Kommentar
10:42 Uhr, 24.01.2013

Interview mit dem "TurboTrader"

Stefan „Ernie“ von Ehrenstein verantwortet seit Oktober vergangenen Jahres bei GodmodeTrader.de den Tradingservice „TurboTrader“. Seit Beginn des Services legt von Ehrenstein bei seinem Realdepot eine beachtliche Performance an den Tag (+ 22,81% seit 04.10.2012, Stand 10.01.2013). Und dies bei einer hohen Zahl an Trades und einer stetig steigenden Performancekurve ohne nennenswerte Verlustphasen. Grund genug von Ehrenstein nach seinem Erfolgsrezept und seinen Tipps für Einsteiger zu befragen.

Herr von Ehrenstein, wenn man sich neu mit dem selbstständigen, aktiven Börsenhandel beschäftigt, worauf sollte man Ihrer Meinung nach zuerst achten?

Man sollte zunächst einmal genügend Zeit investieren, um sich fortzubilden und zudem mit einem Kapital von 5.000 bis 10.000 Euro beginnen, das man frei zur Verfügung hat.

Das bedeutet also, dass Sie jemandem, der nicht über dieses Grundkapital verfügt, raten würden, zunächst auf den Börsenhandel zu verzichten? Oder gibt es Alternativen?

Mit kleineren Depotgrößen lässt sich keine optimale Risikostreuung verwirklichen. Des Weiteren „fressen“ bei kleinen Ordergrößen die Transaktionskosten die Gewinne auf. Bevor man seinen ersten Kauf an der Börse tätigt, sollte man sich zunächst gründlich informieren. Dazu gibt es auf Godmode-Trader.de einen Wissensbereich. Auch in Börsenforen und diversen Finanzblogs kann man sich austauschen und von den Erfahrungen und Tipps anderer profitieren. Im nächsten Schritt sollte man zunächst fiktiv mit sogenannten Papertrades handeln und in einem Musterdepot Käufe und Verkäufe simulieren.

Woran merke ich denn als Anleger, dass ich sozusagen reif für den Markt, für die ersten echten Trades bin?

Wenn es im Musterdepot über einen längeren Zeitraum und etlichen Trades nicht zu größeren Verlusten kommt und sich das Startkapital konstant hält oder sogar ein Gewinn erzielt wird.

Sie haben die Verluste angesprochen. Wie kann ich sowohl im Musterdepot als auch im realen Handel Verluste möglichst gering halten, bzw. wie vermeiden Sie beim Traden sog. Drawdowns, also Verlustserien?

Um größere Verluste zu vermeiden ist striktes Risikomanagement gefragt. Beim Handel mit Aktien sollte das Risiko je nach Depotgröße auf mindestens 5 bis 10 Positionen verteilt werden. Wenn man sein Kapital in einige wenige Positionen steckt, kann ein Verlust in einer Position nicht mehr abgefedert werden. Eine breitere Streuung kann einzelne starke Kursausschläge nach unten ausgleichen und so das Risiko minimieren. Zusätzlich sollte man auch mit Stop-Loss-Orders arbeiten. Wenn der Kurs einer Aktie unter einen festgesetzten Wert fällt, wird die Position dann automatisch von Ihrer Bank oder Ihrem Broker verkauft.

Gerade beim Thema Stop-Loss befürchten viele Anleger, dass Sie kurz vor einem starken Anstieg durch eine leichte Gegenbewegung aus der Position gedrängt werden, ohne persönlich eingreifen zu können. Wie kann man den Anlegern die Scheu vor dem Stop-Loss nehmen?

Lassen Sie mich mit einem Beispiel antworten. Nur wer anno 2000 beim Platzen der Internetblase mit Stop-Losses gearbeitet hat, konnte sein Depot retten. Die Börse lebt von Übertreibungen nach oben, aber auch nach unten, wie auch die Auswüchse am Neuen Markt zeigten. Aber auch Topwerte aus dem DAX wie VW oder Linde sind vor Kurseinbrüchen nicht sicher und wurden in der Hochphase der Bankenkrise 2008 übertrieben abverkauft.

Das heißt also, dass ich als Anleger viel mehr darauf achten sollte, dass eine Aktie in einem kurzen Zeitraum stark an Wert verlieren kann, als vordergründig die möglichen Gewinne im Auge zu haben?

Am wichtigsten ist es, die Verluste zu begrenzen, um weiterhin Kapital zur Verfügung zu haben, um weiter handeln und lernen zu können, da sich an der Börse ständig neue Chancen ergeben. Gerade ein Anfängerfehler ist es, durch ein Nachkaufen einer Verlustposition den Einstandskurs zu verbilligen. Ich persönlich arbeite mit kleinen Positionsgrößen, die mein Verlustrisiko begrenzen. Ich habe mich auf den Handel mit Knockout-Zertifikaten spezialisiert, die nahe an ihrem Knock-Out-Level notieren. Zwischen 1-3% meines Gesamtdepots fließt in eine solche Position, deren Verlustrisiko durch den engen Knockout schon beim Eingehen des Trades feststeht. Damit wird jeder Trade und dessen Risiko für mein Depot berechenbar. Allerdings sollten sich gerade Einsteiger erst an Hebelprodukte heranwagen, wenn sie bereits gute Erfahrungen mit Aktien gesammelt haben. Des Weiteren sollten Anfänger zuerst mit geringerer Stückzahl und niedrigem Hebel (beispielsweise einem Hebel von 5) arbeiten.

Wenn man trotz der guten Vorsätze und der Einhaltung der Regeln zum Risikomanagement Tage oder gar Wochen mit etlichen Verlusttrades in Folge erleidet, wie kann man diese Serie brechen und sich neu motivieren, das Trading fortzusetzen?

Man sollte in so einem Fall die Märkte von der Seitlinie verfolgen, um Abstand zu gewinnen. Bei einem Verlust von mehr als 5-10% des Depotwertes innerhalb einer Handelswoche, sollte man eine größere Pause einlegen und anschließend mit kleineren Positionsgrößen und geringerem Risiko wieder einsteigen.

Lohnt es sich auch nach einer Gewinnserie eine solche Pause einzulegen?

Nein, man sollte sich nur nicht zu sehr in Sicherheit wiegen. Wenn man viele Gewinntrades in Folge erzielt, sollte man sich das Risiko wieder vor Augen halten und vor allem die Positionsgrößen nicht erhöhen. Nicht selten frisst ein großer Verlusttrade zehn kleinere Gewinne wieder auf.

Wenn Trading wie Sie und andere Profis es betreiben, so viel mit Verlustvermeidung zu tun hat, wo bleibt denn da der Nervenkitzel und die sprichwörtliche Risikofreude des Anlegers?

Es geht im Großen und Ganzen darum, sein Kapital sicher, konstant und solide zu vermehren. Wer den großen Kick will, sollte ins Casino gehen.

Wir danken für das Gespräch!

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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