Interview mit einem Rohstoff-Hedgefonds-Manager
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Rohstoff-Report sprach mit Herrn Jeremy Baker, einem renommierten Rohstoffexperten und Hedgefondsmanager des Vontobel Belmont (Lux) Natural Resources Fund über seine Einsschätzungen bezüglich Konjunktur, Rohstoffmärkten, sowie den Chancen dieses speziellen Investmentansatzes.
1. Mr. Baker, Wie schätzen Sie die aktuelle Konjunkturlage ein?
Für das Jahr 2008 erwarten wir eine Abschwächung des Weltwirtschaftwachstums, die sich bis in das Jahr 2009 erstrecken kann. Ausgangslage ist eine langsamer wachsende amerikanische Volkswirtschaft die auch auf die europäischen und asiatischen Länder eine dämpfende Wirkung ausübt. Darüber hinaus ist zu befürchten, dass das exportlastige Asien sein starkes Wachstum nicht ohne die Unterstützung der USA und Europa fortsetzen kann.
2. Welche Investmentthemen sehen Sie im Moment als besonders drängend an, wo liegen die zukünftigen Wachstumsmärkte?
Besonders interessant zu beobachten sind die Zusammenhänge zwischen Energie- und Agrarwirtschaft, die zum grossen Teil durch die Biokraftstoff-Industrie geprägt sind.
Im Bereich Energie strebt insbesondere das Rohöl neue Höchststände an. Als Folge der stabilen Nachfrage aus Asien wurden minimale Rückgänge in den USA kompensiert In Verbindung mit der bevorstehenden „Driving Season“ in Nordamerika, werden wir die Auswirkungen auf den Ölpreis und die Benzinnachfrage über die kommenden Monate genau im Auge behalten.
Der Agrarmarkt hat eine Umstrukturierungsphase hinter sich, die vor allem die Nachfrage nach Mais und Sojabohnen geprägt hat. Die wachsende Bedeutung von Biokraftstoffen einerseits und die steigende asiatische Nachfrage andererseits, hat für diese Nahrungsmittel zu sehr angespannten Marktverhältnissen geführt. Zusätzlich hat Nordamerika dieses Jahr als grösster Maisproduzent einen schwierigen Start erwischt, da schwere Regenfälle den Bepflanzungsprozess verzögerten. In Verbindung mit suboptimalen Bodenbedingungen ist du erwarten, dass der diesjährige Ernteertrag geringer ausfällt und somit die Angebotssituation weiterhin verschärft.
Auch das Angebot an Sojabohnen wird nicht schnell wachsen können, da Engpässe in der Infrastruktur Brasiliens sowie politische Hürden in Argentinien eine Produktionsausweitung behindern.
3. Man spricht immer von dem Rohstoff-Zyklus. Auf welcher Stufe der Skala befindet sich der Markt derzeit?
Dass die Rohstoffmärkte sich in einem Bullenmarkt befinden, ist mitterweile unumstritten. Eine Standortbestimmung im jetztigen Rohstoffzyklus sowie eine genaue Aussage über künftige Entwicklungen ist wohl möglich. Viel eher muss man nach den möglichen Faktoren fragen, die den Rohstoffboom prägen und daraus ableitend mögliche Szenarien durchspielen.
Über Jahre hinweg ist in die Infrastruktur zur Gewinnung und Veredlung von Rohstoffen ungenügend investiert worden. Dieser Faktor hat für viele Rohstoffgruppen zu Lieferengpässen und steigenden Preisen geführt, da gleichzeitig die Nachfrage von aufstrebenden Schwellenländern dramatisch zugenommen hat.
Zusätzliche externe und sehr entscheidende Faktoren sind politische Bemühungen rohstoffproduzierender Länder, die mittels Nationalisierungsmassnahmen und Exportbesteuerung die Angebotssituation weiterhin verschärfen.
Derzeit sehen wir bei den oben genannten Faktoren keine Enstpannungstendenzen. Viel eher sind wir der Überzeugung, dass Verbraucher sich zukünftig auf ein grundsätzlich höheres Preisniveau bei einer weiten Gruppe von Rohstoffen einstellen müssen.
