Kommentar
11:02 Uhr, 10.02.2006

Interview mit Fondsmanager Andrew Lynch

Der Schroder ISF EURO Dynamic Growth ist einer von drei Fonds im Schroder ISF-Angebot, der in Aktien der Eurozone investiert. Er wies 2005 mit einem Ertrag von 29,55% (im Vergleich zu einem Ertrag von 25,38% des MSCI EMU-Index) eine starke Performance auf. Seine langfristige Erfolgsbilanz ist ebenfalls gut – in den letzten drei Jahren bis Ende Dezember 2005 erbrachte der Fonds einen Ertrag von 85,71% (im Vergleich zu einer Steigerung von 61,31% beim MSCI EMU-Index). Damit steht er an vierter Stelle von 72 Fonds in seinem Sektor. Andrew Lynch, der den Fonds seit September 2002 verwaltet, spricht hier über seinen Anlagestil, warum Investoren einen Wachstumsfonds erwägen sollten und warum es bei dynamischem Wachstum nicht nur um Technologieaktien und Small-Caps geht.

Fonds-Philosophie

Unser Ziel ist es, in Gesellschaften zu investieren, die wahrscheinlich eine gute Performance aufgrund von organischem Wachstum bringen, statt durch serielle Übernahmen, die unserer Meinung nach den Shareholder-Value zerstören. Die Qualität des Managements, ein hoher Cash-Flow und eine starke Marke sind alles Eigenschaften, auf die wir bei der Auswahl von Aktien achten.

Widerlegung der Mythen über Investition in Wachstum

Anders als ein “typischer“ Wachstumsinvestor glauben wir, dass Investition in Wachstum nicht das Gegenteil von Investition in Werte ist. Wir versuchen, Gesellschaften zu finden, die außer, dass sie mit einem Abschlag gehandelt werden und deshalb einen guten Wert darstellen, auch ein hohes Wachstumspotenzial durch die Fähigkeit bieten, den Absatz und die Gewinne zu steigern. Wir sind der Meinung, dass diese Methode mittelfristig eine erheblich bessere Leistung liefern wird.

Dynamisches Wachstum – geht es nur um Technologieunternehmen und Small-Caps?

Viele Menschen sagen, dass ein Fonds mit Schwerpunkt auf dynamischem Wachstum nur ein riskanter Technologie-Fonds mit einem anderen Namen ist – aber wir halten sehr wenige Technologie-Aktien. Sie sagen außerdem, dass ein solcher Fonds hauptsächlich aus Small-Caps besteht, aber mehr als 65% unseres Fonds sind in Gesellschaften mit einem Wert von über 2 Milliarden Euro investiert. Und sie sagen, dass das Portfolio aus aggressiven Übernehmern besteht – aber wir konzentrieren uns auf organisches Wachstum.

Die Art von Gesellschaften, die wir suchen, müssen eine starke Marke, gute Bilanzen und ein erstklassiges Management haben. Sehr wichtig ist auch die Fähigkeit, Wachstum intern zu finanzieren und nicht durch teure Übernahmen. Aber vor allem muss die Bewertung angemessen sein. Wir kaufen ein Unternehmen nur, wenn seine Bewertung attraktiv ist – wir suchen im Grunde nach Wachstum zu einem guten Preis.

Wichtige Themen: Energie

Energie bleibt das Schüsselthema des Fonds und ist übergewichtet. Wir erwarten, dass die Energiepreise hoch bleiben, da das Angebot nicht mit der starken langfristigen Nachfrage (die größtenteils von der chinesischen Wirtschaftsexpansion getrieben wird) Schritt halten kann und die Rohölpreise dadurch vielleicht nicht unbedingt im Bereich von 60 US-Dollar, aber sicherlich über 40 US-Dollar pro Barrel bleiben. Dies sollte dazu beitragen, dass wichtige europäische Ölfirmen weiterhin positives Ertragswachstum behalten.

Der Fonds hat Total und ENI übergewichtet, sowie das holländische Ölserviceunternehmen Fugro. Wenn wir uns insbesondere Total ansehen, sind wir der Meinung, dass das Produktions- und Rücklagenwachstum dieses Unternehmens unter den wichtigen Ölfirmen eines der besten ist. Das Unternehmen hat außerdem eine starke Position bei Raffinerien, die zurzeit im Markt einen Engpass darstellen.

