichnung eines Vorvertrages zur Gründung einer Währungsunion durch die Staaten des Golfkooperationsrates. Saudi Arabien hat zudem unlängst Ausländern den Marktzutritt über verschiedene Swap-Geschäfte erlaubt.

Derzeit ist es fundamental nicht gut bestellt um die Weltwirtschaft, und auch charttechnisch gesehen sind die langfristigen Abwärtstrends intakt, was für weiter fallende Kurse spricht. Ist es Ihnen erlaubt, auf fallende Notierungen zu wetten?

Mit unserem Fonds sind wir nur auf der Long-Seite aktiv. Wir können Aktien nicht shorten. Aber ich bin auch nicht der Meinung, dass die langfristigen Abwärtstrends intakt sind. Vielmehr glaube ich daran, dass die langfristigen säkularen Bullenmärkte intakt sind und es sich nur um kurz- bis mittelfristigen Gegenwind handelt. Wer beispielsweise im Jahr 2001 in den Emerging Markets investiert hat, der sitzt jetzt noch immer auf Gewinnen von 91 Prozent, was einem jährlichen Plus von 9,2 Prozent entspricht. Der S&P 500 Index ist dagegen in dieser Zeit kumuliert um 28 Prozent oder jährlich um 4,4 Prozent gefallen. Übrigens: trotz äußerst negativem Nachrichtenfluss über Osteuropa hat unser Fonds seit Jahresbeginn bis 11. März absolut nur 4% verloren.

Zu Beginn der Kreditkrise herrschte noch die Einschätzung vor, die Schwellenländer und Osteuropa könnten sich dieses Mal etwas von der negativen Entwicklung abkoppeln. Warum ist diese These nicht aufgegangen? Und besteht nicht sogar die Gefahr, dass Osteuropa wegen der wegbrechenden Exporte letztlich sogar relativ schlecht dastehen wird?

Die Abkoppelungsthese hatte zunächst viele Anhänger. Aber man hatte die massiven Fremdfinanzierungsgrade vergessen und sich stattdessen auf die hohen Devisenreserven sowie die staatlichen Wohlstandsfonds konzentriert, womit man glaubte, eine expansive Fiskalpolitik finanzieren zu können. Als der Finanzsektor dann seine Verschuldung abbauen musste, begann es eng zu werden für die Region. Und Volkswirtschaften mit einer hohen Exportquote wie die Autoproduzenten Tschechien und Slowakei gerieten ebenfalls ins Trudeln.

Wir müssen auch beachten, dass einige der Länder stark vom inländischen Konsum getragen werden und Exporte wie in Polen, Ägypten oder der Türkei nur 20 bis 30 Prozent des Bruttoinlandproduktes betragen. Auch die Verschuldung der Konsumenten und der Unternehmen ist in diesen Ländern tendenziell geringer, so dass sie bessere Voraussetzungen haben, mit der globalen Konjunkturschwäche fertig zu werden. Die sinkenden Inflationsraten werden es hier ermöglichen, die vorhandenen Reserven zu nutzen, um eine expansive Geld- und Fiskalpolitik zu betreiben.

Ende Januar kamen neun der zehn größten Unternehmen in Ihrem Fond aus Russland, und die Gewichtung dieser Titel belief sich auf mehr als 50 Prozent. Warum war deren Anteil so hoch und warum fehlten der Nahe Osten und Afrika praktisch vollständig?

Ende Januar hatten wir ein kompaktes Portfolio. Wir haben uns bewusst so positioniert, um von einer Erholung der russischen Börse zu profitieren aus der Annahme heraus, dass viele Anleger den erreichten sehr tiefen Bewertungen Beachtung schenken werden. Die Länder im Nahen Osten haben zu Jahresbeginn dagegen noch ein Re- Rating durchlaufen, und die Finanz- und Immobilienaktien sind hier noch weiter abgerutscht.

Das Resultat unserer Strategie kann sich sehen lassen. Per 11. März haben wir die Benchmark seit Anfang Jahr um über 4% geschlagen, was uns im Konkurrenzvergleich im obersten Viertel positioniert hat. Nun ein kurzer Blick in die Zukunft: Nachdem die Performance in der MENA-Region so schlecht war, sehen wir nun hier neue Chancen und erwägen deshalb, unsere Gewichtung in dieser Region zu erhöhen. Wie lauten Ihre Favoriten auf Länderebene und bei den Einzelwerten? Ich fokussiere mich im derzeitigen Umfeld auf Unternehmen mit begrenzten Schulden, der Fähigkeit, hohe freie Cash Flows zu generieren, gut planbaren Gewinnen, einem nachweislich fähigen Management und einer überdurchschnittlichen Profitabilität. Wie erwähnt, machen wir keine Branchen- oder Länderallokation, aber ich versuche Länder mit massiven volkswirtschaftlichen Ungleichgewichten wie die Ukraine, das Baltikum oder Ungarn zu meiden.

Viele Währungen in ihren Zielregionen haben zuletzt abgewertet. Rechnen Sie mit einer Fortsetzung dieses Trends, und können Sie ihre Währungspositionen absichern?

Wir haben keine Möglichkeit, unsere Währungspositionen abzusichern. Aber ich sehe Anzeichen dafür, dass die Anleger anfangen, zwischen den schwachen und stabileren Volkswirtschaften der Region zu unterscheiden. Bisher wurden fast alle Währungen ähnlich stark abgestraft. Einige davon zu Unrecht, und diese dürften sich mittelfristig wieder ihrem fairen Gleichgewichtswert annähern. Die wirklich schwachen Währungen könnten dagegen kurzfristig weiter abrutschen, solange die Probleme wie zu hohe Auslandsschulden und Haushaltsdefizite, welche die Kursverluste ausgelöst haben, nicht behoben sind.

Quelle: Ostbörsen-Report

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