4. Warum sollte der Investor aus Ihrer Sicht langfristig auf Rohstoffe setzen?
Wir sehen zwei entscheidende Gründe. Einerseits erwarten wir auf lange Sicht, wie oben geschildert, auch zukünftig fundamental getriebene hohe Rohstoffpreise. Andererseits verfügen Rohstoffanlagen im Vergleich zu traditionellen Anlageklassen über sehr unterschiedliche Risiko- und Renditeeigenschaften. Das Stichwort heisst Dekorrelation. Durch die Beimischung einer Rohstoffkomponente, lässt sich das Gesamtprofil eines diversifierzierten Portfolios optimieren.
Auch die Rohstoffmärkte durchlaufen wie alle Finanzmärkte verschiedene Zyklen innerhalb eines langfristigen Trends. Investoren müssen sich der höheren Schwankungsbreite von Rohstoffrenditen bewusst sein. Von ganz entscheidender Bedeutung ist die Beurteilung der Rohstoffallokation im Gesamtportfoliokontext.
5. Wie sehen Sie den aktuellen Ölpreis? Wo geht die Reise hin?
Wie bereits erwähnt, hat die nordamerikanische „Driving Season“ gerade erst begonnen, und obwohl die Nachfrage gegenüber dem letzten Jahr etwas zurückgegangen ist, ist sie im Vergleich zu früheren Jahren immer noch sehr hoch. Zusätzlich bleibt die Nachfrage aus Europa stabil, da man hier schon seit langem an höhere Benzin- und Dieselpreise gewohnt ist. Asien konnte die leicht rückläufige Nachfrage anderer Regionen auffangen. Mit China als Gastgeber der Olympischen Spiele erwarten mir zumindest temporär, dass die lokale Regierung keine politischen Initiativen zur Eindämmung der nach wie vor steigende Nachfrage einleiten wird.
Demzufolge wären wir nicht überrascht, wenn die Rohölpreise weiter steigen.
6. Welche Tradingstrategien setzen Sie im Moment vorrangig ein?
Wir fokussieren uns im Moment auf tradingorientierte Strategien im Bereich der landwirtschaftlichen Erzeugnisse, Energie sowie Edelmetalle.
7. Welche Renditen kann der Anleger beim Belmont (Lux) Natural Resources Fund langfristig erwarten?
Das vorliegende Produkt ist ein breit diversifizierter Dachhedgefonds, der über Single Fonds sowohl direkt in einzelne Rohstoff(gruppen) wie auch in Rohstoffaktien investiert. Die zu erwartenden Renditeeigenschaften unterscheiden sich demnach grundsätzlich von anderen Formen der Rohstoffanlage, namentlich long-only Produkten. Renditetreiber für das Portfolio sind Allokationen zu erfahrenen Hedgefondsmanagern, die anhand von direktionalen und marktneutralen (relative value) Handelsstrategien positive Renditebeiträge erwirtschaften.
Relative Value Strategien versuchen beispielsweise Bewertungsdiskrepanzen zwischen ein und demselben Rohstoff entweder über unterschiedliche Zeiträume oder über regional voneinander abgetrennten Märkten gewinnbringend umzusetzen. Solche Diskrepanzen beruhen auf eine Vielzahl unterschiedlicher Mikro- und Makrofaktoren. Das Aufspüren und die Analyse solcher Faktoren erfordert Geschick und Erfahrung.
Zusätzlich führt Harcourt regelmässig Top-Down und Bottom-up Analysen durch. Somit wird geprüft inwiefern die jeweilige zugrundeliegende Rohstoffstrategie unter Berücksichtigung gesamtwirtschaftlicher Zusammenhänge optimal in das bestehende Dachfondsportfolio passt.
Die Top-Down Sicht wird vierteljährlich von Harcourts erfahrenem Anlageausschuss erarbeitet und erstreckt sich über 3 respektive 12 Monate.
Der Bottom-Up Prüfungsprozess wird fortlaufend vom dreiköpfig besetzten Commodity Team durchgeführt. Hierzu wird der breitgefächerte Rohstoffmarkt im Hinblick auf Schlüsselstrategien analysiert, die die Performance des Portfolios am ehesten beeinflussen. Ausgehend von diesen Erkenntnissen wird die Portfolioallokation angepasst.
Unsere Zielrendite liegt bei durchschnittlich 12% bis 15% pro Jahr.
Vielen Dank für das Interview
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