Wichtige Themen: Finanzen

Wir bevorzugen außerdem Aktien von Finanzunternehmen, die in schnell wachsenden Ökonomien wie Irland tätig sind – irische Banken bieten im Grunde erstklassiges Wachstum zu einem günstigen Preis. Irland erlebt ein schnelles wirtschaftliches und Kreditwachstum, was bedeutet, dass die drei Hauptteilnehmer im Markt ohne großen Wettbewerbsdruck bei den Preisen wachsen können. Der Fonds hat übergewichtete Positionen bei allen drei dieser wichtigen Teilnehmer: Allied Irish Bank, Anglo Irish Bank und Bank of Ireland. Diese Banken haben regelmäßige Steigerungen bei den Erträgen erlebt, deshalb werden sie trotz starker Gewinne beim Aktienkurs noch nicht mit einem Zuschlag gegenüber anderen europäischen Banken gehandelt.

Wichtige Themen: Industrie

Wir haben mehrere erstklassige Unternehmen in der Bau- und Konstruktions- und Maschinenbaubranche gefunden, die eine starke Nachfrage aus den Überseemärkten erleben. Hochtief ist ein Beispiel dafür. Dieses Unternehmen wird auf dem deutschen Aktienmarkt noch immer unterschätzt. Der Wechsel zu neuen Methoden der Finanzierung von Bau- und öffentlichen Aufträgen in Deutschland, vor allem öffentlichprivate Partnerschaften (ÖPP), bietet signifikantes Potenzial. Hochtief hat Erfahrung mit diesem Modell der Arbeit in Ländern wie Großbritannien, Irland und den USA, was das Unternehmen gut für das Geschäft in Deutschland positioniert. Die deutsche Bauwirtschaft ist seit vielen Jahren schwach, die Aussichten für die Zukunft sind jedoch aufgrund dieser Entwicklung besser. Die Kenntnisse von Hochtief im Projektmanagement helfen dem Unternehmen, gute Erträge in diesem Bereich zu generieren.

Umsatz des Fonds – wie lange halten wir Aktien?

Aktien sind eine Beteiligung an einem Unternehmen, und wir investieren nur, wenn wir dieses Unternehmen besitzen möchten. Dies bedeutet, dass unser Umsatz im Allgemeinen nicht so hoch ist, da wir Aktien nicht innerhalb kurzer Zeit kaufen und wieder verkaufen. Doch wir scheuen uns nicht, eine Gesellschaft zu verkaufen, wenn ihre Aktien einen angemessenen Wert erreichen – auch wenn wir immer noch von den Fundamentaldaten überzeugt sind – denn wir haben eine sehr beständige Verkaufsdisziplin.

Wie haben wir diese Verkaufsdisziplin angewendet?

Dies ist gut an einem Unternehmen zu sehen, das wir im Portfolio hatten: der spanische Windturbinenhersteller Gamesa. Wir haben Gamesa Anfang 2003 gekauft, als der Kurs bei ungefähr 5 Euro lag. Das Unternehmen hat uns aus einer Reihe von Gründen gefallen. Es hatte eine starke Bilanz und eine gute Umsatzgenerierung, die zwischen dem Turbinenverkauf und der Windfarmentwicklung ausgeglichen war. Es war gut positioniert, um vom steigenden Fokus auf nachhaltige Energie und dem erhöhten Druck auf Unternehmen, Umweltbestimmungen einzuhalten, zu profitieren. Außerdem wurden Marktanteilgewinne als Folge einer Fusion zwischen zwei seiner Wettbewerber erwartet.

Wir hielten die Aktien 18 Monate lang und überprüften ständig die Fundamentaldaten und das betriebliche Umfeld und trafen uns mit dem Management. Dann entschieden wir uns Mitte 2004 zum Verkauf: Obwohl alle Faktoren, die uns die Aktie anfänglich nahe brachten, immer noch gültig waren, waren wir der Meinung, dass die Aktie bei ungefähr 11 Euro ihren angemessenen Wert erreicht hatte und es der richtige Moment war, Gewinne mitzunehmen.

Quelle: Schroders

Die Schroders-Gruppe ist eine führende internationale Vermögensverwaltungsgesellschaft, die 1804 gegründet wurde. Schroders verwaltet Anlagen für Pensionsfonds, Regierungsbehörden, Wohltätigkeitsorganisationen, Körperschaften, Familienunternehmen und vermögende Privatpersonen weltweit und ist ein führender Verwalter von Investmentfonds. Schroders bietet Anlagen in allen wichtigen Vermögenskategorien in entwickelten Ländern und Schwellenländern an: Aktien, Schuldtitel, Geldmarktinstrumente, Beteiligungen und Immobilien. Das weltweit verwaltete Vermögen betrug zum 31. März 2005 rund 158,2 Mrd. Euro.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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